Rubinrotes Herz, eisblaue See
heraus.
»Willst du auch?«, fragte ich.
»Nein. Setz dich, Florine.« Stellas Stimme zitterte. Im Zeitlupentempo ließ ich mich auf einem Stuhl nieder. Der Beutel in meinem Becher hatte ein Loch, und ein paar Teeblätter schwammen an der Oberfläche. Ich stupste sie an, damit sie nach unten sanken, dann ließ ich den Beutel auf und ab wippen, sodass noch mehr Teeblätter herauskamen.
»Ich bin heute Morgen mit deinem Vater ins Krankenhaus gefahren«, sagte Stella. »Er hatte Schmerzen in der Brust.«
Ich hielt im Wippen inne.
»Es geht ihm gut«, fuhr sie fort. »Aber der Arzt hat gesagt, er muss sich schonen und mit dem Trinken aufhören, und vor allem darf er sich nicht mehr so aufregen.«
»Dann reg ihn halt nicht so auf«, sagte ich.
»Herrgott, du machst mich wahnsinnig. Du bist der Grund, dass dein Vater in diesem Zustand ist.«
»Das ist doch Quatsch.«
»Er macht sich schreckliche Sorgen um dich. Er steht kurz vor einem Herzinfarkt, weil du den ganzen Tag nur noch schläfst und nicht mehr zur Schule gehst.«
»Sag ihm, er braucht sich keine Sorgen zu machen. Mir geht’s gut. Das ist reine Zeitverschwendung.«
Stella stand auf und schob ihren Stuhl an den Tisch. »Nein. Sag du es ihm selbst. Und übrigens, dein Hass auf mich verletzt deinen Vater nur noch mehr. Mir ist es schnuppe, wenn du mich für den letzten Dreck hältst, aber ich sehe nicht zu, wie dein Vater darüber krank wird. Er denkt, er hat dich auch noch verloren.«
»Er kann jederzeit zu mir kommen. Ich bin hier.«
»Oh ja, das bist du. Selbst wenn du nicht vor ihm stehst, bist du immer da. Ich bin’s leid, wie du auf der Tatsache herumreitest, dass du deine Mutter verloren hast. Er denkt, du gibst ihm die Schuld daran. Das tut er selbst schon, du Dummkopf. Und nebenbei bemerkt bist du nicht die Einzige, die jemanden verloren hat. Damit kenne ich mich auch ganz gut aus.« Ihre Hand strich über die Narbe auf ihrem Gesicht.
»Wer reitet denn jetzt auf Tatsachen herum?«, sagte ich.
Sie ging mit ihrem Becher zur Spüle, ließ Wasser hineinlaufen, stellte ihn polternd ab und drehte sich wieder zu mir um. »Ich liebe deinen Vater. Es tut mir sehr leid, dass er das alles durchmachen musste, aber so war es nun mal, und ich bin dankbar, dass ich diese Chance mit ihm bekommen habe. Ich hoffe, du wirst eines Tages mit der Liebe deines Lebens zusammen sein. Und ich hoffe, du musst dich dann nicht mit einer unausstehlichen Göre herumschlagen, die dich hasst, nur weil du nicht diejenige bist, die sie sich wünscht.«
»Ich wünschte, du wärst tot«, sagte ich. »Das ist es, was ich mir wünsche.«
Sie atmete tief ein. »Ich muss zurück zur Arbeit«, sagte sie. »Ich bin vorbeigekommen, um dir das mit deinem Vater zu sagen. Grand hätte sich geschämt für die Art und Weise, wie du mit mir geredet hast. Wenn du nicht mit diesem Unsinn aufhörst und es Leeman schlechter geht, werde ich dir jeden verdammten Tag die Hölle heißmachen, bis eine von uns die andere umbringt. Willst du, dass ich jeden Tag hier aufkreuze?«
Ich ballte die Hände in meinen Taschen zu Fäusten.
Dann stiegen ihr plötzlich Tränen in die Augen, und sie sagte: »Es war nicht meine Schuld, Florine.«
Sie ging, und ich schüttete den Rest von meinem Tee in den Ausguss. Die Teeblätter breiteten sich im Becken aus. Ich wusste, dass sie ein Schicksal verkündeten, aber ich konnte es nicht lesen, deshalb drehte ich den Wasserhahn auf und spülte sie weg.
Gegen fünf kam Daddy vorbei. »Was kochst du?«, fragte er. »Käsemakkaroni«, sagte ich. »Nach Grands Rezept.«
»Schön. Kommt Dottie?«
»Das ist nicht für Dottie.«
»Ah.«
»Hattest du vor, mir von dem Arztbesuch zu erzählen?«, fragte ich.
»Ich hatte Stella gebeten, dir nichts davon zu sagen. Aber es gibt keinen Grund zur Sorge.« Ich sah ihn an. Sah ihn mir genau an. Die Schatten unter seinen Augen brachen mir das Herz. Er trat von einem Fuß auf den anderen und sagte: »Ich geh dann besser mal.«
Ich griff nach der Auflaufform. »Ich komme mit.«
Er stutzte. Dann sagte er: »Na, dann mal los.«
Als wir ins Haus kamen, stand Stella am Herd. Der Gesichtsausdruck, mit dem sie sich umdrehte und Daddy begrüßte, ließ sie wie siebzehn aussehen. Doch als sie mich bemerkte, hielt sie inne und starrte mich an.
»Ich dachte, du könntest mal etwas Nachhilfe gebrauchen, wie man anständige Käsemakkaroni macht«, sagte ich. »Deine sind furchtbar.«
37
Am nächsten Morgen nahm ich den losen
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