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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Unrecht; sind sie jedoch einmal sicher, daß er ihnen nicht Schaden zufügen will, dann wird ihr Vertrauen so groß, daß man mehr als ein Barbar sein müßte, wenn man es mißbrauchen wollte.
    Ich kehrte zu meinen Büchern zurück; aber meine Beschäftigungen während des Nachmittags verdienten weniger Arbeit und Studium, als vielmehr Erholung und Vergnügen genannt zu werden. Nach Tische bin ich zu einem streng wissenschaftlichen Studium nie fähig gewesen, und im allgemeinen ist mir jede Anstrengung während der Hitze des Tages beschwerlich. Gleichwohl beschäftigte ich mich, aber immer ohne Zwang und fast ohne Plan, mit einer nicht für das Studium berechneten Lectüre. Gewöhnlich wählte ich geschichtliche und geographische Werke, und da sie keine große Geistesspannung verlangten, machte ich in beiden Fächern so große Fortschritte, wie mein schwaches Gedächtnis nur irgend zuließ. Ich wollte den Pater Petau studiren und vertiefte mich in die Dunkelheiten der Zeitrechnung, aber ich verlor die Lust dazu an dem kritischen Theile, der nicht Grund noch Ufer hat und beschäftigte mich vorzugsweise nur mit dem genauen Maß der Zeiten und dem Lauf der Himmelskörper. Ich würde selbst Lust zur Astronomie gefaßt haben, hätte ich die nöthigen Instrumente gehabt; aber ich mußte mich auf einige aus Büchern geschöpfte Anfangsgründe und auf einige unvollkommene Beobachtungen beschränken, die ich, nur um eine allgemeine Uebersicht der Sternbilder zu gewinnen, mit einem Fernrohre angestellt hatte, da mir meine Kurzsichtigkeit nicht erlaubt, die Gestirne mit unbewaffnetem Auge deutlich zu unterscheiden. Hierbei erinnere ich mich eines Abenteuers, über das ich späterhin noch oft habe lachen müssen. Ich hatte, um die Gestirne zu studiren, einen Himmelsplaniglob gekauft und ihn aufziehen lassen. Waren die Nächte hell, so legte ich ihn im Garten auf vier Pfähle meiner Größe, die Zeichnung nach unten gekehrt, und um dieselbe zu beleuchten, ohne daß mir der Wind das Licht ausblies, stellte ich es in einen zwischen den vier Pfählen auf der Erde stehenden Eimer; indem ich darauf abwechselnd den Planiglob mit meinen Augen und den Himmel durch mein Fernrohr betrachtete, übte ich mich, die Sternbilder aufzufinden und ihre Stellung zu bestimmen. Ich glaube gesagt zu haben, daß Herrn Noirets Garten terrassenförmig war; vom Wege aus sah man, was in ihm vorging. Eines Abends gewahrten mich Landleute, die noch ziemlich spät vorübergingen, in phantastischer Ausstattung bei meiner Sternguckerei. Der Lichtschein, der auf meinen Planigloben fiel, während ihnen das Licht selbst durch die Ränder des Eimers verborgen war; die vier Pfähle, das große mit Figuren bekritzelte Papier, das Gestell, in welchem es sich befand, und die Bewegungen meines Fernrohrs, das sie bald erscheinen, bald verschwinden sahen, verliehen diesem Auftritte etwas Hexenartiges, das sie mit Schrecken erfüllte. Meine wunderliche Tracht war nicht geeignet, sie zu beruhigen; ein Schlapphut über meiner Mütze und Mamas wattirtes Kamisol, welches sie mich anzuziehen gezwungen hatte, mußte mir in ihren Augen das Aussehen eines leibhaftigen Hexenmeisters geben, und da nicht viel an Mitternacht fehlte, so zweifelten sie nicht, daß es sich hier um die Vorbereitung zu einem Hexensabbath handelte. Nicht begierig noch mehr zu sehen, liefen sie in furchtbarer Angst davon, weckten ihre Nachbarn, um ihnen die nächtliche Erscheinung mitzutheilen, und die Geschichte wurde so schnell ruchbar, daß schon am nächsten Tage jeder in der Nachbarschaft wußte, bei Herrn Noiret würde der Hexensabbath gefeiert. Ich weiß nicht, welche Folgen dieses Gerücht hätte haben können, wenn nicht einer der Bauern, der Zeuge meiner Beschwörungen gewesen war, noch an dem nämlichen Tage seine Klage bei zwei Jesuiten angebracht hätte, die uns sofort besuchten und ihn, ehe sie noch wußten, um was es sich handelte, einstweilen beschwichtigten. Sie erzählten uns die Geschichte; ich setzte ihnen das Sachverhältnis auseinander, und wir lachten gar sehr. Damit jedoch nicht ähnliches wieder vorkäme, wurde beschlossen, ich sollte künftighin ohne Beleuchtung Beobachtungen anstellen und den Planigloben im Hause studiren. Wer in den Briefen vom Berge meine venetianische Magie gelesen hat, wird, wie ich mich versichert halte, überzeugt sein, daß ich von je her einen großen Beruf zum Hexenmeister hatte.
    So war meine Tageseinteilung in Charmettes, sobald mich nicht ländliche

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