Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
drei Uhr vorbei, Tom sah immer häufiger auf die Uhr an der Tankstelle hinter ihm. Hatte Jimmy die Stute im Morgengrauen wie geplant in den Transporter verladen? Neun Stunden war die Stute jetzt schon unterwegs, hoffentlich nahm sie keinen Schaden, in der kommenden Woche mußte ihr Fohlen zur Welt kommen.
Während Tom sich in Geduld übte, überlegte er sich noch einmal, was alles auf ihn wartete, wenn er von nun an allein für Queen und von nächster Woche an auch für ihr Fohlen verantwortlich sein würde.
«Ich weiß, daß die Stute bei dir in guten Händen ist», hatte Jimmy gesagt, «du liebst sie, und das ist ausschlaggebend. Wenn es soweit ist, darfst du sie nicht aus den Augen lassen, im übrigen können wir auf die Natur vertrauen. Queen ist kräftig und gesund.»
Da entdeckte er den Transporter oben auf dem Hügel. Queen war in eine Decke gehüllt. Jimmy hatte sie rückwärts in den Wagen geführt, damit ihr Kopf dem Fahrtwind nicht so stark ausgesetzt war.
Tom rannte schnell bis zur Mitte der Weggabelung. Der Fahrer bremste, als er ihn erblickte. Queen hielt den mit einer Hülle geschützten Kopf gesenkt, und ihr Körper war zusammengesunken. «Ist sie in Ordnung?» fragte Tom ängstlich.
«Es war ein weiter Weg, aber ich habe mir Zeit genommen», antwortete der Mann. «Wie weit ist es noch von hier aus? Ich muß heute abend wieder zu Hause sein.»
«Nur noch wenige Kilometer! Fahren Sie diesen Weg entlang. Ich werde hinten aufsteigen.» Flink kletterte Tom über ein Rad in den Transporter. Er streichelte die Stute, sie hob den Kopf, erkannte ihn sofort und suchte seine Tasche ab. Tom lächelte, holte eine Mohrrübe heraus und reichte sie ihr. «Gleich bist du am Ziel», sagte er, «du wirst es schön haben!»
Der Transporter fuhr an. Der Fahrer reichte ihm einen Brief durch das Fenster seiner Kabine. Er war von Jimmy Creech.
Lieber Tom,
ich habe Queen auf die beste mir mögliche Art auf die Reise geschickt. Nach menschlichem Ermessen müßte sie heil ankommen. Füttere sie diese Woche nur leicht mit Hafer, sieben Pfund auf drei Mahlzeiten verteilt. Füge jedesmal etwas Kleie hinzu. Laß sie auf der Weide grasen, soviel sie mag, das ist für sie jetzt das beste. Und vergiß nicht, sie jeden Tag an der Longe zu bewegen, das wird ihr die Geburt erleichtern. Ich habe sie bei gutem Wetter auch nachts auf der Weide gelassen; aber in der kommenden Woche bringst Du sie besser in den Stall. Und beobachte sie dann gut.
Georg und ich beginnen unsere gewohnte sommerliche Rundreise nächste Woche in Carlisle. Schreibe uns, sobald das Fohlen eingetroffen ist. Ich selbst würde mich über einen Hengst am meisten freuen, während Georg auf ein Stütchen hofft. Wie dem auch sei, ein Kind von Blitz und Queen wird ein schöner und schneller Traber werde. In Dich setze ich mein ganzes Vertrauen. Richte Dich nach Deinem gesunden Menschenverstand, wenn irgend etwas Unvorhergesehenes eintritt.
Es gibt noch einige Erfahrungstatsachen, die ich Dir mitteilen möchte: Sollte die Stute es nicht selbst tun, mußt Du das Neugeborene trockenreiben; insbesondere müssen die Nasenlöcher frei sein, damit das Fohlen ungehindert atmen kann, das ist sehr wichtig. Das nächste, auf das Du achten mußt, ist, daß es so schnell wie möglich zum Saugen kommt. Unmittelbar nach der Geburt ist die Milch der Stute das Wertvollste von allem. Sei dem Fohlen behilflich, wenn es Hilfe braucht. Gib der Stute in den ersten Tagen nur leichtes Futter. Gleich nach der Geburt reiche ihr Kleie (eine Handvoll Salz auf fünfeinhalb Kilo Kleie), füge so viel heißes Wasser dazu, daß alles breiig wird. Dann den Brei abkühlen lassen, bis die Stute ihn trinken kann. Beschäftige Dich mit dem jungen Tierchen vom ersten Atemzug an, sprich zu ihm, streichle es, damit es sich an Menschen gewöhnt.
Ich glaube, das wäre für heute alles. Sobald Du mir Nachricht schickst, daß die Geburt stattgefunden hat, gebe ich Dir weitere Anweisungen. Ich nehme an, daß das Geld, das ich Dir mitgegeben habe, für die Futterkosten und die Pension, die Dein Onkel berechnet, genügen wird.
Dein Freund Jimmy Creech
P. S. Es empfiehlt sich, für den Notfall im voraus mit einem Tierarzt Fühlung zu nehmen. Handle aber, wie Du es für richtig hältst.
Tom las den Brief mehrmals aufmerksam durch, ehe er ihn einsteckte. Er wandte sich der Stute zu und strich ihr zärtlich über den Kopf. «Wir werden alles tun, wie Jimmy es wünscht!»
Tom dirigierte den Fahrer zu einem
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