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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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um Manieren.«
    »Manieren?«
    »Du beschwerst dich doch immer, dass ich keine habe. Und du hast völlig recht. Deshalb würde ich dich bitten, mir zu zeigen, wie man sich richtig benimmt. In deiner Zeit. Wie man spricht, wie man knickst, wie man - ach, was weiß ich?«
    »... einen Fächer hält? Tanzt? Sich verhält, wenn der Prinzregent im Raum ist?«
    »Genau!«
    »Also, das kann ich dir zeigen«, sagte James.
    »Du bist ein Schatz«, sagte ich und wandte mich wieder zum Gehen. »Ach, und James? Kannst du auch degenfechten?«
    »Selbstverständlich«, sagte James. »Ich will mich nicht selber rühmen, aber unter meinen Freunden im Club gelte ich als einer der besten Fechter. Galliano selbst sagt, ich sei ein ausgesprochenes Talent.«
    »Super!«, sagte ich. »Du bist ein echter Freund.«
    »Du willst, dass das Gespenst dir Fechten beibringt?« Leslie hatte unser Gespräch interessiert verfolgt. Natürlich hatte sie nur meinen Part davon hören können. »Kann ein Geist denn überhaupt einen Degen halten?«
    »Wir werden sehen«, sagte ich. »Auf jeden Fall kennt er sich bestens im 18. Jahrhundert aus. Er kommt schließlich von da.«
    Gordon Gelderman holte uns auf der Treppe ein. »Du hast schon wieder mit der Nische gesprochen, Gwendolyn. Ich hab's genau gesehen.«
    »Ja, das ist meine Lieblingsnische, Gordon. Sie ist beleidigt, wenn ich nicht mit ihr spreche.«
    »Du weißt schon, dass du wunderlich bist, oder?«
    »Ja, lieber Gordon, das weiß ich. Aber wenigstens bin ich nicht im Stimmbruch.«
    »Das
geht vorbei«, sagte Gordon.
    »Schön wäre, wenn
du
vorbeigingst«, sagte Leslie.
    »Ah, ihr beiden wollt sicher wieder reden«, sagte Gordon. Er war immer sehr anhänglich. »Das verstehe ich. Ihr habt ja heute auch erst fünf Stunden die Köpfe zusammengesteckt. Treffen wir uns nachher im Kino?«
    »Nein«, sagte Leslie.
    »Ich kann sowieso nicht«, sagte Gordon, während er uns durch die Vorhalle folgte wie ein Schatten. »Muss diesen blöden Aufsatz über Siegelringe schreiben. Sagte ich schon, dass ich Mr Whitman hasse?«
    »Ja, aber erst hundertmal«, sagte Leslie.
    Ich sah die Limousine vor dem Schultor stehen, noch bevor wir hinaustraten. Mein Herz begann, ein bisschen schneller zu schlagen. Noch immer war mir der gestrige Abend entsetzlich peinlich.
    »Wow! Was ist denn das für ein Schlitten?« Gordon pfiff leise durch seine Zähne. »Vielleicht stimmen die Gerüchte ja doch, dass Madonnas Tochter bei uns auf die Schule geht - inkognito natürlich und unter falschem Namen.«
    »Klar«, sagte Leslie und blinzelte in die Sonne »Und deshalb wird sie auch von einer Limousine abgeholt. Damit es nur ja keiner merkt, das mit dem Inkognito.«
    Die Limousine wurde von einigen Schülern begafft. Auch Cynthia und ihre Freundin Sarah standen auf der Treppe und glotzten. Allerdings glotzten sie nicht zur Limousine, sondern ein Stück weiter nach rechts.
    »Und ich dachte, die alte Streberin hätte mit Jungs nichts am Hut«, sagte Sarah. »Schon gar nicht mit solchen Prachtexemplaren.«
    »Vielleicht ist es ihr Cousin«, sagte Cynthia. »Oder ihr Bruder.«
    Ich krallte meine Hand in Leslies Arm. Da stand wahrhaftig Gideon auf unserem Schulhof, ganz lässig mit Jeans und T-Shirt. Und er sprach mit Charlotte.
    Leslie wusste sofort Bescheid. »Und ich dachte, seine Haare wären lang«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Sind sie doch auch«, sagte ich.
    »Halb
lang«, sagte Leslie. »Das ist ein Unterschied. Sehr cool.«
    »Der ist schwul, ich wette fünfzig Pfund, dass er schwul ist«, sagte Gordon. Er stützte seinen Arm auf meiner Schulter ab, um besser zwischen Cynthia und mir hindurchschauen zu können.
    »Oh Gott, er berührt sie!«, sagte Cynthia. »Er nimmt ihre Hand!«
    Charlottes Lächeln war bis hierhin gut zu erkennen. Sie lächelte nicht oft (wenn man von dem verkniffenen Mona-Lisa-Lächeln mal absah), aber wenn sie lächelte, sah sie entzückend aus. Sie hatte sogar ein Grübchen, das dann zum Vorschein kam. Gideon musste es auch sehen und ganz sicher fand er sie gerade alles andere als gewöhnlich.
    »Er streichelt ihre Wange!«
    Oh mein Gott.
Wirklich!
Der Stich, den mir das versetzte, war nicht mehr zu ignorieren. »Und jetzt küsst er sie!«
    Wir hielten alle die Luft an. Es sah tatsächlich so aus, als würde Gideon Charlotte küssen wollen.
    »Aber nur auf die Wange«, sagte Cynthia erleichtert. »Er ist doch ihr Cousin. Gwenny, bitte sag, dass er ihr Cousin ist.«
    »Nein«, sagte ich. »Sie sind nicht

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