Rueckkehr nach River's End
waren jetzt hier, oben bei Olivia in ihrem Zimmer. Ihre Eltern brauchten sie auch. So unerschütterlich sie wirkten, sie brauchten ihre einzige Tochter, damit sie ihnen über die nächsten Wochen hinweghalf.
Als es an der Haustür klingelte, zuckte sie zusammen, dann schloss sie die Augen. Früher hatte sie sich für furchtlos gehalten, nun erschrak sie vor jedem Schatten und jedem Flüstern. Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus.
David hatte Wachen engagiert, und den Journalisten war es nicht gestattet, das Grundstück zu betreten. Aber im Laufe des langen, furchtbaren Tages war es dem einen oder anderen doch gelungen, zum Haus vorzudringen. Sie wollte die Klingel ignorieren, sie immer weiter läuten lassen. Aber das würde Olivia nur verwirren und ihre Eltern aus der Fassung bringen. Also ging sie zur Tür, wild entschlossen, dem Journalisten bei lebendigem Leib die Haut über die Ohren zu ziehen. Doch dann erkannte sie durch die geschliffene Scheibe den Detektive , der noch vor Anbruch des Morgengrauens gekommen war, um ihr mitzuteilen, daß Julie nicht mehr lebte.
»Mrs. Melbourne, bitte entschuldigen Sie die Störung.«
Jamie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf ihn. » Detektive Brady, nicht wahr?«
»Dürfen wir eintreten?«
»Natürlich.« Sie trat zurück. Frank bemerkte, daß sie genügend Selbstbeherrschung aufbrachte, um sich hinter der Tür zu halten, außerhalb des Blickwinkels der neugierigen Kameras. Diese Beherrschung hatte er schon in der Nacht an ihr bemerkt und bewundert.
Während sie die Detektive s in den Salon führte, sah er sie aufmerksam an.
Inzwischen wusste er, daß sie und Julie MacBride Zwillinge gewesen waren, daß Jamie sieben Minuten älter als ihre Schwester war. Dennoch hatten die beiden Frauen wenig Ähnlichkeit miteinander. Julie MacBride war eine strahlende Schönheit gewesen - trotz ihrer zarten Gesichtszüge und des goldenen Teints hatte diese Schönheit wie eine Flamme gelodert und den Betrachter beinahe verbrannt.
Ihre Schwester wirkte sanfter, sie trug ihr braunes Haar in kinnlangen, glänzenden Wellen, ihre Augen waren eher schokoladenfarben als golden und hatten nicht Julies schwere, sinnliche Lider.
Er fragte sich, ob sie ihre Schwester um ihr perfektes Aussehen und ihren großen Erfolg beneidet hatte.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee?«
Franks Partner Tracy antwortete, er hatte das Gefühl, etwas Alltägliches tun zu müssen, bevor sie zum unangenehmen Teil übergingen. »Ein Kaffee täte mir jetzt gut, Mrs. Melbourne, wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht.«
»Nein... wir halten jetzt Tag und Nacht Kaffee bereit. Ich kümmere mich darum. Bitte nehmen Sie Platz.«
»Sie hält sich tapfer«, bemerkte Tracy, als Jamie den Raum verlassen hatte.
»Das Schlimmste hat sie noch vor sich.« Frank zog die Gardinen zur Seite und betrachtete die Horde von Journalisten am Rande des Grundstücks. »Das Ganze artet zu einem makaberen Zirkus aus, und das wird noch eine Weile so bleiben. Schließlich wird in Amerika nicht alle Tage eine Prinzessin in ihrem eigenen Schloss in Stücke zerschnitten.«
»Und obendrein von ihrem Prinzen«, ergänzte Tracy. Er griff an die Tasche mit seinen Zigaretten - dann überlegte er es sich anders. »Wir haben vielleicht noch eine Chance, bevor er sich zusammenreißt und seinen Anwalt verlangt.«
»Dann sollten wir sichergehen, daß der Schuss diesmal sicher ins Schwarze trifft.« Frank ließ die Gardine zurückfallen und drehte sich um. Jamie betrat den Raum mit einem Tablett.
Er ließ sich nieder, als sie sich gesetzt hatte. Er lächelte nicht. Sein Gefühl verriet ihm, daß sie keine Höflichkeiten und Beschönigungen erwartete. »Wir sind Ihnen sehr dankbar, Mrs. Melbourne. Wir wissen, daß Sie eine schlimme Zeit durchmachen.«
»Im Augenblick kann ich mir nicht vorstellen, daß es je wieder anders wird.« Sie wartete, bis Tracy zwei gehäufte Löffel Zucker in seinen Becher geschaufelt hatte. »Sie möchten sicher mit mir über Julie sprechen.«
»Ja, Ma'am. Wusste n Sie, daß Ihre Schwester vor drei Monaten wegen einer häuslichen Auseinandersetzung die Polizei angerufen hat?«
»Ja.« Ihre Hände blieben ruhig, als sie den Becher hob. »Sam war ausfallend geworden, als er nach Hause kam. Dieses Mal wurde er handgreiflich.«
»Dieses Mal?«
»Bei früheren Gelegenheiten war er nur verbal ausfallend geworden und hatte sie gedemütigt.« Jamies Stimme klang gefasst und klar. Sie unterdrückte ein
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