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Rotglut

Rotglut

Titel: Rotglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liliane u Rist Biggi Skalecki
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Schutz der Nacht war er dort hingefahren, hatte dem Penner eine Flasche Korn unter die Nase gehalten und ihn mit dem Versprechen, eine zweite für ihn zu haben, zu seinem Auto gelockt. Die 100 Meter zu seinem Golf hatte er den Alten, der sich kaum auf den Beinen halten konnte, stützen müssen. Dann war es schnell gegangen, ein gezielter Schlag ins Genick, und der Mann, den niemand vermissen würde, war hinter dem Auto zusammengesackt. Dann lag der Tote im Kofferraum seines Wagens und verströmte den Geruch von Alkohol, Verwahrlosung und Tod.
    So früh am Morgen war es noch dunkel gewesen und auf der einsamen Landstraße war er allein unterwegs. Eichen ohne Laub bildeten eine bizarr aussehende Allee. Ganz ruhig und voll konzentriert hatte er den Wagen aus der Stadt gelenkt. Die Landstraße hatte er sich genau eingeprägt und den Baum direkt hinter der lang gezogenen Kurve ausgewählt. ›Infolge nicht angepasster Geschwindigkeit …‹, würde es später im Polizeibericht heißen.
    Noch einmal überprüfte er den Sicherheitsgurt – wie gut, dass jede Neuzulassung seit Anfang des Jahres mit Gurten ausgestattet sein musste –, versuchte, unverkrampft zu sitzen und steuerte gezielt auf die dicke Eiche zu. Zügig, aber nicht zu schnell, er wollte das Verletzungsrisiko so gering wie möglich halten.
    Der Wagen knallte mit der Beifahrerseite gegen den Baum, sein Körper wurde nach vorne gerissen und sofort wieder nach hinten geschleudert. Ohne Gurt hätte er das nicht überstanden. Der Aufprall war härter, als er angenommen hatte. Mit Nacken- und Kopfschmerzen würde er jetzt wohl eine Weile klarkommen müssen.
    Er schnallte sich ab, schälte sich aus dem Auto und streckte sich. Der Wagen hatte ganz schön etwas abbekommen, der Baum hatte die Beifahrerseite trotz der niedrigen Geschwindigkeit komplett eingedrückt. Er nahm einen Hammer, um dessen Kopf er ein Handtuch gewickelt hatte, aus dem Kofferraum und lehnte sich weit in den Wagen hinein. Dann schlug er von innen auf die Windschutzscheibe ein, bis ein feines Netz von Rissen entstand. Tod durch Genickbruch beim Aufprall auf die Windschutzscheibe – die Polizei warnte nicht umsonst. ›Erst gurten, dann starten …‹  – so ähnlich würde man es später im Weser-Blitz lesen können.
    Die Leiche des Penners zerrte er aus dem Kofferraum und wuchtete sie auf den Fahrersitz, drapierte den Kopf auf dem Lenkrad, den Gurt ließ er hängen. Jetzt kam noch eine unangenehme Sache. Auch wenn er vorhatte, das Auto mitsamt dem Penner anzuzünden, war es doch besser, ihm eine Kopfverletzung beizubringen, nur für den Fall, dass dieser nicht vollständig verbrannte. Angewidert verzog er das Gesicht und schlug mit der flachen Seite des Hammers frontal gegen die Stirn des Toten.
    Zufrieden mit seinem Werk, zog er sich seinen Ehering mit dem eingravierten Heiratsdatum und den Vornamen ab und schob ihn über den knochigen Ringfinger des Alten. ›Bei welcher Temperatur schmilzt Gold eigentlich?‹, dachte er. ›Möglicherweise ist der Ring dann nur noch in Spuren zu sehen. Egal.‹
    Zufrieden betrachtete er sein Werk. Unter einer dicken Plane im Kofferraum verbarg sich ein Benzinkanister. Er war aus Plastik, leicht und handlich.
    Sorgfältig übergoss er seinen Golf mit der hoch entzündlichen Flüssigkeit und achtete darauf, keinen Spritzer abzubekommen. Bis auf den letzten Tropfen entleerte er den Behälter und stellte ihn dann neben den Hammer, um den noch das Handtuch gewickelt war. Die Sachen würde er mitnehmen und sich ihrer später irgendwo entledigen.
    Aus seiner linken Hosentasche fischte er eine Streichholzschachtel. Eines der Hölzer riss er an und ließ es nahe am rechten Vorderreifen des Wagens fallen. Sofort stand alles in Flammen. Eine enorme Hitze, die ihn zurückweichen ließ, breitete sich blitzschnell aus. Nun musste er sich beeilen. Ein Feuer in dieser Größenordnung konnte auch auf einer einsamen Landstraße schnell entdeckt werden. Zwar hatte er bei der Auswahl seines ›Unfallortes‹ darauf geachtet, dass auch kein Gehöft in der Nähe lag, die Bauern waren schließlich Frühaufsteher, aber man konnte ja nie wissen.
    Kurz starrte er nochmals fasziniert in die Flammen.
    ›Der Fahrer des Wagens verbrannte bis zur Unkenntlichkeit …‹  – eine weitere Zeile im späteren Polizeibericht.
    Er nahm Kanister und Hammer und machte sich auf den Weg zu einem Mietwagen, den er bereits am Tag zuvor, nicht weit entfernt von der ausgesuchten Unfallstelle,

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