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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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sind, bieten sie funfzig. Soll ich mich freuen, daß die Franzosen da sind, oder soll ich weinen, daß unsre Junkeroffiziere Schläge bekommen haben? Dein Vater ist ein reicher Mann, er hat Kredit, Freunde überall, die ihm längst hätten helfen wollen, wenn sie nur gewusst, daß er in Noth war. Nicht wahr, die Menschen sind doch besser, als wir denken, wir merken's nur nicht! Lebewohl, mein Junge, behalt' im Gedächtniß, daß der beste Rechner oft die größten Fehler macht. Wer weiß, wenn der Bonaparte mal 'ne Null zu viel schreibt! Drum rechne nicht zu viel, schone Dein Leben, denn Du musst rechnen, daß Du wieder eines reichen Mannes Sohn bist und sein Erbe; und Minchen Schlarbaum, vor der brauchst Du Dich nicht zu fürchten, wenn Du wiederkommst, sie wird wohl den Herrn Fuchsius heirathen. Drum bleibe meinethalben romantisch, hast Recht, ich muß ja jetzt auch romantisch sein, auf jeden Fall aber bleibe – ein Patriot!«
    »Platz!« rief es, der Hochzeitszug bewegte sich fort. Aber als der Geheimrath Lupinus mit der ihm eben angetrauten Geheimräthin nach dem Lustgarten schritt, rief es wieder: »Platz! Ihre Majestät die Königin!« Der Zug stiebte auseinander, als der Wagen sich langsam Platz machte. Charlotte hatte in der Kirche viel geweint vor Gemüthsbewegung, und sie hatte Gründe:
    der Tod ihres Wachtmeisters, die unverhoffte Ehre, zu der er ihr endlich verhalf, und der Verdruß, daß sie keine Kutschen und Pferde erhalten können. Die waren alle requirirt zum Transport und für die Fliehenden. Ein Brautzug zu Fuß hatte ihr eine Entwürdigung der Ehe gedünkt. Was aber war das gegen ihr Gefühl, ihre Bestürzung, nein, es war ein Donnerschlag, als man ihr auf die Schulter stieß: »Zurück! die Königin!« Die Königin hatte halten und warten müssen um Charlotten! – Sie sah das holdselige Gesicht der Königin, das verwundert über das Unerwartete zum Kutschenschlage herausblickte. Da war's um sie geschehen; es war zu viel. In ihrem Brautanzuge, der sehr kostbar war, aber doch vielleicht aus der Garderobe der seligen Frau Geheimräthin, war sie auf die Knie gestürzt, das schwere bauschigte Damastkleid im Gemüll der Straße! »Gnade, allerdurchlauchtigste Königin, aber ich kann nicht dafür. Er hat mich geheirathet.« Als die Königin, die vielleicht ein Bittgesuch vermuthete, den Kopf weiter vorbeugte, setzte der Geheimrath mit tiefer Verbeugung hinzu: »Majestät, nur wegen der allgemeinen Kalamität.«
    Ob die Königin in ihren Schmerzen gelächelt, ob sie wirklich eine Bewegung mit der Hand gemacht, die für eine Segnung gelten konnte? Sie hatte sich schnell wieder in die Kutsche zurückgelehnt. Alles war das Werk des Augenblicks. Walter zuckte plötzlich auf. Der Brautzug trennte ihn noch von jener Wagenreihe; aber er sah eine weibliche Gestalt in Trauer sich aus der dritten Kutsche hinauslehnen und dem alten Alltag einen Scheidekuß geben. Es war Adelheid. Ihre Augen trafen sich. »Eine junge Wittwe, die Frau von Bovillard,« sagte Jemand neben ihm. Der Wagen rollte den andern nach. Adelheid sah noch einmal hinaus und winkte mit dem Tuche, er wusste nicht, ob ihm, ob ihrem Vater. Durch die Pappeln schwirrte ein Luftzug; ihm war es, als säusele er: Auf Wiedersehen!
    »Rebutant!« sagte die Gräfin Voß, als die königlichen Wagen außer dem Thore waren. »Daß Ihro Majestät zuletzt ein solcher ridiculer Auftritt in Dero Residenz begegnen musste. Man sieht, es ist mit aller Ordnung und Dehors dort aus.«
    Man musste Zeit gehabt haben, vielleicht um sie zu zerstreuen, die Fürstin von den Verhältnissen zu unterrichten. Auch hatte man sie aufmerksam gemacht, daß der alte wohlbekannte Kaufmann van Asten lächelnd an der Straße gestanden: »Er hätte doch wenigstens in solchem Augenblick seine Freude verbergen müssen.«
    Die Königin hatte schweigend dagesessen. Jetzt öffnete sie die Lippen: »Weshalb, meine Freunde, weil wir traurig sind und Millionen mit uns, sollen Alle trauern? Hat die Vorsehung es nicht so gefügt, daß während es hier Nacht ist, jenseits der Erde die Sonne scheint, und wir wissen, daß, wenn es dort dunkelt, hier der Tag anbricht. Wenn wir Alle in Finsterniß und Trauer vergingen, wie sollte der Hoffnungsstrahl uns erleuchten! Freuen wir uns doch, daß nicht alle Herzen brechen, daß sie sogar noch lachen können, während wir blutige Thränen weinen. Die heute ausruhen, sind morgen wach. – Ich will es als eine gute Vorbedeutung nehmen, daß wir eine Hochzeit,

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