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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Fremden pumpt in einem dicken Strahl in ihr Maul. Die Wölfin spürt, wie die Flüssigkeit aus der klaffenden Wunde über ihre Schnauze spritzt, jeder Abstand zwischen einem Strahl und dem nächsten der Schlag eines Herzens, dessen Kraft erlischt. Der Körper unter ihren Pfoten bebt, er gibt ein gurgelndes Röcheln von sich und erschlafft. Sie weiß, dass es das Leben dieses Mannes ist, das sich in der kalten Nachtluft dampfend über ihr Fell ergießt und ihre Kehle hinabläuft. Dieses Wissen überschwemmt all ihre erhöhten Sinne wie eine Sturzflut aus einem plötzlich gebrochenen Damm. Sie reißt den Kopf zurück, starrt aus leuchtend roten Augen hinauf zu dem hellen Licht am Himmel und stößt ein Heulen aus, das von den Wellen des nahe gelegenen Dämmersees weit auf das Wasser hinausgetragen wird. Ihr eigenes Leben steckt in dem lauten Ruf, vermischt mit dem Leben ihrer Beute, das sie in sich aufgenommen hat. Diese Kraft rauscht durch all ihre Glieder wie ein Sturm, der sie auseinander zu reißen droht. In dem wilden Grollen, das aus den Tiefen ihrer Kehle emporgestiegen ist, wie um das weiße Himmelslicht blutrot zu färben, liegt ihr Wesen bloß und ungetrübt von all den Schleiern, die ihren menschlichen Körper umgeben wie Masken.
    »Gebt Acht!«, würde dieses Heulen rufen, wenn es Worte fände. »Ich bin das Leben selbst, sein Willen und seine Kraft, die alles zu Boden schmettert, was dagegen aufbegehrt. Ich beende Leben, um mein eigenes zu verlängern, denn dies ist der Weg jedes Wesens in den Welten unterhalb der Schicksalsfestung, die von der Träumenden ins Leben gerufen wurden.
    Eines Tages wird auch meine Kraft dem Leben eines anderen dienen, eines Tages wird sich der Jäger in die Beute verwandeln, denn das Rad des Lebens lässt niemanden an derselben Stelle verweilen.
    Doch dieser Tag ist nicht heute. Heute Nacht lodert das Feuer des Lebens hoch in mir, heute Nacht zerfleische ich, was ich zu Boden geworfen habe, und die Kraft meines Gegners verwandle ich mit Klauen und Zähnen in die meine, sodass die Fackel meines Lebens eine weitere Nacht hindurch brennt!«
    Doch keine Worte entkommen dem Rachen der Wölfin, nur das laute Heulen, das in die Nacht emporsteigt und dem dunklen Wald ihr Dasein verkündet. Lange dauert es an, dann senkt sie den Kopf und schlägt die Zähne in die Beute, die sie zur Strecke gebracht hat. Sie ist kaum hungrig und frisst nur wenig von dem Fleisch des Menschen. Schon bald wendet sie sich von dem Bein des Toten, das sie aufgerissen hat, ab und blickt angestrengt über die finstere Oberfläche des Sees. Jetzt, da der Rausch des Blutes in ihren Adern abzuklingen beginnt, vernimmt sie die Stimme des Wächters im Brausen des Windes, die Stimme, die ihr befohlen hat zu jagen, obwohl sie nicht hungrig war.
    Gut gemacht, mein Kind! Du hast deine Aufgabe erfüllt, wie es deine Bestimmung war. Komm nun zu mir!
    Die Wölfin versteht die Worte in ihrem Geist nur schwach. Die Menschenfrau, an die ein tief verborgener Teil von ihr sich dunkel erinnert, ist mit dem Aufgehen des Mondes verschwunden und hat fast ausschließlich das Tier zurückgelassen, das mit der Sprache der Menschen nichts anzufangen weiß. Aber sie fühlt die Zufriedenheit des Wächters, die sie umfängt wie der warme, geborgene Körper eines säugenden Muttertiers ihre Welpen. Dieses Gefühl ist eine ebenso deutliche Botschaft. Die Augen der Wölfin wenden sich der Oberfläche des Sees zu. Der Vollmond spiegelt sich auf dem ruhigen Wasser. Plötzlich erwächst aus diesem hellen Fleck ein riesiges Tier, das sie unverwandt mustert. Es ist der Wächter ihres Stammes, der sich ihr zeigt – Talháras , der Weiße Wolf.
    Im Licht des Mondes schwebt er dicht über dem Wasser. Sein Fell glänzt in der Dunkelheit, er hat ihr den Kopf zugewandt. Aufgeregt läuft die Wölfin am Ufer auf und ab. Ihre Pfoten wirbeln nassen Sand auf. Er ist es! Talháras, der Urahn ihres Stammes, offenbart sich ihr aus der Welt der Geister!
    Ein lauter Ruf schallt über das Wasser an ihre Ohren. Ihr Fell sträubt sich, als sie die Stimme des Wächters vernimmt. Die Muskeln ihres Körpers spannen sich, als wäre sie im Begriff, über einen breiten Abgrund zu springen.
    Komm zu mir, mein Kind! Du weißt, wo du mich finden wirst. Suche meine Höhle auf! Niemand wird dich hindern. Zögere nicht länger!
    Die Gestalt des Weißen Wolfes beginnt, zu verblassen und sich wie Nebel auf dem Wasser zu verflüchtigen. Erneut sind es vor allem die Gefühle und

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