Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
die alte Lady hier in dieser dreckigen Absteige? Seine Hände wurden feucht, er rieb sie an den Hosenbeinen trocken. Im dritten Stock lag Biffs Wohnung, wo auch Dusty seit einem halben Jahr wohnte. Die Tür war nur angelehnt. Kein gutes Zeichen. Dusty stieß sie mit der Schuhspitze auf. Drinnen herrschte Chaos, aber das war ja nichts Neues.
„Biff?“
Keine Antwort. Mit mulmigem Gefühl trat er ein. Die Stille erdrückte ihn. Kein Summen von Rechnern. Der Zigarettendunst in der Luft war kalt. Ein Gefühl der Einsamkeit überkam Dusty, das in Verzweiflung mündete. Kein Biff. Sein Entschluss, zur Polizei zu gehen, trat in den Hintergrund. Stattdessen ergriff ihn das Bedürfnis, für Ordnung zu sorgen, auch wenn ihm klar war, dass er mögliche Spuren verwischte. Aber er kam nicht gegen den Drang an. Zuerst die Pizzakartons, in denen sich teilweise schon eigenständige Kulturen gebildet hatten. Dann die leeren Nudelboxen, bei denen es kaum besser aussah. Er war gerade dabei, die Dosen und Flaschen in einen Plastiksack zu räumen, als ein Geräusch erklang, das er so gut in Erinnerung hatte, dass es ihm eine Gänsehaut über den Rücken und Adrenalin durch die Adern jagte.
Mit einem Knall blendete ihn weißes Licht. Dusty taumelte, geriet in Panik. Das war genau wie beim letzten Mal. Genau wie bei Biff. Aus dem Licht schälten sich mehrere dunkle Schatten mit massigen Körpern und Muskelbergen hervor. Die würden ihn kaltmachen. Den einzigen Zeugen eliminieren. Er schrie, drehte sich um, stolperte über die Füße und fiel. Rappelte sich sofort wieder auf und rannte gegen Möbelstücke im verzweifelten Versuch, wegzukommen. In panischer Angst rannte er zum Ausgang, doch da packten ihn grobe Hände an den Schultern und hielten ihn fest.
„Nu lauf doch nicht gleich weg, Junge“, redete eine sonore Stimme auf ihn ein. „Wir wollen nur reden.“
Verwirrt blickte Dusty über seine Schulter. Das waren ja Menschen. Seine Todesangst ließ nach, misstrauisch blieb er immer noch.
„Was … was ist mit Biff?“
„Ich dachte, da könntest du ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Wir wüssten nämlich auch gern, wo der Bewohner diese Bude hingekommen ist und was er so getrieben hat.“
Der Kerl, der das sagte, hatte schulterlanges dunkles Haar und stechend blaue Augen. Er stemmte die Hände in die Hüften und blickte Dusty mit schräg geneigtem Kopf an. Ihm wurde schwindlig und er ging in die Knie, wurde aber aufgefangen und in einen Sessel gesetzt.
„Bleib locker, Mann“, sagte der Typ und klopfte Dusty auf die Schulter. „Ich bin Blue, und ich gehör zu den Guten. Na ja, manchmal jedenfalls.“
Die Zündschnur glimmt
„V erdammt, was ist das?“, entfuhr es Pettra. Sie starrte entgeistert auf ihren Bildschirm, wo in schneller Abfolge Daten durch ihr Sicherheitssystem liefen, die nicht aus ihrer Programmierung rührten.
„Ein Virus?“ Auch Slade zog sich einen Stuhl heran und tippte mehrere Tastenkombinationen in den Befehlsmodus, aber nichts geschah.
„Das ist kein Virus“, sagte Pettra tonlos. „Das ist etwas viel Schlimmeres. Es zerstört unser System nicht, es benutzt unsere Codes.“
Sie schlang ihre Haare zu einem Knoten und steckte diesen mit einem Bleistift fest. Eine Angewohnheit, sobald sie nervös wurde. Schnell kontrollierte sie noch einmal ihre Parameter und verglich sie mit den neuen. Dann schaute sie sich Bens letzte Änderungen an, aber auch sein üblicher Code passte nicht. Diese Befehle kamen nicht von ihm.
„Kann es ein Trojaner sein?“
Slade startete die manuelle Malware-Suche. Ohne Erfolg. „Es scheinen autorisierte Programmbestandteile zu sein“, meinte er verdutzt.
Sollte Ben aus irgendwelchen Gründen seine Systematik geändert haben? Aber wieso sprach er das nicht mit ihnen ab?
„Funk Ben an“, entschied Pettra. „Das gibt’s doch nicht. Was macht er da?“ Sie hätte gern behauptet, dass dieses Wirrwarr auf dem Bildschirm überhaupt kein System besaß und schieres Chaos produzierte, aber der Knoten in ihrer Magen-grube sagte, dass es sehr wohl System hatte – und zwar eines, das sehr viel Ärger bedeutete.
„Er ist nicht online. Der Sprachmodus läuft ins Leere.“
„Das kann nicht sein.“
Pettra griff zum Handy und wählte Bens Nummer, der sich verschlafen meldete. „Wo zur Hölle steckst du?“ In ihrer Panik fiel die Begrüßung schroff aus.
„In meinem Quartier. Mir ging es heute früh nicht gut. Vielleicht was Falsches gegessen.“
Für sein
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