Rückkehr zum Mars
loslegt?«, fragte er.
Craig schwieg einen Moment lang, dann sagte er: »Sollte's eigentlich. Der Wind muss jetzt schon an die siebzig Knoten haben, und sie flattern nich mal.«
Dex hörte das klagende Heulen des Windes außerhalb seines Helms, leise, aber stetig und mit wachsendem Nachdruck. Er glaubte auch ein leises Knispeln an der Außenhaut seines Anzugs zu hören; es klang, als ob feine Sandkörner auf ihn einprasseln würden. Er spürte beinahe, wie der Staub an ihm kratzte.
Es war jetzt vollständig dunkel. Dex war müde und erschöpft, aber zugleich auch nervös und schreckhaft. Im Lichtschein von Wileys Lampe sah er, dass die Luft klar war; es wirbelte kein Staub herum. Jedenfalls keiner, den er sehen konnte. Dennoch war da dieses sandige Scharren an der harten Hülle des Anzugs.
»Wir hätten leicht noch eine Stunde weiterfahren können«, sagte er zu Craig..
»Schon möglich.«
»Zum Teufel, Wiley, ich bin in New England durch Schneestürme gefahren.« Trotz seiner Worte klang Dex' Stimme zittrig, sogar in seinen eigenen Ohren.
»Wir sind hier aber nich auf der Autobahn in Massachusetts, Kumpel.«
»Und was machen wir jetzt? Rumsitzen und auf den Fingernägeln kauen?«
»Nee. Wir sammeln so viele Daten, wie wir können. Dann essen wir zu Abend. Und dann nehmen wir 'ne ordentliche Mütze Schlaf.«
Dex starrte Craig in seinem Raumanzug an. Er klingt überhaupt nicht beunruhigt. Die verdammten Brennstoffzellen lecken, die Solarpaneele sind abgeschaltet und wir müssen für Gott weiß wie lange von den Batterien leben, aber er ist so ruhig und gelassen wie jemand, der bei einem Blizzard warm und gemütlich in einer erstklassigen Skihütte sitzt.
»Okay, Boss« – Dex bemühte sich um einen lässigen Ton –, »was soll ich machen?«
»Du gehst rein und überprüfst die Brennstoffzellen, vergewisserst dich, dass die Kommunikationssysteme alle funktionieren, und meldest dich bei der Basis, sagst ihnen Bescheid, dass wir für die Nacht alle Luken dichtgemacht haben.«
Dex nickte. Die Funksatelliten im Orbit werden unsere Position ermitteln. Wenn uns irgendwas zustößt, dachte er, wissen sie zumindest, wo sie die Leichen finden.
Craig pfiff tonlos vor sich hin, während er zur Luftschleuse zurückstapfte, um eine Geo/Met-Bake zu holen und sie draußen neben dem Rover aufzustellen. Dex ging wieder hinein und schälte sich aus seinem Anzug. Er wusste, dass er ihn anbehalten sollte, damit er sofort hinausgehen konnte, falls Craig in Schwierigkeiten geriet. Aber er war zu müde, zu ausgelaugt und schlichtweg zu ängstlich, um auch nur darüber nachzudenken.
Seine Augen brannten kurz, als er den Staub penibel von seinem Anzug saugte. Ozon, von den Peroxiden im Erdreich. Wir könnten uns mit Sauerstoff versorgen, indem wir einfach ein bisschen was von dem roten Zeug reinholen, sagte er sich.
Sobald er den Anzug abgelegt hatte, ging er ins Cockpit und starrte in die Dunkelheit hinaus. Er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Ich habe Angst, dachte er. Wie ein kleines Kind, das sich im Dunkeln fürchtet. Angst! Wiley ist so ruhig wie nur was, und ich geh seelisch aus dem Leim. Mist!
Da er nichts Besseres zu tun hatte, schaute er im Posteingang nach neuen Nachrichten. Der übliche Müll von der Basis, jede Menge Satellitendaten über den heraufziehenden Sturm. Und eine Botschaft für ihn, die als ›persönlich‹ gekennzeichnet war.
Nur ein Mensch im Sonnensystem würde mir eine persönliche Botschaft schicken, dachte Dex. Mit einer Mischung aus Wut und Erleichterung drückte er auf die entsprechenden Tasten und sah, wie das finstere Gesicht seines Vaters auf dem Bildschirm an der Kontrolltafel des Rovers erschien.
Genau das, was ich brauche, dachte er. Mein lieber alter Dad mit seiner befreienden Komik.
»Okay«, sagte Jamie zu den fünfen, »wir haben uns so gut auf den Sturm vorbereitet, wie wir können.«
»Possum und Dex auch«, sagte Stacy Deschurowa.
»Er möchte Wiley genannt werden«, mahnte Jamie.
Deschurowa seufzte dramatisch. »Das männliche Ego. Vielleicht sollte ich mir auch einen anderen Namen zulegen.«
Sie saßen um den Tisch in der Messe und stocherten in ihren Schalen herum. Obwohl sie hart gearbeitet hatten, um alle Vorbereitungen für den Sturm zu treffen, schien niemand großen Appetit zu haben.
Vijay fragte leichthin: »Welchen Namen würdest du dir denn aussuchen, Stacy?«
»Nicht Anastasia«, antwortete Deschurowa rasch. »Und Nastasia auch nicht. Er ist zu …
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