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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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indem ich mich duldsam und gefällig, aber auch redlich und nachgiebig benahm. Trotz meines einfältigen und linkischen Wesens wollte mich Frau von Epinay zu den Festlichkeiten in der Chevrette, einem in der Nähe von Saint-Denis gelegenen Schlosse, welches Herrn von Bellegarde gehörte, hinzuziehen. Es befand sich in demselben ein Theater, auf welchem häufig gespielt wurde. Man übertrug mir eine Rolle, an der ich sechs Monate ununterbrochen lernte, und die ich mir bei der Aufführung doch von Anfang bis zu Ende souffliren lassen mußte. Nach dieser Probe bot man mir keine Rolle mehr an.
    Gleichzeitig mit der Bekanntschaft der Frau von Epinay machte ich auch die ihrer Schwägerin, des Fräulein von Bellegarde, die bald Gräfin von Haudetot wurde. Zum ersten Male sah ich sie kurz vor ihrer Hochzeit; sie plauderte lange mit mir mit der ihr angeborenen reizenden Vertraulichkeit. Ich fand sie sehr liebenswürdig, war aber weit entfernt vorauszusehen, daß diese junge Person dereinst die Entscheidung meines Lebensschicksales herbeiführen und mich, wenn auch ganz unschuldigerweise, in den Abgrund hineinziehen würde, in dem ich mich heute befinde.
    Obgleich ich seit meiner Rückkehr von Venedig eben so wenig von Diderot wie von meinem Freunde Roguin gesprochen habe, so hatte ich sie gleichwohl beide nicht vernachlässigt, und namentlich mit ersterem wurde das freundschaftliche Verhältnis von Tage zu Tage inniger. Wie ich eine Therese, hatte er eine Nanette; dies gab unserer beiderseitigen Lage eine Aehnlichkeit mehr. Der Unterschied bestand jedoch darin, daß meine Therese, eben so schön wie Nanette, ein sanftes Gemüth und einen liebenswürdigen Charakter hatte, der einen gebildeten Mann an sich fesseln mußte, während seine Freundin, zanksüchtig wie ein Fischweib, den Augen anderer nichts aufzuweisen hatte, was einen Ersatz für ihre schlechte Erziehung hätte gewähren können. Er heirathete sie dennoch. Das war recht gut, wenn er es versprochen hatte. Ich meinerseits, der ich kein ähnliches Versprechen abgelegt hatte, beeilte mich nicht, ihm nachzuahmen.
    Auch an den Abbé von Condillac hatte ich mich angeschlossen, der in der Literatur eben so wenig Bedeutung hatte, wie ich selber, aber dazu geschaffen war, das zu werden, was er heute ist. Ich habe seine Begabung vielleicht zuerst erkannt und seinen Werth zu schätzen gewußt. Er schien an mir gleiches Gefallen zu finden, und während ich, auf meinem Zimmer in der Rue Jean-Saint-Denis in der Nähe der Oper eingeschlossen, meinen Akt Hesiod schrieb, kam er manchmal, um mit mir allein ein picknickartiges Mittagsmahl zu veranstalten. Er arbeitete damals an seinem ersten Werke, dem Versuche über den Ursprung der menschlichen Kenntnisse. Nach der Vollendung desselben entstand für ihn die Verlegenheit, einen Buchhändler zu finden, der den Verlag übernehmen wollte. Die Pariser Buchhändler sind gegen Anfänger anmaßend und hart, und die Metaphysik, welche damals kaum in die Mode zu kommen begann, bot keinen sehr anziehenden Gegenstand dar. Ich redete mit Diderot von Condillac und seinem Werke und vermittelte ihre gegenseitige Bekanntschaft. Sie waren dazu geschaffen, einander zu gefallen; sie gefielen sich. Diderot bestimmte den Buchhändler Durant zur Annahme des Manuscriptes, und der Abbé, dieser große Metaphysiker, erhielt für sein erstes Buch, und noch dazu fast aus Gnade, hundert Thaler, die er ohne mich vielleicht gar nicht erzielt hätte. Da wir in sehr entfernten Stadttheilen wohnten, so kamen wir drei einmal wöchentlich im Palais Royal zusammen und nahmen das Mittagbrot gemeinschaftlich im Hotel zum Blumenkorbe ein. Diese wöchentlichen kleinen Mahlzeiten mußten Diderot außerordentlich behagen, denn er, der sonst fast alle seine Rendezvous versäumte, [Fußnote: Var ... versäumte, selbst die mit Frauen, blieb etc.] blieb nie von einer derselben fort. Bei ihnen entstand in mir der Gedanke an die Gründung eines periodischen Blattes unter dem Titel »Der Spötter«, welches Diderot und ich abwechselnd schreiben sollte. Ich entwarf in flüchtigen Umrissen die erste Nummer, was mir die Bekanntschaft d'Alemberts verschaffte, mit dem Diderot davon gesprochen hatte. Unvorhergesehene Hindernisse durchkreuzten unsern Plan, und er blieb liegen.
    Diese beiden Schriftsteller hatten vor kurzem das Dictionnaire encyclopédique begonnen, welches anfangs nur eine Art Übersetzung von Chambers sein sollte, ungefähr der des Dictionnaire de Médecine von James

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