Rückkehr zum Mars
fertigzuwerden.«
Fuchida sagte: »Aber es ist meine Schuld …«
»Quatsch!«, fauchte Rodriguez. Dann fügte er hinzu: »Ich bin größer und härter als du, Mitsuo. Jetzt komm in die Hufe und hör auf, Zeit zu verschwenden!«
»Wie willst du das Geschirr denn im Dunkeln finden? Es könnte zwei Meter vor deiner Nase baumeln, und deine Helmlampe würde es trotzdem nicht erfassen.«
Rodriguez gab ein fast schon verächtliches Schnauben von sich. »Binde eine der Baken dran und schalte das Licht ein.«
Fuchida war beschämt. Daran hätte ich denken müssen. Es ist so einfach. Ich muss wirklich durcheinander sein, mein Verstand funktioniert nicht so, wie er sollte.
»Los jetzt«, sagte Rodriguez. »Leg dich wieder auf den Bauch und starte die Winde.«
»Warte«, sagte Fuchida. »Da ist etwas …«
»Was?«, fragte Rodriguez ungeduldig.
Fuchida zögerte, dann sagte er sehr schnell: »Falls … falls ich es nicht schaffe … falls ich sterbe … würdest du dich mit jemandem in Verbindung setzen, wenn du zur Erde zurückkommst?«
»Du wirst nicht sterben.«
»Ihr Name ist Elizabeth Vernon«, fuhr Fuchida fort, voller Angst, dass er nicht weitersprechen könnte, wenn er jetzt innehielt. »Sie ist Laborassistentin im Fachbereich Biologie der Tokioter Universität. Sag ihr … dass ich sie liebe.«
Rodriguez verstand die Bedeutung der Worte seines Gefährten. »Deine Freundin ist keine Japanerin?«
»Meine Frau«, erwiderte Fuchida.
Rodriguez stieß einen leisen Pfiff aus. »Okay, Mitsuo. Klar. Ich werd's ihr sagen. Aber du kannst es ihr selbst sagen. Du wirst nicht sterben.«
»Natürlich nicht. Aber falls doch …«
»Ja. Ich weiß. Los jetzt!«
Widerstrebend gehorchte Fuchida. Er hatte schreckliche Angst vor tausend Gefahren – von der Möglichkeit, dass sein Anzug aufreißen könnte, bis zu der Aussicht, dass er seinen Partner hier im Dunkeln erfrieren lassen könnte. Aber noch mehr Angst hatte er davor, hier zu bleiben und nichts zu tun.
Noch schlimmer, ihm war heiß. Er ging in dem Anzug vor Hitze ein. Zähneknirschend klammerte er sich mit aller Kraft, die die Servomotoren seiner Handschuhe aufbieten konnten, am Seil fest. Dann wurde ihm klar, dass er eine freie Hand brauchte, um die Windensteuerung an seinem Klettergeschirr zu betätigen.
Er tastete nach dem Bedienungsknopf, versuchte verzweifelt, sich darauf zu besinnen, welcher die Winde in Gang setzte. Er fand ihn und drückte darauf. Einen Moment lang geschah gar nichts.
Dann wurde er plötzlich von dem Sims gerissen und den harten, felsigen Hang der Caldera hinaufgeschleift. Sein Anzug schabte knirschend und kreischend über den rauen Stein.
Ich werde es nie schaffen, erkannte Fuchida. Selbst wenn der Anzug nicht kaputtgeht, werde ich hier drin ersticken, bevor ich oben ankomme.
NEW YORK
Es war ein paar Minuten nach achtzehn Uhr in Manhattan, ein kalter, windiger, regnerischer grauer Herbsttag im Big Apple. Menschen eilten in Scharen an Schaufenstern vorbei, die von Lichtern und kunstvollen Weihnachtsdekorationen erstrahlten, hasteten durch den starken, strömenden Regen und in die feuchten, lärmigen U-Bahn-Tunnels, auf dem Weg nach Hause, zu ihren Familien, dem Abendessen und den abendlichen Halloween-Ausflügen – Spuk oder Süßes – mit den Kindern.
Im Gegensatz dazu herrschte in dem mit dunklem Holz vertäfelten Salon des Metropolitan Club gedämpfte Stille. Während der Wind die kahlen Äste im Central Park schüttelte und an den Lämpchen in den Bäumen draußen vor dem überdachten Eingang des Clubs rüttelte, lehnte sich Darryl C. Trumball in seinen Lieblingsledersessel zurück, um sich seinen ersten Old Fashioned des Abends schmecken zu lassen.
Im Sessel gleich neben ihm saß Walter Laurence, geschäftsführender Direktor des Internationalen Universitätskonsortiums. Im Gegensatz zum Selfmademan Trumball stammte Laurence aus sehr reicher Familie, und anders als der Finanzier hatte Laurence sein Erwachsenenleben im öffentlichen Dienst verbracht, zuerst im Außenministerium, später dann in der verworrenen, oftmals chaotischen Welt des akademischen Lebens. Ähnlich wie Trumball genoss es Walter Laurence jedoch, über Macht zu verfügen, und wusste die Vorteile einer hohen Stellung durchaus zu schätzen.
Nun nippte er dezent an einem hohen, eisgekühlten Glas Wodka Tonic und sah aus wie das Inbild des ›elderstatesman‹: glattes, silbernes Haar, dünner grauer Schnurrbart, makellos geschnittener, perlgrauer
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