Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf der Dämmerung (German Edition)

Ruf der Dämmerung (German Edition)

Titel: Ruf der Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
sterben. Es wäre, als würdest du schlafen …«
    »Ich fiele ins Koma?«, erschrak Viola. »Während mein Geist kraftlos irgendwo herumirrt?«
    »In … äh … gewisser Weise …«, murmelte Ahi.
    »Vielen Dank«, bemerkte Viola. »Cooles Geschenk.«
    Ahi lachte. »Wie gesagt, es schützt dich. Und nun hör auf, ständig zu fragen. Warum nimmst du mich nicht als das, was ich bin? Ich bin nicht böse, Viola …«
    Er hielt sie an und sah ihr in die Augen. Die seinen wirkten heute heller, klarer, der See an einem Sonnentag … Viola meinte, darin einzutauchen, aber es machte ihr keine Angst. Sie löste vorsichtig ihre Hand aus der seinen und umarmte ihn – behutsam, tastend, aber dann spürte sie auch seine Arme wieder um sich, schmiegte sich an seine Schulter und verspürte erneut diese durch nichts zu erschütternde Sicherheit. Seine Haut war kühl, aber nicht kalt und abschreckend, seine Hände streichelten ihren Rücken und dann küsste auch er ganz sanft ihre Stirn – so wie sie es beim letzten Mal getan hatte, um sich zu verabschieden.
    »Das ist schön …«, sagte er leise. »Das ist mehr als bacha – heute habe ich deine Seele berührt.«
    Viola schmiegte ihre Wange an die seine. Da war wirklich etwas – etwas, das mehr war als Zärtlichkeit. Es war, als hätten sich ein Teil von ihm und eines von ihr ein Leben lang gesucht, aber nun hatten sie sich gefunden, und es war … wie Musik, wie Tanz … Viola empfand eine Art Unbeschwertheit, eine Leichtigkeit und vollkommene Freiheit von Angst. Sie kannte keine Vergangenheit mehr und keine Zukunft. Sie lebte im Hier und Jetzt, sie war das Hier und Jetzt! Um sie herum stiegen Nebel auf, entführten Ahi und Viola in eine Welt, die nur ihnen gehörte und in der ihre Seelen mit den Feen tanzten.
    »Wir zählen die Jahre nicht …« Viola verstand jetzt. Ahi und sein Volk waren eins mit der Welt – zumindest dann, wenn sie satt waren von bacha … Der Gedanke riss sie aus ihrer Versunkenheit. Auch wenn er ihr keine Angst mehr machte. Vielleicht war es das ja wert …
    Ahi lächelte ihr zu. »Du hast es auch gespürt, ja?«
    Sie nickte, unfähig zu sprechen. Sie wusste nicht, ob sie je wieder Worte finden würde. Aber dann spürte sie einen Windzug vom See und Ahi löste sich von ihr.
    »Es wird Zeit, ich muss gehen. Sie rufen mich …«, sagte er leise.
    Viola fand zurück in die Welt. »Deine Leute? Dein Volk? Wissen sie … wissen sie von uns?«
    Ahi verzog das Gesicht und sah plötzlich wieder aus wie ein ganz normaler, sehr verlegener Menschenjunge. »Sie … sind nicht begeistert.«
    Viola erfüllte das mit Unbehagen, aber dennoch hätte sie fast gelächelt. Dieser Ausdruck passte nicht zu dem Ahi, den sie noch vor wenigen Wochen kennengelernt hatte. Nicht zu dem Märchenprinzen, der ihr schmeichelte wie ein Ritter aus längst vergangenen Tagen. So hätte sich eher Katja ausgedrückt – oder Viola selbst. Ahi lernte. Er passte sich an. Viola fühlte sich glücklich. Ahi würde immer menschlicher werden, je länger er mit ihr zusammen war. Vielleicht konnte er … vielleicht würde er … den See irgendwann für sie aufgeben?
    »Darf ich dich noch einmal küssen?«, unterbrach er ihre Gedanken und zog Viola näher an sich heran. »Ich möchte mich an unsere Melodie erinnern …«
    Viola strich zärtlich über seine Wange und führte seine Lippen an ihre. Er streifte sie nur – so vorsichtig, wie man ein kostbarstes Gut berührt. Aber es brachte Viola mehr aus der Fassung als all die wilden Zungenküsse, von denen Katja zu schwärmen pflegte. Noch einmal berührte sie gemeinsam mit Ahis Seele die Unendlichkeit. Dann ließ er sie endgültig los.
    »Du findest heim, trotz des Nebels?«, fragte er besorgt.
    Viola lachte. »Ich brauche nur dem Uferpfad zu folgen«, meinte sie. »Wirst du morgen wiederkommen?«
    »Ich versuche es …«, sagte Ahi.
    Dann verschwand er in der watteweißen, verzauberten Welt, zu der die Nebel Land und See verbanden.

8
    Am nächsten Tag erschien Ahi allerdings nicht. Viola wartete eine Stunde, dann gab sie es auf und verzog sich an ihren Computer. Zunächst saß sie unschlüssig davor. Sie hatte das dringende Bedürfnis, Katja zu schreiben. Sie musste von Ahi berichten, von ihrer Verliebtheit und von ihrem ersten Kuss. Schließlich hatte sie bisher noch nie Geheimnisse vor Katja gehabt, und sie konnte es kaum mehr erwarten, all diese fantastischen Erlebnisse mit ihr zu teilen. Aber andererseits konnte sie der Freundin nichts von

Weitere Kostenlose Bücher