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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Stockwerke der Ruine. Hier wurden ausladende Balkone und ganze Straßen und Höfe geradewegs in die Klippen geschlagen. Die Mauern und Geländer, die Torbögen und Fenster sind nicht übermäßig verziert, sondern schlicht gehalten, trotzdem lassen sie die Kunstfertigkeit ihrer Erbauer erkennen. Die Bergmänner lieben einfache Formen. Vor allem schätzen sie es, ihre Arbeit aussehen zu lassen, als wäre sie ein Werk der Natur. Die vielen Türme und Erker der alten Stadt sehen aus, als hätten Wind und Regen sie ohne weiteres Zutun aus den riesigen Kalksteinklippen geformt.
    Der Weg der Wölfin führt sie die Wendeltreppe eines schmalen Turms hinauf bis zu dessen oberstem Raum, der völlig leer steht. Nirgends an diesem Ort finden sich noch Zeichen dafür, dass hier einst Zweibeiner gehaust haben. Die Stadt der Bergmänner gleicht einem Skelett, das schon so lange in der Sonne gelegen hat, dass inzwischen jeder Fetzen Fleisch, der einmal die Knochen bedeckte, verschwunden ist.
    Von der Spitze des Turms aus überquert die Wölfin eine weitere bogenförmige Treppe, die am Eingang einer Höhle in der rückwärtigen Felswand endet. Die Höhle befindet sich an einem der höchst gelegenen Punkte der steinernen Stadt. Vielleicht diente sie früher als einfacher Vorratsraum, vielleicht wollten die Bergmänner sie zu einem weiteren Wohngebäude ausbauen, ohne jemals dazu gekommen zu sein, diese Arbeit in Angriff zu nehmen. Was immer der Grund dafür sein mag, die Höhle blieb in ihrem natürlichen Zustand. Nun, da die einstigen Herren dieses Ortes lange gegangen sind, ist sie das Heim des Wächters.
    Zwei riesige graue Tiere schälen sich aus den Schatten rechts und links des Höhleneingangs, als die Wölfin sich der Felswand nähert, und versperren ihr den Weg. Es sind Artgenossen, die sogar sie an Körpergröße überragen. In der Dunkelheit wirken sie wie Statuen aus Granit, denen durch einen Zauber Leben eingehaucht wurde. Ihre Ohren haben sich aufgerichtet, ihre Köpfe wenden sich ihr aufmerksam zu. Sie sind keine Geister wie Talháras, sondern die Anführer ihres Stammes. Ihre Aufgabe besteht darin, den Ort des Wächters zu beschützen.
    Die Wölfin bleibt stehen und stößt ein Knurren aus. Das Geräusch ist nicht besonders laut, dennoch verleiht ihm die ansonsten völlige Stille dieses Ortes einen unheimlichen Klang. Ihre Artgenossen starren sie reglos an, ohne das Knurren zu erwidern. Plötzlich kommt Bewegung in die beiden. Ohne sich weiter nach ihr umzudrehen, laufen sie dicht an ihr vorbei und verschwinden über die Treppe in die Nacht. Der Eingang liegt unbewacht vor ihr.
    Langsam betritt die Wölfin die Dunkelheit. Obwohl sie dazu aufgefordert wurde, hierher zu kommen, fühlt sie sich seltsam scheu. Den Wächter aufzusuchen, ist keine alltägliche Angelegenheit. Es wurde ihr erst ein einziges Mal gestattet, in einer Vollmondnacht vor drei Wintern. Der menschliche Teil in ihr dringt bei dieser Erinnerung deutlicher als sonst zu ihrem wachen Verstand vor, denn es war ein einschneidendes Erlebnis: die Nacht ihrer Geburt als Wölfin. An diesem Ort begann sie, eine Jägerin zu sein und ihren Stamm zu beschützen.
    Etwas rührt sich vor ihr im Dunkel der Höhle. Das Geräusch von Pfoten auf dem nackten Steinboden dringt an ihre Ohren. Plötzlich fließt Helligkeit durch den finsteren Raum, ähnlich der leuchtenden Spur, die sie hierher führte, doch es ist nicht die tatsächliche Helligkeit des Mondscheins oder eines Feuers – es die Erinnerung der Wölfin an Talháras, der nun, gespeist von Geruch und Geräusch, seine Gestalt so deutlich in ihrem Verstand erstehen lässt, als schiene die strahlende Mittagssonne selbst auf ihn herab.
    Du bist schnell gekommen, mein Kind!
    Vor unvordenklich langer Zeit war er der Anführer des Stammes gewesen. Schon lange ist er in die Geisterwelt der Ahnen eingegangen, doch noch immer nimmt er Anteil an den seinen, zeigt sich ihnen, wenn der Stamm in Gefahr ist und seines Rates bedarf.
    Eine Schnauze streift ihre Seite. Sie spürt, wie der Wächter ihren Duft aufnimmt. Seine Zunge schnellt zwischen den Zähnen hervor und leckt an dem getrockneten Blut des Zweibeiners, das in Klumpen an ihrem Fell klebt.
    Die Wölfin weiß, dass Talháras nun von ihrer letzten Jagd erfährt, so gewiss, als hätte die Menschenfrau in ihr es ihm in den lauten und eigenartig abgehackten Worten der Zweibeiner erzählt.
    Ah, der Fremde war also alleine und hatte zwei Hunde bei sich. Jagdhunde.
    Seine

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