Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
wegzusehen.
» Kira.« Der Name war nur ein Flüstern, aber das eine Wort war erfüllt von knisternder Energie. » Komm zu mir.«
Sie tat es, ergriff seine Hände, die er ihr entgegengestreckt hatte. Ihr Herzschlag, ihr Atem und das Blut, das durch ihre Adern rauschte, waren eine lockende Lautsymphonie. Aber ihr Geist blieb stumm, verschloss seine Geheimnisse hinter einer Mauer, die Mencheres nicht zu durchdringen vermochte.
» Öffne mir deinen Geist«, hauchte er, legte mehr Energie hinein.
» Ich… versuch’s ja«, stieß sie hervor, ihre Hände verkrampften sich in seinen.
Die mentale Mauer flackerte, fiel aber nicht. Mencheres ließ ihre Hände los und trat zurück.
» Es ist noch zu früh«, sagte er; das Wissen, dass es ihn erleichterte, sich heute noch nicht von Kira trennen zu müssen, verunsicherte ihn mehr als seine wiederholte Unfähigkeit, in ihre Gedanken einzudringen.
» Dieser Vorfall im Lagerhaus ist jetzt schon fast fünf Tage her«, bemerkte Kira und drehte sich frustriert weg. » Fünf Tage sitze ich hier schon fest. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte. Komm schon, lass mich frei.«
Sie hatte offenbar kein Problem damit, ihn für immer zu vergessen– oder wenigstens nie wiederzusehen. Hätte er ihr doch mit ebensolcher Gleichgültigkeit gegenübertreten können.
» Deine Schwester glaubt, du würdest dich von der Grippe erholen, und dein Job ist sicher. Ich weiß, dass du nicht freiwillig hier bist, aber bald ist es ja vorbei.«
Kira ballte die Fäuste, und ihr von Natur aus süßer Geruch wurde herb. » Meiner Schwester geht es nicht gut.«
» Steht zu befürchten, dass sie in den nächsten paar Tagen sterben wird?«, erkundigte sich Mencheres unverblümt.
Kira zögerte und biss sich auf die Unterlippe. » Nein.«
» Dann kann ich das Risiko nicht verantworten.«
» Hör mal, sie hat Angst«, fuhr Kira ihn an. » Vampiren passiert das vielleicht nicht so oft, aber uns Normalsterblichen schon. Die Krankenhausaufenthalte machen Tina zu schaffen. Man schlägt ihr auf den Rücken, um den Schleim in ihrer Lunge zu lösen, dann bekommt sie Behandlungen, die ihr das Atmen erleichtern sollen. Sie ist meine kleine Schwester, ich habe ihr gesagt, dass ich für sie da sein würde.« Kiras Stimme bebte, wurde heiser. » Ich habe ihr gesagt, sie würde immer auf mich zählen können.«
Mencheres schloss die Augen. Kira wusste es nicht, aber Loyalität war eine der Charaktereigenschaften, die er am meisten schätzte. Und er konnte das Gefühl, Verantwortung für eine geliebte Person zu tragen, nur zu gut nachvollziehen. Er studierte Kiras markantes, hübsches Gesicht, den energischen Schwung ihres Kinns. Jeder etwaige Manipulierungsversuch ihrerseits war gerechtfertigt. An ihrer Stelle hätte Mencheres nicht anders gehandelt.
» Es gibt etwas, das meine Fähigkeit, deine Erinnerung zu löschen, vielleicht schneller wiederherstellen könnte.«
Kira machte ein hoffnungsvolles Gesicht und trat einen Schritt näher an ihn heran.
» Was? Was es auch ist, ich tu’s.«
Würde sie das auch noch sagen, wenn sie wusste, was es war? » Dein Blut würde mir größere Macht über dich verleihen. Hat man es mit einem sehr willensstarken Menschen zu tun, ist es manchmal notwendig, sein Blut zu trinken, um ihn hypnotisieren zu können. Du hast einen sehr starken Willen, Kira. Vielleicht ist es nicht nur mein Blut in deinem Körper, das mich daran hindert, deinen Geist zu kontrollieren.«
Kira erbleichte, während sie die Information in sich aufnahm. Mencheres musterte sie mit ausdruckslosem Gesicht. War ihr Wunsch, ihre Schwester zu beschützen, stärker als ihre Angst davor, ihre Kehle einem Vampir darzubieten?
Sie schluckte schwer und nickte dann knapp. » Okay. Machen wir’s.«
Ihre schnelle Kapitulation überraschte ihn. » Dir ist doch klar, dass ich dich beißen und dein Blut trinken werde?«, hakte er nach, nur für den Fall, dass sie ihn nicht richtig verstanden hatte.
Kira lachte kurz auf. » Du bist ein Vampir. Ich hatte nicht angenommen, dass du es mit Nadel und Strohhalm machen würdest.«
» Du hast keine Angst?«, bohrte er weiter.
Der Blick ihrer blassgrünen Augen war fest, auch wenn ihr Puls zu jagen begann. » Du hast mir versprochen, dass du mir nichts tun wirst. Also gibt es nichts, wovor ich Angst haben müsste.«
Loyalität. Mut. Entschlossenheit. Kiras Charakterstärke erhellte all die düsteren Jahre voller Skrupellosigkeit, die hinter ihm lagen, wie eine
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