Rotglut
zum Teufel, ist hier los? Ich merke doch, dass ihr mir was verschweigt. Du, Saskia und Vater«, fauchte er leise seine Mutter an.
Hannelore legte ihrem Sohn die Hand auf den Arm. Sie versuchte, einen leichten Ton anzuschlagen. »Du musst nicht alles wissen. Das ist eine Angelegenheit, die nur deine Schwester und uns betrifft. Und es ist wirklich nichts Dramatisches«, wiegelte sie ab.
Simon schüttelte ihre Hand ab. »Ach, nur euch und Saskia. Na super, ich gehöre wohl nicht mehr zur Familie.« Er fühlte sich ausgeschlossen.
»Aber das stimmt doch so nicht«, versuchte seine Mutter, ihn zu besänftigen, »es ist nur …«
»Ja, was denn?«, herrschte Simon sie an.
Hilflos hob Hannelore die Arme. »Es geht nicht, ich kann es dir jetzt nicht erklären.«
Saskia schaltete sich ein. »Lasst es gut sein, ich komm schon klar.« Mit diesen Worten öffnete sie die Tür und lief hinaus in die Sonne. Hannelore hielt ihren Sohn am Arm fest. »Bitte geh ihr nicht hinterher, ich versuche, es dir irgendwann zu erklären. Glaub mir, es ist besser so.«
Doch Simon stieß sie unsanft von sich und rannte seiner Halbschwester hinterher. Am Auto holte er sie ein. »Du sagst mir sofort, was los ist. Und zwar hier und jetzt.« Sein Ton duldete keinen Widerspruch und Saskia bedeutete ihm einzusteigen. Dann fuhr sie los. »Wir fahren zu mir, dann erzähle ich dir alles.«
Draußen auf der Terrasse der Uhlenbrucks herrschte trotz der hohen Temperaturen eisiges Schweigen, als Hannelore zurückkam.
»Wo ist Simon?«, fragte Jana erbost. »Er hat mich jetzt nicht hier allein sitzengelassen, oder?«
»Jana, er hängt so sehr an Saskia, er wollte dich sicher nicht vor den Kopf stoßen und …«, begann Hannelore, im Bemühen, die Wogen zu glätten.
»Vergiss es einfach. Er hat mich tatsächlich hier sitzenlassen, ich fasse es nicht. Na, der kann was erleben, wenn er nach Hause kommt. Ich nehme mir jetzt ein Taxi.«
»Sei nicht albern, Jana«, brummte Bertram, »ich fahre dich nach Hause. Es tut uns leid, so war der Nachmittag nicht geplant. Sei Simon nicht allzu böse, wenn er wieder auftaucht. Kommt doch in den nächsten Tagen noch mal vorbei oder wir setzen uns gleich alle zusammen. Also, ich meine auch mit deinen Eltern. Hm, Mädchen, wie ist die Idee? Hannelore kocht uns was Schönes, ein gutes Glas Wein dazu, dein Vater und ich mit einer Zigarre auf der Terrasse, was meinst du?«
Gleichzeitig betete Bertram Uhlenbruck, dass Saskia vernünftig blieb und Simon nichts vom totgeglaubten und wieder auferstandenen Vater erzählen würde. Dass sie ihm irgendeine glaubwürdige Geschichte auftischte und sich alles, aber auch wirklich alles in Wohlgefallen auflöste. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war Stress mit der Familie seiner zukünftigen Schwiegertochter. Es war schon schlimm genug, dass Ferdinand Theuerholz, Janas Vater, von der ganzen verdammten Scheiße, die mit Raimund Stegmann gelaufen war, wusste. Schließlich war das alles mit auf seinem Mist gewachsen, wenngleich Lutz auch die treibende Kraft gewesen war.
27. Juni 2010, 14:45 Uhr, Bremen
Kriminalhauptkommissar Heiner Hölzle hatte trotz des herrlichen Sommerwetters schlechte Laune. Manfred Johannsmann hatte nicht, wie Hölzle gehofft hatte, abgelehnt, mit zum Deutschland-England-Spiel zu kommen. Es würde ihm also nichts anderes übrig bleiben, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Christiane zuliebe die Zähne zusammenzubeißen.
Es läutete an der Haustür. ›Oh Gott, do send se scho‹, dachte Hölzle, ergab sich in sein Schicksal und drückte den Türöffner. Kurz darauf konnte er hören, wie Christianes Eltern mit ihrer ältesten Tochter die Treppe heraufgepoltert kamen.
Christiane fegte um die Ecke, zum Anbeißen hübsch in ihrem luftigen Sommerkleidchen, und sagte: »Ja, jetzt mach doch auf, du hörst doch, dass sie gleich oben sind.«
Er tat, wie ihm geheißen, öffnete die Wohnungstür, setzte ein gequältes Lächeln auf und wollte die drei, die etwas atemlos vor ihm standen, begrüßen. Vor allem Christianes Vater hechelte wie ein Hund nach einem flotten dreistündigen Spaziergang. ›Na, koi Kondition, alter Ma?‹, dachte Hölzle gehässig, mit einem abschätzigen Blick auf den sich hebenden und senkenden Brustkorb seines Vielleicht-Schwiegervaters. ›Der japst wie dr alde Labrador von meiner Oma.‹
»Hallo, mein Schatz«, dröhnte Manfred Johannsmann, übersah Heiners ausgestreckte Hand und rauschte an diesem vorbei, um seine
Weitere Kostenlose Bücher