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Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Titel: Rotes Pferd mit schwarzer Mähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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bog ab. Keiner sprach mehr. Erst als die langen, grauen Stallgebäude in Sicht kamen, äußerte Jimmy lächelnd: «Junge, Junge, tut das gut, sie wiederzusehen!»
    Es war schon nach fünf Uhr — eigentlich sollte niemand mehr da sein. Georg hielt Ausschau nach jedem Anzeichen von Besuchern. Sie fuhren durch die Einfahrt, und nun konnten sie vor ihrem Stall mehrere geparkte Wagen sehen. Es gab kein Zurück.
    «Was machen denn all diese Leute hier?» fragte Jimmy überrascht. Noch war er nicht erregt, nur neugierig.
    «Sie werden wohl gekommen sein, um Princess Guy zu sehen», sagte Georg, ohne Jimmy anzusehen.
    Jimmys Blick überflog Miß Elsies Stall, an dem sie vorüberfuhren. «Warum sind sie dann nicht hier?» fragte er argwöhnisch.
    «Miß Elsie ist bereits nach Hause gefahren. Ich vermute, daß sie sich eben auch die andern Pferde noch ansehen», antwortete Georg so rasch, daß Tom über seine Geistesgegenwart staunte. Damit stoppte er den Wagen, obwohl bis zu ihrem Stall noch ein Stück zu gehen blieb.
    «Warum hältst du denn hier schon?» fragte Jimmy.
    Georg öffnete die Tür an seiner Seite und rief über die Schulter zurück: «Ich will vorangehen und die Leute fortjagen. Du kannst mit Tom so lange hier warten!»
    «Nein!» rief Jimmy und stieg unverzüglich aus. «Ich komme mit dir!» Erregt stürmte er voraus.
    «Was machen wir nur, Georg?» fragte Tom ratlos.
    «Bloß noch hoffen, daß alles gut geht!» Georg versuchte zu lächeln, es gelang ihm aber nicht.
    «Die meisten Besucher haben den Stall verlassen», sagte Tom.
    «Vielleicht», murmelte Georg.
    «Aber er wird das neue Sulky und das neue Trai-nings-Sulky entdecken», sagte Tom niedergeschlagen. «Ich habe sie an der Tür stehen lassen. Und all das neue Geschirr, die Ersatzräder, die neuen Decken können ihm nicht entgehen, zumal wir Feuerteufel eine aufgelegt haben.»
    Georg nickte.
    «Schließlich muß er ja wissen, wie nötig wir das brauchten», fuhr Tom hoffnungsvoll fort. «Wir sagen ihm, daß wir ein wenig Geld übrig hatten.»
    «Er weiß nur zu genau, was das Zeug kostet.» Georg schüttelte den Kopf. «Ich kann ihn mir vorstellen, wie er dasteht und alles zusammenrechnet.»
    Tom runzelte die Brauen. «Georg! Wo hast du den großen Siegespokal gelassen, den Ehrenpreis für den Sieg im Championatsrennen?»
    Georg antwortete leise: «Ich habe ihn gestern in der Geschirrkammer auf den Tisch gestellt, weil ich ihn noch einmal betrachten wollte. Dort steht er noch.»
    «Vielleicht geht er gar nicht in die Geschirrkammer», versuchte Tom sich und seinen Freund zu trösten.
    «Wir werden es gleich erfahren.» Georg marschierte entschlossen in Richtung des Stalles.
    Sie hatten gerade die Tür erreicht, als sie den Schrei hörten. Jimmy stand am anderen Ende des Stalles und schimpfte wütend. Er hatte die große vergoldete Trophäe in der Hand und las die eingravierte Inschrift, die alles enthüllte. Als er die beiden erblickte, warf er ihnen den Pokal vor die Füße.
    Feuerteufel wieherte bei diesem Lärm erschrocken auf und lief vor Unbehagen in seiner Box hin und her. Tom ging schnell zu ihm hinein, um ihn zu beruhigen. Er streichelte ihn unaufhörlich, während Jimmy draußen weitertobte.
    Es dauerte lange, bis Jimmys zorniges Gebell verstummte. Dann hörte Tom seine Schritte, die sich der Box näherten. Er umfaßte Feuerteufels Kopf, lehnte sich an sein Pferd und überlegte dabei, ob er es wohl zur Beruhigung des Tieres oder seiner selbst tat.
    Jimmy blieb an der Tür der Box stehen. Tom sah, daß er noch immer vor Wut zitterte. Er starrte auf den Boden. Endlich stieß er heiser hervor: «Warum habt ihr mir das angetan?» Die Stimme klang nicht mehr zornig, nur bestürzt und verwirrt. Er verstand nicht, weshalb seine Freunde sein geliebtes Pferd erniedrigt und auf einer Abendrennbahn hatten laufen lassen.
    Georg antwortete leise und ruhig: «Wir brauchten das Geld, Jimmy! Ganz einfach!»
    «Du! Mein bester Freund!»
    «Jawohl», sagte Georg schnell. «Hast du die geringste Ahnung, was es kostet, vom besten Spezialisten operiert zu werden? Nicht die 200 Dollar, die du auf der Rechnung gesehen hast, lieber Jimmy — nein, er hat 1000 Dollar berechnet!»
    «Ich wäre lieber gestorben, als mir das Geld auf diese Weise zu beschaffen!» sagte Jimmy, und seine Stimme wurde ein wenig lauter.
    «Aber du bist nicht gestorben», gab Georg ruhig zurück. «Du bist wieder hier bei uns, bei deinem herrlichen Pferd, wie du es dir gewünscht hast. Und

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