Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
schließlich über ihre Wange glitten, schmolz sein Innerstes dahin. Sie war so weich. Selbst die Jahre als Vampirkönigin hatten ihr nur ein wenig Wärme geraubt, aber nichts von ihrer Sanftheit. Er begehrte sie. Sinnlos, das zu leugnen. Die beiden Küsse, die er ihr geraubt hatte, waren nur Spielerei gewesen, doch die eine Nacht, in der sie ihm gehört hatte, bedeutete viel mehr. Es war in den letzten sieben Jahren kein Tag vergangen, an dem er nicht an sie gedacht hätte.
Es durfte nicht sein. Sie gehörte einem anderen. Einem Mann, den er schätzte und achtete und der nur noch mit Hass und Abscheu auf ihn herabblickte. Eine Vampirin war nicht für einen Dolmenwächter bestimmt. Er musste das Gefühl vergessen. Wenn es nur nicht so gebrannt hätte. Blue würde alles für sie tun, damit sie glücklich und in Sicherheit war. Schon deshalb stand er jetzt an ihrer Seite, was immer kommen mochte. Dabei hatte sie keine Ahnung, wozu er auf ein Wort von ihr bereit wäre. Er ballte die Hand zur Faust, um der Versuchung zu wiederstehen, sie weiter zu streicheln.
„Warum?“, hörte er sie leise flüstern, und im nächsten Moment umfassten ihre kühlen Finger sein Handgelenk und zogen ihn hinab zu einem Kuss, dessen Süße für Blue dem Himmel gleichkam.
Er öffnete die Augen und sah die ihren grün wie Smaragde schimmern, von einem geheimnisvollen Feuer erfüllt. Ihre Lippen lockten ihn, mit der Zunge neckte sie. Statt dem Einhalt zu gebieten, glitt er zu ihr aufs Lager und küsste sie voller Hunger. Ihre Rundungen fühlten sich vertraut unter seinen Händen an. Das Pochen in seiner Mitte wurde unerträglich – umso mehr, als sie ihre Hände unter sein Hemd schob und seine nackte Haut liebkoste.
Keuchend stieß Blue den Atem aus und die Bilder und Gefühle seines Wunschtraums stoben davon. Verflüchtigten sich in der Dunkelheit der Kammer. Seine Sleeping Beauty lag unverändert vor ihm, nicht ahnend, wie nah er ihr war.
Eine einsame Träne rollte über Blues Wange. Er beugte sich vor und küsste ihre Stirn. Mels Brust hob sich unter einem Seufzer, doch sie erwachte nicht.
„Schlaf, meine Eisprinzessin. Und süße Träume.“
„Mann, die machen dich platt, wenn du da noch mal auftauchst.“
Slade packte Ben an den Schultern, schüttelte ihn und sah ihn eindringlich an. Er und Pettra hatten nicht gezögert, sondern waren sofort mit der nächsten Maschine von Miami nach Washington geflogen. Der Vorteil eines Daywalkers, nicht auf die Nacht warten zu müssen. Ben hatte Todesängste ausgestanden, während er sich auf dem Gelände des Weißen Hauses verstecken musste, bis Pettra ihn dort hatte rausholen können. Es grenzte an ein Wunder, dass man ihn nicht geschnappt hatte, nachdem er aus seinem Quartier geflüchtet war. Bei der Menge an Security-Leuten, die das Gelände nach ihm durchkämmten, hatte er sich schon fast aufgegeben und nicht mehr damit gerechnet, gerettet zu werden. Aber Pettra besaß aufgrund ihrer jahrelangen Arbeit als Meisterdiebin und Profikillerin ein unvergleichliches Talent, in jeden noch so abgesicherten Bereich hinein- und wieder hinauszukommen, ohne dass man sie bemerkte. Im Zweifel auch mit einem Begleiter. Beim Sprung über den Zaun hatte Ben zwischen der Angst, doch noch eine Kugel in den Rücken zu bekommen und der Erleichterung, dem schon sicher geglaubten Tod entronnen zu sein, geschwankt. Er hatte gedacht, das Zittern seiner Glieder nie wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Jetzt, zwei Stunden später und in Sicherheit, war er die Ruhe in Person, was ihn selbst erstaunte, da man ihn inzwischen wohl zum Staatsfeind Nummer eins erklärt hatte. Er war froh, seine Freunde bei sich zu haben, aber es passte ihm de facto wenig, dass sie ihn aufhalten wollten, denn sein Entschluss stand fest. Jeglicher Gefahr zum Trotz musste er noch mal da rein, weil er Sally nicht ihrem Schicksal überlassen konnte.
„Dann darf ich mich halt nicht erwischen lassen“, erklärte er schlicht gegen Slades Einwand. „Ich kann sie nicht dalassen. Die werden alle draufgehen, das weißt du. Und ich liebe sie.“
„Ben!“
„Würdest du Pettra zurücklassen?“
Darauf wusste Slade nichts zu sagen. In seinen Augen stand Sorge, als er zu seiner Freundin hinübersah, die sich auf die Lippen biss. „Na siehst du!“ Ben machte sich von ihm los. „Ich muss da rein, egal wie. Sie wird mir zuhören, das weiß ich.“
Nachdem sie auf den Videobändern gesehen hatten, dass Gefs den gesamten Serverraum mit
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