Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sich der älteste
von Seans Brüdern.
»Kennen?« Dulac machte eine Bewegung, die einer Mischung aus Kopfschütteln und einem angedeuteten Schulterzucken nahe kam. »Ich habe ihn ein paarmal gesehen,
auf dem Weg zur Burg oder zurück, aber nur von weitem.
Hoch zu Ross. Wir hatten ein einfaches Gasthaus, in das
Artus und seine Ritter niemals einkehrten. Wahrscheinlich
wussten sie gar nicht, dass es uns gibt.«
»Was sie aber nicht daran gehindert hat, euch mit Steuern und Abgaben zu belegen«, donnerte Seans Onkel.
»Verdammtes adeliges Pack!«
»Ihr mögt den Adel nicht?«, erkundigte sich Dulac
harmlos. Der neue, beinahe hasserfüllte Unterton in der
Stimme des fast kahlköpfigen Iren war ihm keineswegs
entgangen.
»Du vielleicht?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Dulac vorsichtig. »Um
ehrlich zu sein, habe ich niemals wirklich darüber nachgedacht. Es war schon immer so.«
»Ja, es war schon immer so, dass die Reichen den Armen das Wenige nehmen, was sie haben, um noch reicher
zu werden.« Sean lächelte noch immer, aber da war plötzlich etwas Neues in seinem Blick, das Dulac zur Vorsicht
gemahnte.
»Dafür geben sie uns Schutz«, gab Dulac zu Bedenken.
»Artus’ Ritter beschützen Camelot schon seit einer halben Ewigkeit.«
Seans Onkel wollte widersprechen, doch Sean brachte
ihn mit einem raschen Blick zum Schweigen. »Du bist
noch nicht sehr alt, Dulac. Wahrscheinlich glaubst du
wirklich noch an das, was du da von dir gibst.«
»Ist es denn nicht so?«
»Wenn du Glück hast und alt genug dazu wirst, verstehst
du vielleicht in ein paar Jahren, was ich meine.« Sean leerte einen weiteren Becher Bier mit einem einzigen Zug und
knallte ihn so wuchtig auf den Tisch, dass eine Ecke des
Tongefäßes absplitterte und davonflog, dann lachte er.
»Aber jetzt genug! Reden wir über euch. Was habt ihr
vor? Wo wollt ihr hin?«
»Das wissen wir noch nicht«, gestand Dulac. »Wir suchten nur Schutz vor den Pikten und dem nahenden Winter.«
»Und jetzt wisst ihr nicht, wohin und wie es weitergeht«,
vermutete Sean. »Ihr könnt ein Stück mit uns reiten, wenn
ihr wollt. Es ist sicherer, als allein unterwegs zu sein.«
Plötzlich wirkte er sehr ernst. »Deine Freundin ist eine
sehr schöne junge Frau, Dulac. Du solltest sie nicht unnötig in Gefahr bringen.«
»Wohin seid ihr denn unterwegs?«, fragte Dulac
vorsichtig.
»Nach Norden«, antwortete Sean. »Ein Stück an der Küste entlang und dann sehen wir weiter. Männer, die mit
ihren Schwertern umzugehen wissen, werden heutzutage
überall gebraucht.«
»Ihr seid Söldner«, vermutete Gwinneth.
»Wenn es sich anbietet«, antwortete Sean gleichmütig.
Wahrscheinlich waren sie eher Räuber, dachte Dulac –
soweit das überhaupt ein großer Unterschied war. Er sah
zu, wie Sean sich einen neuen Becher Bier eingoss und ihn
erneut in einem einzigen Zug hinunterstürzte, und korrigierte seine Einschätzung, wie lange es noch dauern würde, bis der Ire betrunken vom Stuhl fiel, ein gutes Stück
nach unten. Und das war auch gut so. Er glaubte mittlerweile nicht mehr, dass Gwinneth oder ihm von diesen
Männern wirklich Gefahr drohte, aber sie würden sich
trotzdem von ihnen trennen, so schnell es nur ging. Söldner oder Räuber – Männer wie sie zogen das Unglück an.
»Ich bin müde«, sagte Gwinneth. »Lass uns schlafen gehen.«
»Du hast Recht.« Dulac streckte die Hand nach seinem
erst halb geleerten Becher aus, zog sie dann aber zurück
und stand auf. Er hatte genug getrunken für einen Abend.
So müde, wie er war, würde er ohnehin wie ein Toter
schlafen.
Sean prostete ihm zu. »Viel Spaß«, sagte er mit einem
anzüglichen Grinsen.
Gwinneth schien selbst zu müde zu sein, um auf diese
Bemerkung zu reagieren. Sie schlug ihre Kapuze wieder
hoch, schloss ihren Mantel und verließ hinter Dulac den
Schankraum.
Der Sturm hatte noch zugenommen und peitschte ihnen
den Schnee jetzt fast waagerecht in die Gesichter; rasiermesserscharfe, winzige Klingen, die schmerzhaft in ihre
ungeschützte Haut bissen und wie Nadeln in ihre Augen
stachen. Der Wind war so kalt, dass selbst das Luftholen
wehtat. Im Fell des Ponys hatten sich Eiskristalle festgesetzt, sodass das Tier jetzt eher weiß als braun aussah, und
im allerersten Moment fürchtete Dulac fast, sie hätten das
Pferd umgebracht in der knappen Stunde, die sie es draußen in der Kälte angebunden stehen gelassen hatten. Der
Knoten, den er in den Zügel gemacht hatte, war zu hartem
Stein

Weitere Kostenlose Bücher