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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Mr Bernhard« gemurmelt und war die Treppe hinaufgestiegen. An den Imbiss und das Gespräch mit meiner Mum erinnerte ich mich nur noch vage, denn dabei hatte ich schon halb geschlafen. Ganz sicher hatte ich nichts mehr kauen können. Aber vielleicht hatte es ja eine Suppe gegeben.
    »Oh! Das ist aber schön!« Caroline hatte das Kleid entdeckt, das mitsamt dem rüschenbesetzten Unterkleid über einen Stuhl gehängt war. »Hast du das aus der Vergangenheit mitgebracht?«
    »Nein. Das hatte ich vorher schon an.« Ich richtete mich auf. »Hat Mum euch erzählt, was Seltsames passiert ist?«
    Caroline nickte. »Viel erzählen musste sie gar nicht. Tante Glenda hat so gebrüllt, dass es jetzt sicher auch die Nachbarn wissen. Sie hat so getan, als wäre Mum eine gemeine Betrügerin, die der armen Charlotte das Zeitreise-Gen gestohlen hat.«
    »Und Charlotte?«
    »Ist in ihr Zimmer gegangen und nicht mehr rausgekommen, egal, wie Tante Glenda gebettelt hat. Tante Glenda hat geschrien, nun sei Charlottes Leben verpfuscht und das wäre alles Mums Schuld. Großmutter sagte, Tante Glenda solle eine Tablette nehmen, sonst würde sie sich gezwungen sehen, einen Arzt zu rufen. Und Tante Maddy redete immer dazwischen, von dem Adler, dem Saphir, der Eberesche und der Turmuhr.«
    »Das war bestimmt furchtbar«, sagte ich.
    »Furchtbar spannend«, sagte Caroline. »Nick und ich finden es gut, dass du das Gen hast und nicht Charlotte. Ich glaube, dass du alles genauso gut kannst wie Charlotte, obwohl Tante Glenda sagt, du hättest einen Verstand so groß wie eine Erbse und zwei linke Füße. Sie ist so gemein.« Sie streichelte über den glänzenden Stoff des Mieders. »Kannst du das Kleid heute nach der Schule mal für mich anziehen, ja?«
    »Klar«, sagte ich. »Du kannst es aber auch mal anprobieren, wenn du willst.«
    Caroline kicherte. »Das ist mir doch viel zu groß, Gwenny! Und du musst jetzt wirklich aufstehen, sonst kriegst du kein Frühstück mehr.«
    Erst unter der Dusche wurde ich richtig wach, und während ich mir die Haare wusch, kreisten meine Gedanken unablässig um den gestrigen Abend, genauer gesagt um die halbe Stunde (gefühlte Zeit), die ich Rotz und Wasser heulend in Gideons Armen verbracht hatte.
    Ich erinnerte mich daran, wie er mich an sich gedrückt und meine Haare gestreichelt hatte. Ich war so aufgelöst gewesen, dass ich gar nicht darüber nachgedacht hatte, wie nah wir uns plötzlich gewesen waren. Aber jetzt war es mir dafür umso peinlicher. Vor allem deshalb, weil er entgegen seiner sonstigen Art wirklich sehr lieb gewesen war. (Wenn auch nur aus purem Mitleid.) Und dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen, ihn bis ans Ende meines Lebens zu verabscheuen. »Gwenny!« Caroline klopfte an die Badezimmertür. »Jetzt mach schon! Du kannst nicht ewig im Bad bleiben.«
    Sie hatte recht. Ich konnte mich wirklich nicht ewig hier aufhalten. Ich musste wieder raus - in dieses komische neue Leben, das ich auf einmal hatte. Ich drehte den Heißwasserhahn ab und ließ eiskaltes Wasser über mich rieseln, bis der letzte Rest Müdigkeit aus meinem Körper gewichen war. Meine Schuluniform war in der Nähstube von Madame Rossini geblieben und zwei Blusen waren in der Wäsche, weshalb ich die zweite Garnitur anziehen musste, die mir schon ein bisschen zu klein war. Die Bluse spannte über der Brust und der Rock war eine Spur zu kurz. Egal. Die dunkelblauen Schulschuhe waren auch noch in Temple, also zog ich meine schwarzen Sneakers an, was eigentlich verboten war. Aber Direktor Gilles würde wohl nicht ausgerechnet heute einen Schuhkontrollgang durch die Klassen antreten.
    Zum Föhnen war keine Zeit mehr, ich nibbelte die Haare mit einem Handtuch trocken, so gut es ging, und kämmte sie einmal durch. Sie fielen nass und glatt über meine Schultern, von den weichen Locken, die Madame Rossini mir gestern gezaubert hatte, war keine Spur mehr zu sehen.
    Einen Moment lang betrachtete ich mein Gesicht im Spiegel. Ich sah nicht gerade ausgeschlafen aus, aber besser, als zu erwarten gewesen wäre. Ich verteilte etwas von Mums Antifalten-Creme auf Wangen und Stirn. Man konnte nicht früh genug damit anfangen, sagte meine Mutter immer.
    Ich hätte das Frühstück gern ausfallen lassen, aber andererseits musste ich Charlotte und Tante Glenda früher oder später ohnehin gegenübertreten, dann konnte ich es auch jetzt gleich hinter mich bringen.
    Ich hörte sie schon reden, als ich im ersten Stock ankam, lange bevor ich das

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