Rote Sonne über Darkover - 5
hin. »Er wird dich nicht kriegen, das verspreche ich dir.« Sie seufzte. Immerzu Versprechen. Sie hoffte, sie konnte sie halten.
Kurz vor Sonnenaufgang sattelte sie die Pferde und weckte Ari.
»Es ist Zeit zum Weiterreiten«, sagte sie, »und wir müssen leise machen. Da unten im Tal sind Männer, die uns übelwollen.« Aris große Augen folgten der Richtung von Callas ausgestrecktem Zeigefinger, und sie blickte ängstlich drein. »Nein, nein, du brauchst dich nicht zu fürchten. Ich bin doch da, nicht wahr? Habe ich nicht immer auf dich aufgepaßt?« Ari nickte feierlich, aber sie hatte gesehen, wie groß das Lager war, und die Angst wich nicht aus ihren Augen. »Und ich werde auch diesmal auf dich aufpassen. Tu du nur, was ich dir sage, und uns kann gar nichts passieren.«
Calla half Ari aufs Pferd und schwang sich selbst in den Sattel. Für alle Fälle nahm sie die Zügel von Aris Pferd, und so ritten sie den Hang hinauf. Sie hatte Angst, in der Höhle zu bleiben. Denn sobald die Sonne aufging, würde Alyn von seinen Männern die Hügel durchkämmen und nach Spuren von ihnen suchen lassen. Ihre einzige Hoffnung war, das Lager weiter oben zu umgehen, aber der Hang wurde immer steiler, und die Pferde kämpften mit dem unsicheren Terrain. Calla stieg ab, führte die nervösen Tiere und beruhigte Ari, so gut sie konnte. Aber Aris Pferd begann zu stampfen und versuchte sich loszureißen. Während es zurücktänzelte, stieß sein Huf einen Stein los. Der Boden gab nach, und mit einem entsetzten Schnauben fiel das Pferd ein gutes Stück den Hang hinunter. Calla sah entsetzt zu. Ari flog vom Pferd und blieb reglos liegen, während das Pferd sich hochkämpfte und bebend dastand.
Calla wagte nicht zu schreien; sie hatten schon genug Krach gemacht, um schlafende Götter zu wecken. Aber sie konnte ein leises erleichtertes Aufschluchzen nicht unterdrücken, als Ari sich zittrig auf die Füße stellte und mit bleichem Gesicht zu ihr hochsah.
Calla winkte ihr, schnell den Hang hinaufzuklettern, und als Ari sich damit alle Mühe gab, spähte Calla angstvoll zum Lager hinunter. Alles war wie zuvor; die Männer standen gerade auf.
Vielleicht hatten sie doch noch eine Chance, obwohl mit nur einem Pferd …
»Ari!« flüsterte sie und zog das Mädchen die letzten paar Schritte hoch. »Ari, bist du in Ordnung? Verdammt sei das dumme Pferd!
Oh, Ari, als ich es fallen sah, und du lagst darunter - komm, Süßes.
Komm her, laß mich dich ansehen.« Das Mädchen konnte sein Zittern nicht beherrschen. Calla führte Ariel zu einem Stein und drückte sie darauf nieder. In dem heller werdenden Licht untersuchte sie sie. Schnitte und blaue Flecken, aber keine gebrochenen Knochen, den Göttern sei Dank.
»Wir müssen weiter«, drängte Calla. »Bald wird es hell sein, und Alyn wird nach uns suchen. Steig auf mein Pferd, es hat einen so sicheren Tritt wie ein Maultier. Es wird nicht mit dir fallen. Komm, Ari, wir müssen fort!«
Sie führte das Pferd den gefährlichen Hang hinauf und atmete auf, als sie endlich oben ankamen. Dann ging es auf der anderen Seite hinunter. Plötzlich hörte Calla Stimmen. Sie erstarrte, die Stimmen waren tief, männlich, sehr nahe. Das Pferd hob den Kopf, und bevor sie es daran hindern konnte, begrüßte es mit lautem Wiehern ein Pferd, das es aus seinem alten Stall kannte. Im selben Augenblick brach die Hölle los. Männer und Pferde stürmten hinter den sie umgebenden Felsen und Bäumen hervor. Calla spurtete zu einer Felsspalte, wo sie wenigstens Schutz für ihren Rücken haben würden, und Ari fiel in Ohnmacht. Das Mädchen rollte vom Pferd und so genau in die Spalte hinein, als habe Calla es beabsichtigt. Das Pferd riß sich los und rannte davon, Calla mit nichts als ihrem Messer zwischen sich und mehreren hartgesichtigen Männern im Eingang des Spalte zurücklassend.
»Was denkt ihr euch eigentlich, daß ihr zwei Frauen beinahe zu Tode ängstigt?« fragte sie und zog ihren Reisemantel eng um sich.
Vielleicht erkannten sie sie nicht, wenn sie auch mehrere von ihnen bereits erkannt hatte.
»Wir bitten Euch um Verzeihung, Lady«, sagte ein junger Mann, der offensichtlich den Befehl führte. Calla hatte ihn noch nie gesehen. »Wir suchen zwei junge, allein reisende Frauen. Es ist seltsam, daß Ihr hier oben am Hang seid, wenn doch unten durch das Tal eine Straße läuft.«
»Wir haben euer Lager gesehen«, erwiderte Calla geistesgegenwärtig, »und da wir nicht wußten, wer ihr seid, entschieden
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