Runenschild
annährend so bezaubernd
ist wie deine kleine Freundin da. Ihr braucht euch nicht zu
fürchten. Keiner von uns würde zulassen, dass einer so
reizenden jungen Lady auch nur ein Haar gekrümmt würde, nicht wahr, Jungs?«
Die anderen grummelten zustimmend und eine vorsichtige Erleichterung machte sich in Dulac breit. Natürlich
wusste er nicht, ob er diesen Männern wirklich trauen
konnte – aber welchen Grund sollten sie haben, ihn anzulügen? Sie waren zu fünft und jeder Einzelne von ihnen
wirkte kräftig und kampferfahren genug, um es alleine mit
einem erschöpften jungen Paar aufzunehmen.
Der Wirt würde wohl kaum eingreifen, wenn ihnen danach war. Was immer die Männer ihm und Gwinneth tun
wollten – sie mussten glauben, es ohne große Gegenwehr
durchsetzen zu können. Sie hatten es nicht nötig, ihm etwas vorzumachen.
»Aber jetzt erzählt«, fuhr Sean fort. »Ihr seid also aus
Camelot. Dann habt ihr bestimmt Aufregendes zu berichten. Habt ihr die Belagerung miterlebt?«
»Wir sind vor dem Krieg geflohen«, antwortete Dulac –
was ja sogar irgendwie der Wahrheit entsprach. »Und
während des Ansturmes der Pikten hatten wir uns im Keller versteckt.«
»Was euch nicht besonders viel geholfen hätte, hätten
die Pikten die Mauern gestürmt«, fügte einer von Seans
Brüdern hinzu. »Glaubt mir, ich kenne diese Barbaren. Ich
habe schon gegen sie gekämpft.«
»Wir alle haben das«, sagte Seans Onkel und stellte ein
übertriebenes Frösteln zur Schau. »Sie kennen keine Gnade. Und sie kämpfen wilder als die Tiere.«
»Was uns aber nicht daran gehindert hat, ihnen die
Schädel einzuschlagen«, grinste Sean.
»Ihr wart im Krieg?«, fragte Gwinneth. »So … könnte
man es nennen, ja«, antwortete Sean. Er tauschte einen
raschen Blick mit seinen Brüdern, und das – zusammen
mit dem fast unmerklichen Zögern in seinen Worten –
sagte Dulac eine Menge mehr über diese Männer, als ihnen lieb sein konnte.
»Aber jetzt erzählt«, verlangte Sean aufgeregt. »Ihr seid
also aus Camelot? Ist diese Stadt wirklich so prachtvoll,
wie man sagt? Ich habe gehört, ihre Mauern und Türme
wären aus purem Gold.«
Dulac unterdrückte ein Lächeln, aber er beantwortete
gehorsam und geduldig alle Fragen, die Sean und seine
Brüder ihm stellten. Es waren ihrer nicht wenige und ein
paar davon brachten Dulac und Gwinneth auch in Verlegenheit. Schließlich gaben sie eine Geschichte zum Besten, die sich so nahe an der Wahrheit orientierte, wie Dulac es gerade noch vertreten konnte: Er blieb, was er war,
nämlich ein Küchenjunge aus Camelot, und aus Gwinneth
machten sie die Tochter eines reichen Bauern, dessen Hof
von den marodierenden Pikten gebrandschatzt worden
war, sodass sie beide ihr Heil in der Flucht gesucht hatten.
»Und wir waren bei weitem nicht die Einzigen, die danach loszogen, um irgendwo ein warmes Plätzchen zum
Überwintern zu finden«, schloss er. »Deshalb mussten wir
auch immer weiterziehen: Lebensmittel und Unterkünfte
sind selbst ein paar Tagesritte von Camelot entfernt ausgesprochene Mangelware.«
Seine Geschichte hatte lange gedauert, denn Sean und
seine Brüder hatten ihn immer wieder unterbrochen und
unzählige Fragen gestellt. Es schien nichts zu geben, was
sie nicht interessierte, und Dulac hatte mehr als einmal das
Gefühl gehabt, dass ihm die Brüder seine Geschichte nicht
unbedingt abnahmen. Zwischendurch brachte der Wirt das
bestellte Essen, das nicht unbedingt besser ausfiel als die
erste Portion, aber deutlich reichhaltiger war. Zum ersten
Mal seit mehr als einer Woche hatte Dulac das Gefühl,
wirklich satt zu sein, als er seinen Teller schließlich zurückschob. »Wie viele mittlerweile aus Camelot und seiner Umgebung geflohen sind, wissen wir nicht. Nur dass
die meisten von ihnen Haus und Hof verloren haben.«
»Und manche auch ihr Leben«, ergänzte Seans Onkel.
»Ich habe gehört, dass die Pikten die Flüchtlingstrecks
überfallen um sie zu plündern. Artus hat seinen Untertanen keinen guten Dienst erwiesen, als er sie fortgeschickt
hat.«
»Aber es geschah in bester Absicht.« Sean trank einen
gewaltigen Schluck Bier und bedeutete dem Wirt, ihm
einen neuen Krug zu bringen. Wenn die Männer so weitermachten, dachte Dulac, dann waren sie in längstens
einer Stunde sinnlos betrunken. »Ein König, der seine
Soldaten wegschickt, damit sie nicht in der Schlacht fallen? Wer hätte so etwas schon einmal gehört?«
»Kennst du König Artus?«, erkundigte
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