Rote Gruetze mit Schuss
Schäfermischling Susi, hat die Ernährung umgestellt.
»Ja, wo ist die Susi?! Susi komm, hier, kriegst ’n Stück Schaschlik!« Piet Paulsen pult ein Fleischstück von seinem Spieß und hält es dem Hund hin. Susi schnuppert interessiert und wendet sich dann ab.
»Da is nix zu machen!« Die vollschlanke Antje zuckt resigniert mit den Schultern. »Sauerfleisch, Frikadellen, hat sie doch früher so gern gefressen, rührt sie alles nicht mehr an, seit sie neulich diese Fleischvergiftung hatte.«
»Fleischvergiftung?« Klaas wird leicht mulmig.
»Dabei waren die Schinkenknacker mit Paprika erst zwei Wochen über das Verfallsdatum raus ... Aber drei Pakete auf einmal, das war einfach zu viel.«
»Und seitdem ist der Hund Vegetarier, oder was?«, fragt Paulsen mit heiserer Raucherstimme.
»Ja, kann man so sagen ... Pommes, mal die Reste vom Kartoffelsalat. Darf aber kein Speck drin sein.« Die Mischlingshündin stellt die Ohren auf. »Ja, Susi, Kartoffelsalat, fein!«
»Antje, sieh lieber zu, dass du dein Frittierfett mal wieder gewechselt kriegst«, brummt Detlefsen.
»Komm, lass ma, war wieder eins a dat Putenschaschlik,richtig schön scharf«, krächzt Paulsen. »Und Thies, du trinkst erst mal ganz sutsche dein Bier.«
Paulsen war auch vor der Rente schon die Ruhe selbst. Und eigentlich hat er auch schon immer so ausgesehen: Lederweste, schweres Brillengestell mit Gleitsicht und deutlich erhöhtes Cholesterin. Und auch die neuen Zähne hat der Bredstedter Zahnarzt irgendwie eine Nummer zu groß bestellt.
Thies schüttelt den Kopf. »Ja, ihr habt gut reden. Ihr sitzt hier schön gemütlich an Tisch zwei. Ich sach euch, ich hab vielleicht wieder so’n Tag hinter mir. Der Hamburger Medizinprofessor in sein’ Reetdachschloss hat schon wieder fünfmal angerufen. Füüünfmal! Zweimal wegen den Jauchemief von Dossmann seine Geflügelhalle und dreimal wegen Treckerlärm vom Biohof.« Thies redet sich richtig in Rage. »Musste ich zu Brodersen hin, Brodersen war nich da, nur seine verrückte Frau. War grad wieder am Meditieren oder so und mit ihre Duftöle zugange. Mann, Mann, Mann. Und dann sieben Falschparker am Deich. Siiieben! Bis auf den Jeep von dem alten von Rissen alles ortsfremde Kennzeichen. Merkt ihr wat?«
»Jetzt erzählt er gleich wieder wat von Selbstmordattentäter.« Piet Paulsen pult sich die Reste seines Putenschaschlicks »Hawaii« aus den gewaltigen Zähnen. »Thies, dat sind Touristen.«
»Ja, wat denn, dieser Mohammed Atta hatte auch Hamburger Nummernschild.«
»Mensch, Thies«, sagt Postbote Klaas, »überlech doch ma, Selbstmordattentäter bei uns in Nordfriesland, dat bringt doch nix!«
»Aber ham wir hier Touristen? Dat Schild ›Zimmer frei‹ bei Renate. Hast du gesehen, dass Renate dat mal reingenommen hat?«
So recht ist es Thies Detlefsen noch nicht gelungen, die Kriminalitätsstatistik von Fredenbüll in Schwung zu bringen. Auch das neue Traffipax-Gerät, der Radarblitzer für Geschwindigkeitskontrollen, hat noch nicht den entscheidenden Durchbruch gebracht. In der platten weiten Marsch springt der Blitzkasten jedem sofort ins Auge. Und wer soll in Fredenbüll schon in die Radarfalle tappen? Der Trecker von Biobauer Brodersen und die antiquarische Zündapp-Zweigang von Bounty, dem übrig gebliebenen Althippie aus der Landkommune, sind vom Erreichen der erlaubten fünfzig km/h innerhalb der geschlossenen Ortschaft von Fredenbüll weit entfernt, das verrostete Hollandrad des Eppendorfer HNO-Professors Müller-Siemsen erst recht.
»Thies, dat is schon rein rechnerisch gar nich möglich«, analysiert Klaas nach vier Jägermeistern und einer doppelten Portion Roter Grütze mit Schuss messerscharf.
Einmal allerdings ist Thies doch ein Hamburger Porsche auf dem Rückweg von Sylt im Ort mit hundertzweiundsiebzig, die Toleranz schon abgerechnet, in die Radarfalle gegangen. Das Traffipax hatte ein gestochen scharfes Bild des Schnösels auf der Gegenfahrbahn beim Überholen von Brodersens Bioschafen geliefert. »Klarer Fall von Paragraph 315 c«, hatte Thies überhaupt keine Zweifel aufkommen lassen und den Führerscheingleich vor Ort einkassiert. Dann hat er einen holländischen Spediteur mit frischer Ware von Hühnerbaron Dossmann geblitzt, allerdings nur mit zweiundsiebzig, und in den ersten Wochen, als sich die Anschaffung des Blitzgerätes noch nicht herumgesprochen hatte, immer wieder den Schimmelreiter.
Der Schimmelreiter heißt auch Hauke, wie der bei Theodor Storm, allerdings
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