Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
das half nicht weiter. Ich schaute mich in dem dämmrigen Kanal um, auf der Suche nach irgendetwas, das ich gegen die Reptilien verwenden konnte, aber außer schmutzigem Wasser und den spärlichen Lampen gab es nichts.
Ich war schon versucht, mich mit meinem Schicksal abzufinden, wenn auch ganz sicher nicht kampflos, da kam mir ein Gedanke. Ich betrachtete die Lampe genauer, und ließ meinen Blick die Wand entlang wandern zur nächsten.
Das war die Lösung! Zwischen den einzelnen Lampen verlief eine Leitung. Sie führte sicher keinen Starkstrom, aber Elektrizität und Wasser ergab eine lähmende Kombination, hoffentlich auch für Serpenias. Doch wie sollte ich an das Kabel kommen?
Von beiden Seiten näherten sich die Schlangen. Zischend, geifernd und immer wieder nach mir schnappend. Ich musste ausweichen, zur Seite springen oder mich durch den widerlichen Unrat im Kanal rollen, um ihnen zu entgehen. Mehr als ein Mal verfehlten mich die Giftzähne nur um Haaresbreite. Die Kreaturen waren jetzt so nah, dass ich zwischen ihnen eingekeilt war. Ein Teil ihrer Angriffe richtete sich zwar gegeneinander, doch zwischen zwei wütenden Riesenschlangen zu stehen, die sich gegenseitig bekriegten, machte die Lage keinen Deut besser. Wenn ich es überhaupt schaffte, zwischen diesen sich windenden Körpern und schnappenden Mäulern das Kabel zu erreichen, musste ich anschließend schnell und geschickt sein, um das Wasser unter den Reptilien zu elektrisieren und dabei selbst nicht damit in Berührung zu kommen. Es würde mich nicht töten, aber zumindest ebenso lähmen wie die Serpenias. Und ganz sicher war ich mir bei denen immer noch nicht, wie es sich auswirkte. Im ungünstigsten Fall machte es ihnen gar nichts aus. Dann war mein Schicksal besiegelt und ich Schlangenfutter.
Eine Ablenkung wäre jetzt nicht schlecht gewesen, damit die Biester kurzzeitig das Interesse an mir verloren. Sonst scheiterte der Plan schon daran, dass ich das Stromkabel gar nicht erst erreichte. Wie auf Kommando materialisierte sich meine Totemwölfin Osira im Kanal.
„Igitt! Wie stinkt das denn hier?“, sagte sie statt einer Begrüßung und blickte angewidert auf ihre Pfoten in der braunen Brühe. „Das ist hoffentlich nicht was ich denke.“
„Osira, das ist ein Abwasserkanal. Da gibt es wenig Spekulationsspielraum.“
Sie machte ein würgendes Geräusch und verzog ihre Schnauze.
„Könnten wir später über deine Empfindsamkeit plaudern, wenn die Gesellschaft etwas weniger lebendbedrohlich ist?“, bat ich.
„Ich erwarte Luxus-Hundeshampoo. Mit Tannenduft.“
Alles was sie wollte, solange sie nur die Schlangen ablenkte. Und das tat sie auch ohne weitere Worte. Osira sprang die grünviolette Schlange an, wich geschickt ihrem schnappenden Maul aus und verschaffte mir so die Möglichkeit, zum Stromkabel zu gelangen. Das gelb-orangefarbene Exemplar schien jedoch zu ahnen, was ich vorhatte. Es ließ seinen mächtigen Kopf auf mich niedersausen, die rote Zunge schlang sich um meine Taille und schnürte mir die Luft ab. Ich sah mich schon von den Giftzähnen durchbohrt, doch zu meinem Glück rammten sich diese in das hinter mir liegende Mauerwerk. Mir blieben kostbare Sekunden zum reagieren, ehe die Schlange sich mit mir im Maul aufrichten und dann – vom Hindernis befreit – endgültig zuschnappen würde. Einen Herzschlag lang wollte ich Osira rufen, doch die hatte soeben Mühe, sich ihrer Haut zu erwehren. Also griff ich beherzt nach dem Kabel an der Wand, riss energisch daran und hielt gleich darauf die offenen Enden der Leitung in Händen. Ohne über irgendwelche Folgen nachzudenken, steckte ich sie der Serpenia in den Rachen.
Der Stromschlag, der durch mich ebenso hindurchfuhr wie durch das Reptil, zog alle Muskeln in mir derart heftig zusammen, dass ich glaubte, die Sehnen würden reißen. Ich schnappte nach Luft, war aber nicht fähig, welche in meine Lungen zu pumpen, und mich überkam die irrsinnige Angst, ersticken zu müssen, obwohl ich als Vampir gar keinen Sauerstoff benötige. In meiner Brust trommelte das Herz, als wolle es jeden Moment zerspringen. Mir wurde schwarz vor Augen, aber ich kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben, denn sonst war jegliche Überlebenschance dahin. Die Zunge der Schlange presste sich unter den Stromstößen immer fester um meinen Brustkorb, ich hörte die ersten Rippen brechen, gleißender Schmerz schoss durch meinen Körper. Ich befand mich in einem lebendigen Schraubstock, nicht mehr lange und
Weitere Kostenlose Bücher