Rückkehr zum Mars
irgendeinen anderen Himmelskörper im Sonnensystem. Wir haben uns der wissenschaftlichen Forschung verschrieben, nicht der Grundstückserschließung.«
Als Jamie zu Dex' Kabine ging, kam ihm der schon entgegen.
»Hast du Laurences Antwort gesehen?«, fragte Jamie überflüssigerweise.
»Hat so viel Rückgrat wie ein Schleimpilz, der Kerl«, grollte Dex. »Er und sein ganzer verdammter Vorstand.«
»Sie werden es nicht riskieren, sich den Zorn deines Vaters zuzuziehen.«
»Nein«, stimmte Dex zu. »Geld regiert eben die Welt.«
»Wir haben nur noch dreißig Tage, bis die Unterstützungsmission startet.«
»Mit dem lieben alten Dad an Bord.«
Sie gingen zusammen durch die halbdunkle Kuppel zur Messe. »Kommt dein Vater wirklich mit?«
»Er hat alle Tests bestanden. Hat mir ein Video geschickt – Dad im Raumanzug, wie er im großen Wassertank in Huntsville Notfallprozeduren übt.«
»Ja, ja, Geld regiert die Welt«, knurrte Jamie.
Während der ganzen letzten sechs Monate hatte Fuchida sich Jamie geschnappt, wann immer es möglich war, um ihn davon zu überzeugen, dass einer der Forscher absichtlich ihre Ausrüstung sabotierte.
Das defekte Radlager des Rovers, den Stacy gefahren hatte, war zum Zankapfel geworden. Mitsuo untersuchte es und behauptete, er sähe Hinweise darauf, dass jemand sich daran zu schaffen gemacht habe.
»Siehst du diese Kratzer hier an der Dichtung, die versagt hat?« Der Biologe zeigte sie ihm. »Das war Absicht! Jemand hat die Dichtung zielbewusst aufgestemmt, damit Staub eindringen konnte und das Lager sich festfraß.«
Jamie schaute sich das Radlager in Mitsuos Hand genau an. Er sah die Kratzer, musste dem Biologen aber sagen, dass man nicht erkennen konnte, ob sie durch eine absichtliche Beschädigung entstanden waren.
»Wie denn sonst?«, wollte Fuchida wissen.
»Durch Staubpartikel«, meinte Jamie. »Oder vielleicht durch Steinchen, die von dem Rad aufgewirbelt worden sind.«
Der Biologe schüttelte störrisch den Kopf.
»Ich könnte Wiley bitten, sich das Lager mal anzuschauen«, sagte Jamie. »Mal sehen, was er meint.«
»Bringt nichts, wenn er der Saboteur ist«, erwiderte Fuchida deprimiert.
Jedes Mal, wenn ein Gerät nicht funktionierte oder wenn es einen kleinen Unfall gab, wenn einer der Forscher stolperte oder sich auf irgendeine Weise eine Blessur zuzog, fügte Fuchida es der Liste der ›Indizien‹ hinzu, die er sammelte. Mindestens einmal pro Woche rief er Jamie an, meistens nachts, wenn alle anderen schliefen – und selbst dann wirkte er heimlichtuerisch, misstrauisch und argwöhnisch.
Schließlich blieb Jamie nichts anderes übrig, als ihm zu erklären: »Mitsuo, du wirst allmählich paranoid, was diese Sache betrifft.«
Überraschenderweise stimmte der Biologe ihm zu. »Ich weiß«, sagte er mit leiser, angespannter Stimme. »Ich frage mich langsam, ob ich verrückt werde. Warum bin ich der Einzige, der sieht, was hier vorgeht?«
Jamie versuchte, es von der leichten Seite zu nehmen. »Vielleicht bist du schlauer als alle anderen.«
»Oder verrückter«, gab Fuchida zu.
Durchaus möglich, dachte Jamie.
TAGEBUCHEINTRAGUNG
Nichts klappt richtig. Was ich auch tue, sie ignorieren es. Ich weiß, dass sie mich beobachten, aber sie wollen es nicht zugeben. Sie wollen nicht zu mir kommen und es mir ins Gesicht sagen. Hinter meinem Rücken reden sie natürlich über mich. Oder vielmehr, sie flüstern. Ich höre sie flüstern, wenn sie glauben, dass ich nicht zuhöre, sie nicht beobachte. Ich werde drastische Schritte unternehmen müssen. Die armen, fehlgeleiteten Narren! Sehen sie nicht, dass ich ihnen das Leben retten will? ]e länger wir hier auf dem Mars bleiben, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass wir alle sterben. Da ist es besser, einen oder zwei von ihnen zu töten und die übrigen zu retten. Wir müssen weg von hier! Zurück zur Erde, wo wir in Sicherheit sind. Lieber ein paar opfern und die anderen retten.
MORGEN: SOL 358
Jamie erwachte langsam. Die Überreste eines verstörenden Traums schwanden aus seinem Bewusstsein wie eine Fata Morgana, die sich auflöste, als er sie zu erreichen versuchte. Irgendwas über die Marsianer, dachte er, obwohl er sich undeutlich erinnerte, dass Fuchida in seinem Traum vorgekommen war; er hatte verzweifelt versucht, ihm etwas zu erzählen, jedoch kein Wort herausbekommen.
Ein Mini-Albtraum, entschied Jamie, als er sich rasch duschte und rasierte. Du musst den äußeren Schein wahren, sagte er
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