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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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den Motor an.
    An der Abzweigung nach The Point hätten wir beinahe eine große Hirschkuh gerammt. Daddy trat voll auf die Bremse und hielt seinen Arm vor mich, damit ich nicht aus dem Sitz geschleudert wurde. Die Hirschkuh sah genau ins Scheinwerferlicht, dann wedelte sie mit ihrem kurzen Schwanz und verschwand im Wald.
     
    Der Labor Day ging vorüber, und der erste Schultag stand an. Ich war beim Einkaufen nicht mitgegangen, aber Madeline hatte ein hübsches blau kariertes Kleid für mich besorgt. Grand kam rüber, um mir bei den Knöpfen zu helfen und mir ein Lunchpaket zu machen.
    Sie und Daddy brachten mich zur Bushaltestelle gegenüber von Rays Laden, obwohl ich eigentlich alt genug war, um alleine zu gehen. Dottie, Bud und Glen warteten schon dort. Im Bus ließen Dottie und ich uns auf eine Bank in der Mitte fallen. Ich blickte aus dem Fenster, und Daddy und ich sahen uns an, während der Bus losfuhr .

10
     
    Am ersten Tag murmelten die anderen Kinder, die seit Jahren mit mir zur Schule gingen, nur ein kurzes Hallo, dann verdrückten sie sich, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.
    »Sie wissen nicht, was sie sagen sollen, Florine«, meinte Grand. »Wahrscheinlich haben sie Angst, dir wehzutun oder dich zum Weinen zu bringen.«
    Grands Worte klangen vernünftig, aber sie machten das Ganze nicht einfacher - bis ich kleine Geschenke im Bücherfach meines Tisches fand: drei blaue Murmeln, einen weiß angemalten Kiefernzapfen und eine winzige Babypuppe, die in ein Stück rosa Filz eingewickelt und mit einer Schnur an einem kleinen Holzkreuz festgebunden war. Manchmal waren auch Zettel mit kurzen Nachrichten darin. »Ich bin traurig, dass Deine Mom verschwunden ist.«
    »Ich habe ein Gebet für Dich gesprochen.«
    »Mir ist mein Hund weggelaufen, und das ist immer noch schlimm. Wenn meine Mutter verschwinden würde, fände ich das ganz schrecklich.«
    Während Daddy Parker auf Trab hielt und Parker die Polizei von Crow’s Nest Harbor, die State Police, die Küstenwache und alle anderen, die mit dem Fall zu tun hatten, ging der September über in den Oktober, und dann kam der 13. Oktober, Carlies dreißigster Geburtstag. Ich wachte mit ihrem Namen auf den Lippen auf. Ich sang Happy Birthday, den Blick zur Zimmerdecke gerichtet, und es klang eher wie ein Gebet als wie ein Glückwunsch. Daddy war an dem Tag sehr still.
    »Wir brauchen einen Geburtstagskuchen«, sagte ich zu ihm, als ich aus der Schule und er von der Arbeit kam. »Am liebsten mag sie Schokoladenkuchen mit Schokoladenüberzug. Wir müssen ihr einen backen.«
    Daddy fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Das tat er jetzt oft, als würde es ihm helfen, seine Gedanken zu entwirren.
    »Tja, das können wir wohl machen. Haben wir die Sachen dafür?« Er öffnete die Küchenschränke, die Grand uns bestückte. »Was brauchen wir denn?«
    »Schokolade«, sagte ich. »Wir brauchen Schokolade. Und Mehl. Und Zucker.«
    Doch Grand rettete uns, indem sie anrief und sagte, sie hätte einen Schokoladenkuchen gebacken und ob wir zum Abendessen rüberkommen wollten. Sie hatte Carlies Lieblingsessen gekocht, überbackene Jakobsmuscheln mit Kartoffelpüree und Spinat. Wir steckten eine Kerze in den Kuchen und sangen. Das Wort »Happy« kam heraus wie ein Todesseufzer.
    Der Oktober übergab seine brennende Fackel an den November.
    Die Schule wurde schwerer, jetzt, wo wir in der sechsten Klasse waren. Aber mir war das ganz recht, weil es meinen Verstand davon abhielt, in sich zusammenzusinken. In dem Jahr entwickelte ich eine Vorliebe für Mathe. Zahlen waren logisch und verlässlich. Ich sehnte mich nach Antworten, und die Mathematik gab sie mir.
    An einem Freitag Anfang November bat mich Mrs. Richmond, unsere Klassenlehrerin, noch einen Moment dazubleiben, während der Rest der Klasse nach draußen strömte. Sie saß am Pult und sah mit ihren freundlichen braunen Augen durch die verschmierte schwarze Schmetterlingsbrille zu mir auf. An ihrer Oberlippe hing ein Krümel roter Lippenstift, und ihre dunkelblaue Kostümjacke war mit Kreide bestäubt.
    Sie sagte: »Florine, ich weiß, du machst eine sehr schwere Zeit durch. Du bist sehr tapfer, aber wenn es dir mal nicht gut geht, dann sagst du es mir, ja?«
    Ich war verlegen, aber auch froh, dass sie auf mich aufpasste. Dann bat sie mich noch, Rose Clark in Mathe zu helfen.
    Rose war schon mit uns im Kindergarten gewesen. Während wir gewachsen waren, war sie bei der Größe einer Zweitklässlerin stehen geblieben. Sie

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