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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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George blickte von einem zum anderen und schüttelte den Kopf. »Was für ein Desaster! Deine Mutter wird mich umbringen, Gwendolyn! Es sollte eine ganz ungefährliche Aktion sein. Ein Gespräch mit dem Grafen, im gleichen Haus, vollkommen risikofrei. Du wärst nicht eine Sekunde lang in Gefahr gewesen. Und stattdessen seid ihr durch die halbe Stadt gefahren und habt euch von Wegelagerern überfallen lassen . . . Gideon, um Himmels willen! Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    »Es wäre perfekt gelaufen, wenn uns nicht jemand verraten hätte.« Gideon klang jetzt aufgebracht. »Irgendjemand muss von unserem Besuch gewusst haben. Jemand, der in der Lage war, diesen Wilbour davon zu überzeugen, uns zu einem Treffpunkt in den Park zu fahren.«
    »Aber warum sollte euch jemand töten wollen? Und wer sollte von eurem Besuch an genau diesem Tag gewusst haben? Das macht doch alles keinen Sinn.« Mr George kaute an seiner Unterlippe. »Oh, wir sind da.«
    Ich sah hoch. Da war wirklich unser Haus, alle Fenster hell erleuchtet. Irgendwo da drinnen wartete meine Mum auf mich. Und mein Bett.
    »Danke«, sagte Gideon.
    Ich drehte mich zu ihm um. »Wofür?«
    »Vielleicht . . . vielleicht hätte ich wirklich nicht mehr lange durchgehalten«, sagte er. Ein schiefes Grinsen huschte über sein Gesicht. »Ich glaube, du hast mir tatsächlich mein beschissenes Leben gerettet.«
    Oh.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte ihn nur ansehen und merkte, dass meine blöde Unterlippe wieder zu beben anfing.
    Schnell zückte Gideon wieder sein spitzenbesetztes Taschentuch, das ich diesmal auch nahm. »Du wischst dir damit am besten das Gesicht ab, sonst denkt deine Mutter am Ende noch, du hättest geheult«, sagte er.
    Es sollte mich zum Lachen bringen, was aber in diesem Augenblick schlicht unmöglich gewesen wäre. Aber wenigstens musste ich nicht schon wieder losflennen.
    Der Fahrer öffnete die Wagentür und Mr George stieg aus. »Ich bringe sie an die Tür, Gideon, es dauert nur eine Minute.«
    »Gute Nacht«, presste ich hervor.
    »Schlaf gut«, sagte Gideon und lächelte. »Wir sehen uns dann morgen.«
     
    »Gwen! Gwenny!« Caroline rüttelte mich wach. »Du kommst zu spät, wenn du jetzt nicht aufstehst.«
    Ich zog mir unwillig die Decke über den Kopf. Ich wollte nicht aufwachen, noch träumend wusste ich genau, dass fürchterliche Erinnerungen auf mich warteten, wenn ich diesen gnädigen Zustand des Halbschlafes verließ.
    »Wirklich, Gwenny! Es ist schon Viertel nach!«
    Vergeblich kniff ich die Augen zusammen. Es war zu spät. Die Erinnerungen waren über mich hereingebrochen wie ... Ähm ... Attila über die . . . Ähm Vandalen?
    Ich war wirklich eine Niete in Geschichte. Die Ereignisse der letzten beiden Tage zogen wie ein bunter Film vor meinem inneren Auge vorbei.
    Aber ich erinnerte mich nicht mehr, wie ich in dieses Bett gekommen war, nur noch daran, wie Mr Bernhard mir gestern Abend die Tür aufgemacht hatte.
    »Guten Abend, Miss Gwendolyn. Guten Abend, Mr George, Sir.«
    »Guten Abend, Mr Bernhard. Ich bringe Gwendolyn nach Hause, etwas früher als geplant. Bitte richten Sie Lady Arista meine Grüße aus.«
    »Selbstverständlich, Sir. Guten Abend, Sir.« Mr Bernhards Miene war reglos wie immer gewesen, als er die Tür hinter Mr George geschlossen hatte.
    »Hübsches Kleid, Miss Gwendolyn«, hatte er dann zu mir gesagt. »Spätes 18. Jahrhundert?«
    »Ich denke, ja.« Ich war so müde gewesen, dass ich mich auf der Stelle auf dem Teppich hätte zusammenrollen und einschlafen können. Noch nie hatte ich mich so sehr auf mein Bett gefreut wie jetzt. Ich fürchtete nur, auf meinem Weg in den dritten Stock könnte ich Tante Glenda, Charlotte und Lady Arista über den Weg laufen, die mich mit Vorwürfen, Spott und Fragen überhäufen würden.
    »Leider haben die Herrschaften schon ohne Sie zu Abend gegessen. Aber ich habe einen kleinen Imbiss für Sie in der Küche vorbereitet.«
    »Oh, das ist wirklich sehr nett, Mr Bernhard, aber ich . . .« »Sie möchten ins Bett«, sagte Mr Bernhard und ein winziges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Ich schlage vor, Sie begeben sich direkt in Ihr Schlafzimmer, die Damen sind alle im Musikzimmer und werden Sie nicht hören, wenn Sie schleichen wie eine Katze. Ich werde Ihrer Mutter dann Bescheid sagen, dass Sie da sind, und ihr den Imbiss mit nach oben geben.«
    Ich war zu müde gewesen, um mich über seine Umsicht und Fürsorge zu wundern. Ich hatte nur »Vielen Dank,

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