Rund wie die Erde
mit sich reden. Die Wohnung riecht bis ins Klo, als säÃe man im Inneren einer Himbeere. Himbeerrot, wie es angeblich der Pullover im Kaufhaus Rothdauscher sein soll, ist plötzlich eine fragwürdige Farbe. Denn entweder der Pullover ist es nicht oder die Himbeeren. Beide Farben, das kann jeder sehen, haben überhaupt nichts miteinander zu tun.
Und das Himbeereis machen sie auch aus was anderem, sage ich zu Kitty. Das sieht man doch ganz deutlich.
Wahrscheinlich aus Zahnpasta, sagt sie zerstreut, und ihr Blick geht über viele Eimer voll roten Samtes, auf dem es sich weià ringelt.
Uh! sage ich. Ãh. Würmer!
Das sind eigentlich nicht direkt Würmer! antwortet Kitty, noch immer nicht bei der Sache, weil in ihrem Kopf die undurchschaubaren Umwandlungen der Eimer in Flaschen und Gläser und des sehr vergänglichen, ja, geradezu sichtbar vermatschenden und hinschmelzenden Eimerinhalts in etwas nahezu Ewiges stattfinden.
Ja, wir beugen uns weit zurück in eine Zeit, wo noch nicht in Bad Schwartau aus einer einzigen, riesengroÃen Himbeere eine einzige, riesengroÃe Marmelade für Europa und Ãbersee gemacht wurde.
Es sieht zwar aus wie Würmer, sagt Kitty, deren Berech
nungen zu irgendeinem Abschluà gekommen zu sein scheinen, und sie läÃt fürs erste den Gedanken an mögliche Katastrophen beiseite, zum Beispiel, daà die Hausmädchen ihre Tage haben und nichts davon sagen, so daà wenig später alle Gläser aufgehen, wie man weiÃ.
Es hat nur den Anschein, als seien es Würmer, sagt sie in die Eimer hinein, wo die Anscheine zeigen, daà sie einen Anfang und ein Ende haben, der Anfang nämlich ist ein schwarzes Pünktchen, das heben sie und schwenken es suchend hin und her. Ihre Verwandten können sie nicht suchen, denn immer mehr von ihnen kommen aus der erstickenden Tiefe der Eimer hervorgekrochen und zeigen sich den Obengebliebenen.
In Wirklichkeit sind sie nichts als Himbeeren. Woraus sonst sollen sie bestehen? Das frage ich dich. Du bist doch gut in Naturkunde. (Biologie hieÃ, solange es irgend ging, Naturkunde. Man schaffte den Namen ab, als er sich immer schwieriger erklären lieÃ.)
Wenn sie nur Himbeeren sind, sage ich, warum sehen sie dann nicht wie Himbeeren aus?
Ach, antwortet sie und blickt in eine Ferne, von der sie denkt, daà ich nicht weiÃ, was in ihr vorgeht. Ich weià es aber ganz genau, denn mein GroÃvater, ihr Mann, hat sich vor kurzem in eine Telefonstimme verhört, dunkel und schwer wie Marsalawein, hat er in einem unvorsichtigen Moment gesagt, und alle waren froh gewesen, als er die Stimme eingeladen hatte und ihre Besitzerin ganz und gar nichts von dem hielt, was sich indessen nicht nur mein GroÃvater versprochen hatte. Nein, das ist ein Gestell, hieà es allgemein, mach dir keine Sorgen, Kitty, wenn unten im zweiten Stock im Büro was passiert, hörst dus oben klappern.
Ach, weit gefehlt! Sie war dunkler Marsalawein und sah deshalb auch entsprechend aus, basta.
Wieso ist das so schwer zu verstehen? sagte Kitty. Sie sehen zwar nicht genau wie Himbeeren aus, aber sie sind immer in der Himbeere gewesen, sie leben in Himbeere, sie essen Himbeere, folglich sind sie es. Du könntest sie übrigens absammeln! Ich verschwinde sehr schnell. Deshalb bleibt mir auch die erste Phase des Umwandlungsprozesses verborgen.
Man kann Schnaps daraus machen! sagt Battist und schaut angeregt in die Eimer. Da macht das mit den Maden nichts aus. Der Alkohol reinigt alles.
Battist ist Kittys Bruder, ihr jüngerer Bruder, einsneunzig, zweizentnerdreiÃig und kahl wie ein Apfel, aber nicht, weil er keine Haare hätte, sondern weil ihm jeden Morgen der Friseur den Schädel rasiert. Battist heiÃt eigentlich Jean-Baptiste und haÃt Zeitverschwendung. Kämmen ist Zeitverschwendung. Battist ist reich und mächtig, alle Mädchen in ganz Rheinhessen sind ihm verfallen, ach! und Battist haÃt das Neinsagen ebenso wie Zeitverschwendung. Gott sei Dank bleiben all die tausend Lieben folgenlos, auch die erlaubte, leider. Das macht aber gar nichts. Ich reiche zu dieser fernen Beerenzeit Battist bis zum Knie und weià über alles Bescheid.
Schnaps! sagt seine Schwester liebevoll. Das kannst du daheim machen. Hier wird Saft und Gelee gemacht, das heiÃt, wenn das Gelee fest wird. Sonst eben nur Saft.
Ah, dieser Saft! In reinem WeiÃwein angesetzt, schieden sich die Früchte rasch von ihren
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