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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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hat uns hierher geführt. Es hat hier drinnen gewartet. Es war schon da.
    Er hörte Ringmar etwas in sein Handy sagen.

    Der Flur war genauso hell wie vorher, nein, heller. Winter hatte Lust, die Jalousien im Wohnzimmer herunterzulassen, wollte jedoch nichts berühren. Er durfte sich dort nicht aufhalten. Sie warteten auf die Männer von der Spurensicherung.
    »Ich schlage vor, dass wir Leute aus Borås anfordern«, hatte Torsten Öberg gesagt. »Ich möchte kein Risiko eingehen.«
    »Nein.«
    »Und erst recht nicht, wenn die Verbrechen zusammenhängen«, sagte Öberg, »wenn die Opfer etwas miteinander zu tun hatten.«
    »Ja. Wir können nicht das Risiko eingehen, dass sich die Tatorte anstecken.«
    Das war wichtig. Die Polizei wurde sich immer mehr der Gefahr bewusst, Spuren von einem Tatort auf den anderen zu übertragen. Spuren konnten durch Techniker oder Polizisten weitergetragen werden, was später die Ermittlungen erschwerte.
    Ringmar stand in der Tür zum Schlafzimmer.
    Im Augenblick konnten sie nichts machen. Hatten nie etwas machen können. Es war Zeit zu gehen und die Arbeit Pia Fröberg und den Technikern von Borås zu überlassen.
    »Was zum Teufel geht eigentlich vor«, sagte Ringmar.
    Aber das war keine Frage, und Winter antwortete nicht. Er strich sich über die Augen, ihm war heiß, als wäre die Wärme von draußen plötzlich in die Wohnung eingebrochen. Bei ihrem Eintritt war es kühl gewesen, als gäbe es eine Klimaanlage. Aber in schwedischen Wohnungen gibt es keine Klimaanlagen. In Schweden rechnet niemand damit, dass man eine Klimaanlage brauchen könnte.
    »Es ist erst wenige Stunden her«, sagte Ringmar.
    »Sinnlos zu spekulieren, Bertil.«
    »Ich spekuliere nicht.«
    Winter hörte die Irritation in Ringmars Stimme, einen Ton, den er in den vergangenen Jahren nicht wahrgenommen hatte, der ihm allerdings nach seiner Rückkehr aus der Beurlaubung aufgefallen war. Als wäre in dem halben Jahr etwas passiert, nicht mit ihm, aber mit Bertil. Bertil musste sich verändert haben. Winter war derselbe geblieben, ruhiger zwar, aber derselbe.
    »Dieses Auto«, sagte Winter.
    »Davon hab ich dir doch am Telefon erzählt.« Ringmars Stimme klang gereizt. »Hast du mir nicht zugehört?«
    Winter antwortete nicht. Er ging in den Flur, zur Tür hinaus, die Treppen hinunter und auf den Hof. Jetzt war es ein anderer Hof als vor einer halben Stunde. Die Leute, die hier wohnten, würden erschüttert sein und in der nächsten Zeit kaum über etwas anderes reden. Dann würde es in Vergessenheit geraten. Manche würden wegziehen, aber nicht wegen dieser Morde. Es würde andere Beweggründe geben. Natürliche Ursachen. Einige würden genau wie immer mit ihren Wohnwagen oder Wohnmobilen in Urlaub fahren. Vielleicht jetzt. Bald war es Juli. Der sogenannte Hochsommer. Er hatte seinen Hochwinter gehabt. Sein Sommer war für die Arbeit bestimmt. Und deswegen war dieser Sommer – wie es hieß – gerettet.

    Die Kinder waren vom Spielplatz verschwunden, als hätten sie schon erfahren, was im zweiten Stock hinter ihm passiert war. Die verlassenen Schaukeln schwangen noch, oder es lag am Wind, aber es ging kein Wind. Im Augenblick gab es nur die Sonne. Winter schaute zum wolkenlosen Himmel hinauf. Dieser Hof ließ viel Himmel herein, in diesem nördlichen Teil der Stadt gab es mehr Himmel als im Zentrum. Von hier aus sah er mehr vom Himmelsblau als vor dem Haus am Vasaplatsen. Von seiner Wohnung sah er noch weniger.
    Plötzlich stand Ringmar neben ihm.
    »Entschuldige, wenn ich etwas barsch war, Erik.«
    »Du bist entschuldigt.«
    »Manchmal wird es einfach zu viel.«
    Winter antwortete nicht.
    »Die Morde müssen ja zusammenhängen«, sagte Ringmar.
    »Wir müssen die Morde in Hjällbo in einem ganz anderen Licht betrachten«, sagte Winter.
    Ringmar wandte sich Winter zu. »Waren sie hinter Said Rezai her?«
    »Und hinter ihr?«
    »Das muss zusammenhängen«, wiederholte Ringmar. »Zuerst er und dann sie.«
    »Oder umgekehrt«, sagte Winter.
    Ringmar nickte.
    »Said ist der Täter«, sagte Winter.
    »Er hat seiner eigenen Frau den Hals durchgeschnitten, meinst du?«
    »Wenn sie auf diese Weise gestorben ist.«
    »Es sah so aus«, sagte Ringmar.
    Winter nickte.
    »Hat sie etwas getan?«, fragte Ringmar. »Hat er sie umgebracht, weil sie etwas getan hat? Oder etwas nicht getan hat?«
    »Mit unseren Spekulationen sollten wir lieber vorsichtig sein«, sagte Winter. »Aber Said würde schlecht dastehen, wenn er noch stehen

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