Rufmord
eindringlich.
»Also gut.«
Schwungvoll fiel die Tür ins Schloss.
»Zufrieden?«
»Die Fragen stelle ich. Verstanden?«
»Sie stehen einer Dame gegenüber. Wo bleiben Ihre Manieren, Doktor?«
»Versuchen Sie nicht, Zeit zu schinden, Mrs Franklin«, entgegnete er kalt. »Mir machen Sie nichts vor. Man kann Ihnen ansehen, dass es hinter Ihrer hübschen Stirn gewaltig am Rumoren ist. Und jetzt setzen Sie sich gefälligst hin und hören mir zu!«
Ein Stuhl rückte.
»Ich habe mir eben im Büro noch einmal Ihre Akten angesehen. Wir sind ja fast Berufskollegen, Mrs Franklin. Oder besser gesagt: Wir waren Kollegen. Denn Ihren Titel ›Diplom-Psychologin‹ hat man Ihnen ja abgesprochen. Und nun sitzen Sie hier in ›Best Hope‹, um sich rehabilitieren zu lassen. Sie sind ein schlaues Frauenzimmer. Dadurch erhoffen Sie sich die Verkürzung der Haftstrafe und außerdem stößt ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik immer noch auf größere Akzeptanz als ein Gefängnisaufenthalt.«
»Das ist eine boshafte Unterstellung. Legen Sie es darauf an, mich zu beleidigen?«
»Oh nein ... oh nein! Ganz und gar nicht«, sagte Dr. Freeman mit scheinheilig entrüsteter Stimme.
»Ihnen liegt ein gerichtsmedizinisches Gutachten vor, aus dem eindeutig hervorgeht, dass ich unter einer folgenschweren Tablettenabhängigkeit litt.«
»Oh ja, ich habe es gelesen. War ja auch eine schlimme Sache damals. Einen Jugendlichen unter Hypnose zu setzen und ihm ein Betäubungsmittel zu injizieren, weil er Ihren kriminellen Machenschaften auf die Schliche gekommen war. Das gäbe einen Stoff für einen spannenden Kriminalroman ab, Mrs Franklin.«
»Interessieren Sie sich für Krimis?«, erkundigte sie sich spitz.
»Oh ja, weil man sich dabei so gut in die Seele eines Verbrechers hineinversetzen kann.« Er begann in dem Zimmer langsam auf und ab zu gehen. »Die Fähigkeit, Menschen im Tiefschlaf verborgene Geheimnisse zu entlocken und ihnen Befehle zu erteilen, an die sie sich anschließend nicht mehr erinnern können, ist nur wenigen Menschen gegeben. Sie sind eine dieser seltenen Ausnahmen, Mrs Franklin. Meinen Respekt. Scheinbar üben Sie die Kunst der Hypnose auch hier in der Klinik aus. Wer außer Mrs Jordan gehört denn noch zu Ihrem neuen Patientenkreis?«
Die Psychologin zog eine Zigarettenschachtel aus ihrer Rocktasche. »Zehn Minuspunkte für Sie, Doktor. Es hat erstaunlich lange gedauert, bis Sie endlich geschaltet haben.«
Ein Feuerzeug klickte.
»In diesem Gebäude herrscht strengstes Rauchverbot! Machen Sie sofort die Zigarette aus!«
Genussvoll blies Mrs Franklin den Qualm in die Luft. »Wer will denn nun wem seine Macht demonstrieren? Die Zigarette bleibt an. Es sei denn, es interessiert Sie nicht, was ich zu sagen habe.«
»Also bitte.«
»Sie ist es, Percy!«, rief Mr Anderson aufgebracht. »›Mystery‹! Die dritte Anruferin!«
»Überlass unserer Psychologin das Wort, Kevin.«
»Die Nachtigall ist sehr krank. Man muss kein großer Experte sein, um das zu sehen. Man hat ihr die Flügel gestutzt. Ich habe mich ihrer angenommen, um den Grund ihrer Krankheit zu erfahren. Doch sosehr ich mich auch bemühte, der Vogel wollte kein Liedchen anstimmen. Da habe ich es mit Hypnose versucht. Und siehe da: Es kamen erstaunliche Dinge zu Tage. Tatsachen, die ›Mystery‹ Ihnen bereits in Ihrer Sendung in den Telefonhörer geflüstert hat, Mr Anderson.« Sie zog an ihrer Zigarette.
»Was fordern Sie?«, fragte der Moderator geradeheraus.
»Zweihundertfünfzigtausend Dollar und ein Attest!«
Dem Moderator fehlten die Worte. »Sie ... Sie sind wahnsinnig.«
»Das wäre ich, wenn ich diese Chance ungenutzt an mir vorüberziehen ließe.«
»Aber ... aber so viel Geld besitze ich nicht«, stammelte Mr Anderson. »Sie überschätzen mein Einkommen.«
»Und Sie unterschätzen meine Kenntnis, junger Mann«, entgegnete sie trocken. »Es kamen viele Patienten aus dem Showgeschäft in meine Praxis: Sänger, Schauspieler, Produzenten und Politiker. Ich weiß, was bei denen aufs Konto fließt. Appellieren Sie deshalb nicht an mein Mitgefühl und machen Sie hier nicht auf arme Kirchenmaus. Sie treiben damit nur meine Forderungen in die Höhe und verstimmen mich unnötig. Also seien Sie clever und willigen Sie ein. Es bleibt Ihnen sowieso nichts anderes übrig.«
»Was für ein Attest fordern Sie?«, fragte Dr. Freeman.
»Ein ärztliches Gutachten, das mir eine vorzeitige Entlassung aus dieser Klinik garantiert. In spätestens
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