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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callan Rogers
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kleine Nervensäge in meiner Obhut landete.
    »Ich habe Daddy gebeten, mit mir nach Crow’s Nest Harbor zu fahren«, sagte ich. »Er hat mich gefragt, was ich mir zum Geburtstag wünsche, und das war meine Antwort. Ich möchte sehen, wo Carlie gewohnt hat und wo sie vielleicht hingegangen ist.«
    Grand ließ sich auf dem Stuhl mir gegenüber nieder und kniff die Augen zusammen. »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, aber ich verstehe, warum du dahin möchtest.«
    »Warum ist es keine gute Idee?«
    »Ich weiß, dass du immer wieder daran denken musst, was passiert ist und wo sie sein könnte. Aber vielleicht solltest du deiner Mutter irgendwo einen Platz in deinem Herzen geben und dich neuen, eigenen Dingen zuwenden. Genau das würde Carlie dir selbst auch raten.«
    Ich sah hinunter auf meine Hände. Eine Träne tropfte auf meinen rechten Ringfinger und bildete eine kleine Pfütze auf dem Knöchel.
    »Das kann ich nicht, Grand, solange ich nicht weiß, was passiert ist.« Ich hob den Kopf und sah sie an. Im trüben Küchenlicht sah sie aus wie der Tod, der sich mal wieder richtig ausschlafen musste. »Jedenfalls habe ich Daddy gebeten, mit mir dahin zu fahren.« Ich stand auf, ging zu ihr und küsste sie auf den Kopf, wo die rosige Haut durch das dünne weiße Haar schimmerte. »Ich gehe jetzt ins Bett.« Noch bevor ich oben ankam, hörte ich, wie sie in der Küche umherschlurfte und das Haus für die Nacht fertig machte.

27
     
    Daddy sagte Nein. »Ich kann das im Moment nicht«, sagte er zu mir. Es war am Tag nach dem kleinen Fest für Grand, und wir standen draußen im Hof. Er schliff den Rumpf der Carlie Flo ab, um sie auf den Start in die neue Saison vorzubereiten, der zufällig auf meinen Geburtstag fiel. Normalerweise war er schon ab Ende März mit ihr in der Bucht unterwegs, aber dieses Jahr war er spät dran. »Das verstehst du doch, oder?«
    »Nein«, sagte ich.
    Er nahm einen Eimer weiße Farbe, einen Rührstab und einen Pinsel und reichte sie mir. »Wenn das ein längeres Gespräch wird, Florine, dann mach dich nützlich, während wir reden. Die Kabine braucht einen neuen Innenanstrich.«
    Er sah müde aus. Irgendwie sahen alle müde aus. Es war ein langer, harter Winter gewesen, und der Frühling hatte sich Zeit gelassen. Ich kletterte mit den Malsachen die Leiter hoch und ging in die Kabine.
    »Warum kannst du nicht mit mir dahin fahren?«, fragte ich, während ich mit dem Stab die Farbe umrührte. Dünne Rinnsale von bernsteinfarbenem Öl verschwanden in dem Weiß.
    »Ich weiß, du wirst wütend, egal, wie ich es formuliere, also sage ich dir einfach nur, ich will da nicht hinfahren, Florine. Mir ist nicht wohl dabei. Das wird mir nicht guttun, und dir auch nicht.«
    »Woher willst du wissen, was mir guttut?« Er hatte die Kabine schon leer geräumt und die Fenster und den Fußboden mit Zeitungen abgedeckt, sodass ich einfach nur die Farbe auf Decke und Wände pinseln musste.
    »Ich wusste, dass du das sagen würdest«, seufzte er. »Natürlich weiß ich nicht so genau, was dir guttut. Aber ich weiß, dass es mich dazu bringen wird, wieder über diese ganze Sache nachzudenken, und ich habe endlose Male darüber nachgedacht und davon geträumt, seitdem es passiert ist, und ich will nicht wieder damit anfangen.« Während er sprach, schliff er schneller. Ich strich mit dem Pinsel langsam über die Ränder der Wand, die zum Deck hinausging. Ich starrte auf das Weiß, bis es anfing, in allen Farben des Regenbogens zu schimmern.
    »Es ist nur so, Daddy«, sagte ich, »du weißt, wie der Ort aussieht, an dem sie zuletzt war. Wenn ich ihn mir vorstelle, sieht er jedes Mal anders aus. Ich kenne die Straßen nicht. Ich weiß nicht, wie das Motel aussieht. Es verändert sich in meinem Kopf ständig. Wenn ich wüsste, wie es aussieht, könnte ich aufhören, es mir immer wieder vorzustellen, und zur Abwechslung mal an was anderes denken.« Ich streckte den Kopf durch das Kabinenfenster und sah zu ihm hinunter. Er sah zu mir herauf, das Gesicht verschwitzt und mit Holzstaub verklebt.
    »Florine, das verstehe ich ja, aber ich kann das einfach nicht noch mal durchmachen. Wenn du deinen Führerschein und ein bisschen Erfahrung hast, kannst du meinetwegen mit Dottie rauffahren, oder vielleicht hat Grand auch Lust auf einen Ausflug.«
    »Aber meinen Führerschein darf ich erst nächstes Jahr machen, oder?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Daddy. »Aber du wirst sehen, ein Jahr geht schnell vorbei, und dann hast

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