Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
schluckte er sie hinunter. Seite an Seite bauten sich die beiden Tiere vor ihm auf. Seine wölfische Natur schien sie weder zu kümmern noch zu beeindrucken.
Er gab es nicht gern zu, aber vielleicht waren diese beiden doch eine Nummer zu groß für ihn. Domeniko überlegte fieberhaft, was er tun konnte. Zum einen brauchte er die beiden Totenwölfe, zum anderen gedachte er nicht, sein Gesicht vor einem Dolmenwächter zu verlieren. Tot zu sein war allerdings keine akzeptable Alternative. Er warf einen Blick auf die Reste des Menschen. So wollte er nicht enden.
„Wie schnell kannst du zwei Tore erzeugen?“, raunte er der Wächterin zu.
„Was meinst du mit zwei Tore?“
„Wenn ich diese beiden von ihren Ketten befreie, werden wir nicht schnell genug zum bestehenden Tor kommen. Du müsstest also eins hier erzeugen. Und da sie uns vermutlich durch dieses Tor folgen werden – was sie auch sollen, denn ich brauche sie in der Menschenwelt – könnte es eng für uns beide werden, wenn du nicht augenblicklich ein weiteres Tor erzeugst, das uns aus ihrer Reichweite schafft.“
Sie starrte ihn fassungslos an, dass er diese beiden Monster unkontrolliert laufen lassen wollte. Was erwartete sie? Hatte er es mit der Midgard etwa anders gemacht? Und diese Totenwölfe konnte man wenigstens hinterher abknallen – mit einem entsprechenden Kaliber natürlich.
„Hör auf zu grübeln, sondern sag mir, wie schnell du es fertigbringst. Haben wir eine Chance?“
Sie presste die Lippen zusammen, nickte knapp und stellte sich in Position, um ein Tor zu öffnen, sobald die Ketten zerschmettert wären. Domeniko schüttelte sich. Er musste schnell sein. Noch immer war es kein ungefährliches Vorhaben. Der Wächterin war auch zuzutrauen, dass sie ihn mit den beiden alleinließ, wenn ihr die Situation zu brenzlig wurde. Dann war er geliefert. Für die nächste Aufgabe dieser Art würde er Pharac schicken, so viel stand fest. Hati und Skalli wurde nachgesagt, dass sie Sonne und Mond verschlingen konnten und ihrem Vater Fenris an Größe gleichkamen. Allerdings waren sie weniger aggressiv als ihre beiden Halbbrüder hier.
Er näherte sich den Wölfen vorsichtig, bemüht, sie nicht anzusehen. Gestirne würden die beiden wohl nicht verschlingen, aber auf der Erde fiel ihm kein Lebewesen ein, das diesen Kiefern etwas entgegenzusetzen hätte. Wenn sie ihm die Vampirhexe vom Leib schafften, lohnte sich das Risiko allemal. Die Ketten, mit denen die Tiere an die Felsen gebunden waren, endeten in einem Eisenring, der so dick wie der Schenkel eines trainierten Mannes war. Er befand sich zwar außer Reichweite der schnappenden Mäuler und die Ketten liefen von dort durch mehrere nicht minder starke Ösen im Gestein über eine Felsenbrücke in gut einhundert Fuß Höhe, aber um da ranzukommen, musste er zwangsläufig an ihnen vorbei. Der Hinweg war nicht das Problem, wenn er sich dicht an dem gegenüberliegenden Felsen entlangdrückte. Doch auf dem Rückweg wären Garm und Managarm nicht länger gehalten. Domeniko fluchte leise.
„Komm mit“, rief er der Dolmenwächterin zu.
„Auf keinen Fall!“
Er knurrte unwillig. Das war zu erwarten gewesen, dass dieses Weib bei der ersten Gefahr kniff. So was konnte er nicht gebrauchen. „Sie können dich nicht erreichen, solange sie angekettet sind. Wenn du das Tor dort hinten erzeugst, sind wir weg, ehe sie begreifen, dass sie nicht mehr gebunden sind. Wir haben einen Pakt, vergiss das nicht. Du bist zu mir gekommen. Also tu gefälligst, was ich dir sage.“
Die Angst in ihren Augen widerte ihn an. Zum Teufel, dass er auf sie angewiesen war und nicht mehr von ihrer Sorte geneigt waren, überzulaufen. Sie zögerte sichtlich, blickte den Flusslauf entlang, wohl in der Überlegung, ob sie nicht zum Tor zurückkehren sollte, solange Garm und Managarm noch angekettet waren. Domeniko riss der Geduldsfaden. Mit einem Satz war er bei der Dolmenwächterin, packte sie bei ihren langen Haaren und zerrte ihren Kopf in den Nacken, dass ihre Kehle bloß lag. Seine Zähne schwebten Millimeter über der zarten Haut, sein Knurren erfüllte die Höhle, machte auch die beiden Totenwölfe unruhig.
„Entweder, du kommst jetzt mit mir und erzeugst dieses verdammte Tor, wenn ich es dir sage oder ich kann dich nicht brauchen und mache dir gleich hier den Garaus. Dann können sich die beiden Köter mit deinem Leichnam beschäftigen, das verschafft mir Zeit.“
Ihre weit aufgerissenen Augen in dem bleichen Gesicht waren
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