Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
die er für Sally empfand und mit der sie ihn überhäufte.
Er wusste nicht, wann er sich das letzte Mal so vollkommen gefühlt, einen solchen Frieden empfunden hatte. Es war, als hätte es die Jahre in der Namib nie gegeben. Als wäre er immer noch Ben Delane und Sally seine Frau fürs Leben.
Die Hitze ihres Schoßes verbrannte ihn, entlockte ihm ein heiseres Stöhnen. Sie verschränkte ihre Finger in den seinen, gab den Rhythmus vor, der sie gemeinsam immer höher trug, bis Ben glaubte, so nah an der Sonne zu sein, dass sie darin vergehen müssten.
In dieser Nacht, mit Sally im Arm, schlief er zum ersten Mal wieder ohne Albträume und ohne die Geister seiner Vergangenheit.
Der Wettlauf beginnt
D ie Erschütterung über den Mord an Corelus saß in uns allen tief. Doch sie blieb nicht die einzige. Nur wenige Tage nach Eloins Fürstenweihe begannen unerklärliche Beben überall auf der Erde, selbst in Gebieten, die nicht als Erdbebenzone galten. Und ihre Stärke nahm zu.
Mir fiel auf, dass Ash sonderbar nervös auf jede Meldung in den Nachrichten reagierte, die von Erdstößen, plötzlichen Geysiren und Aschewolken über Vulkanen sprach. Er verschwand dann meist auf seinem Zimmer, und wenn er zurückkam, war sein Blick unstet, das Gesicht fahl und Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Ich fragte meinen Vater, ob das auch tagsüber der Fall sei, und wunderte mich, dass Franklin mir nur ausweichend Antwort gab. Die beiden verbargen etwas, doch leider waren sie zu gut im Gedankenverschleiern, als dass ich etwas hätte herausfinden können.
Derweil endete die Trauerwoche für Corelus und seine Beisetzung stand bevor. Eloins erste offizielle Entscheidung als Fürst war, die Beerdigung auf die Nachtstunden zu legen, weil er die Überzeugung vertrat, Corelus hätte mich und Armand dabeihaben wollen.
Als wir das einstige Zuhause unseres Lycanerfreundes und Eloins künftigen Wohnsitz erreichen, hing eine dunkle Wolke über den Mauern des altehrwürdigen Hauses. Die Stimmung erdrückte uns fast. Auf dem Weg zum Eingang kamen wir an der Zeremonienhalle vorbei, wo Corelus gestorben war. Und am familieneigenen Mausoleum. Aus unerfindlichem Grund bereiteten mir die tanzenden Kerzenflammen aus dem Inneren, die unstete Schatten an die Wände und auf die weit geöffneten Türflügel malten, eine Gänsehaut. Armand legte den Arm um meine Schultern und schob mich sanft vorwärts.
Anelu empfing uns. Man sah ihm an, dass er geweint hatte und er schämte sich dessen nicht. Corelus war für ihn wie ein Vater gewesen, dessen Verlust eine tiefe Wunde riss. Es fiel ihm schwer, Eloin Trost und Stütze zu sein, schließlich hatte er Corelus nähergestanden als der neue Fürst. Neid oder Missgunst spürte ich bei ihm jedoch nicht. Er trachtete nicht nach dem Amt, das Eloin innehatte. Seine Loyalität war aufrichtig, nur die Trauer erschwerte die ersten Tage des Beisammenseins. Aber das würde sich legen. Die Bestattung barg in sich einen Abschluss, der den Weg freimachte, nach vorn zu blicken. Schade jedoch, dass dieser Blick derzeit nicht allzu rosig war. Domeniko ließ es sicher nicht dabei bewenden, Corelus ausgeschaltet zu haben. Eloin – und auch Anelu – waren ebenso in Gefahr. Wir mussten sie schützen.
„Mir ist, als wäre ein Teil von mir selbst gestorben“, gestand Anelu. „Ich fühle mich so kraftlos. Wie soll ich Eloin zur Seite stehen, mit all der Angst in mir?“
Ich nahm den jungen Lycanthropen in die Arme, und auch Armand klopfte ihm ermutigend auf den Rücken. „Du wirst es schaffen. Corelus wusste das, also zweifle nicht an dir. Dass sein Tod eine Wunde reißt, ist völlig normal.“
Er lächelte zaghaft und nickte, ehe er uns in den Aufbahrungsraum brachte, wo wir von Corelus Abschied nehmen konnten
Mich schreckte der Anblick von Toten nicht, und Corelus war nicht der erste Nahestehende, den ich verlor. Dennoch versetzte mir der Anblick seines starren Antlitzes einen Stich. Man hatte ihm die Hände über der Brust gekreuzt wie bei einem Pharao. Er lag auf einem Bett aus grünem Moos und Zweigen. Mit dem Tod kehrte auch ein Fürst zu den Wurzeln seiner Art zurück. Seine Augen waren offen, das leuchtende Orange zu mattem Ocker verblasst. Seine Lefzen waren aufgrund des Wasserentzuges hochgezogen. Es wirkte beinah, als würde er seinen Widersachern auch im Tod noch die Zähne zeigen.
„Bevor er in der Grabkammer beigesetzt wird, erfolgt noch das Einwickeln mit balsamierten Leinentüchern“, erklärte
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