Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
ihn zu ihr hinzog. Kira hatte nichts über ihn gewusst, als sie ihm im Lagerhaus zu Hilfe geeilt war, und alles, was sie seither über ihn erfahren hatte, hätte sie eigentlich in Angst und Schrecken versetzen müssen. Doch der Blick, den Kira ihm zugeworfen hatte, als er sich neulich am Pool über sie gebeugt hatte, war voller Leidenschaft gewesen. Dann hatte sie einfach so eingestanden, dass sie sich von ihm angezogen fühlte, als wäre das die normalste Sache der Welt.
Es ergab keinen Sinn. Da Mencheres sein Lebensende in größtmöglicher Einsamkeit hatte verbringen wollen, aber ohne Misstrauen zu erregen, nicht gänzlich ohne Gesellschaft sein konnte, war er in dieses kleine, bescheidene Anwesen gezogen. Gorgon und die menschlichen Bewohner hatten strikte Anweisung, Kira nichts über ihn zu erzählen, sodass sie weder wissen konnte, welchen Rang er in der Vampirgesellschaft einnahm, noch wie außergewöhnlich seine Fähigkeiten waren, oder dass sein Vermögen selbst das riesiger Konzerne weit überstieg, und auch all die anderen Dinge nicht, durch die so viele vor ihr sich zu ihm hingezogen gefühlt hatten. Dass sie ihn offensichtlich nur um seiner selbst willen begehrenswert fand, war für ihn gleichermaßen faszinierend wie ungeheuerlich.
Unter anderen Umständen hätte Mencheres seinem Verlangen nach Kira womöglich nachgegeben, der ersten Frau seit Jahrtausenden– womöglich sogar überhaupt–, die ohne Hintergedanken seine Gesellschaft suchte. Aber seine Zeit war fast abgelaufen.
Vielleicht hatte Kira mit ihren Schmeicheleien nur versucht, ihn dazu zu bringen, sie freizulassen. Seit dem Tag am Pool hatte sie keinerlei Anspielungen mehr gemacht. Gut möglich, dass sie anfangs versucht hatte, ihn zu bezirzen, damit er sie gehen ließ, dann die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens eingesehen und es aufgegeben hatte. Mencheres verspürte einen Stich, als er über diese Möglichkeit nachdachte. Ja. Das war sehr viel wahrscheinlicher.
» Schon wieder Behandlungen?«, unterbrach Kiras Stimme seine Grübeleien. Es klang, als würde sie tief Luft holen, während ihr Puls schneller ging. » Na ja, wenn es hilft, ich kann dich dann wohl auch wieder begleiten… Habe ich doch gesagt, mir geht’s besser, und ich nehme jetzt schon seit Tagen Antibiotika… Ja, mein Festnetztelefon spielt immer noch verrückt,… na ja, ich bin eingeschlafen und habe vergessen mein Handy zu laden. Tut mir leid, dass ich deinen Anruf verpasst habe. Ich rufe dich morgen wieder an. Hab dich lieb, Tiny-T.«
Ein Klicken verkündete, dass Kira aufgelegt hatte, aber Mencheres rührte sich nicht von der Stelle. Ihre belegte Stimme sagte ihm, dass sie mit den Tränen kämpfte. Bisher hatte Kira nicht zu Überreaktionen geneigt, also war ihre Schwester wohl ziemlich krank. Mencheres bekam Gewissensbisse, die er jedoch unterdrückte. Woran ihre Schwester auch erkrankt war, sie litt offensichtlich schon länger daran, und Mencheres konnte Kira unmöglich mit all ihren Erinnerungen ziehen lassen.
» Ich bin fertig«, rief Kira, ihre Stimme klang rauer als sonst.
Mencheres erhob sich, froh darüber, dass Kira nicht heimlich versucht hatte, noch jemanden anzurufen. Das zeugte von Umsicht und Intelligenz, zwei Charaktereigenschaften, die in der modernen Gesellschaft seiner Erfahrung nach unterschätzt wurden. Als er in die Bibliothek kam, waren keine Tränen in Kiras Augen zu sehen; aber sie runzelte die Stirn, und ihr Geruch war vor Sorge schwerer geworden.
In den vergangenen zwei Tagen hatte er nicht mehr versucht, sie zu hypnotisieren. Vielleicht konnte er ja jetzt ihre Erinnerungen löschen, auch wenn er ihre Gedanken noch immer nicht hören konnte.
» Kira, ich werde jetzt noch einmal versuchen, in deinen Geist einzudringen. Wenn es mir gelingt, kannst du heute Abend nach Hause gehen.«
Sie warf ihm einen Blick zu, der gleichzeitig hoffnungsvoll und argwöhnisch wirkte. Er stellte fest, dass auch er in dieser Angelegenheit gemischte Gefühle hatte. Logisch betrachtet war es für sie beide das Beste, wenn Kira so schnell wie möglich verschwand, aber dennoch wusste er, dass er sie… vermissen würde.
Eine Frau zu vermissen, die nichts lieber wollte, als die Begegnung mit ihm so schnell wie möglich zu vergessen, war eine so grenzenlose Dummheit, dass er darüber gelacht hätte, wäre der Witz nicht auf seine Kosten gegangen.
» Okay«, antwortete Kira und erhob sich.
Seine Augen blitzten smaragdgrün, als er in ihre sah, sie zwang, nicht
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