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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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hinter seinem Herrn aufrichtete. Doch das Furchterregendste an dem Tier waren die Augen. Sie funkelten trotz des Mondlichts, das dem Wald die Farben des Tages raubte, tiefrot und richteten sich zornig auf Harcalja, zwei glühende Kohlen, die wie wuchtige Geschosse mitten in seinen Geist einschlugen und ihn schier von den Füßen warfen. Im Blick dieses Ungeheuers las er seinen eigenen Tod.
    Der abgeschossene Pfeil steckte in der rechten Schulter des Wolfs. Aus den Augenwinkeln sah Harcalja, wie Arcon verzweifelt und knurrend mit aller Kraft versuchte, sich aus dem Griff des Angreifers zu befreien, der ihn mit seinem Gewicht zu Boden drückte. Sein Hauptaugenmerk allerdings galt dem Ungeheuer selbst, das nun eine Vorderpranke anhob, die gar nicht wie die eines Wolfes aussah. Er erkannte einzelne, behaarte Fingerglieder, die sich um den Pfeilschaft schlossen. Unter Ohren betäubendem Gebrüll riss sich das Tier den Pfeil aus der Schulter, schleuderte ihn ins Gebüsch und ließ sich mit seinem vollen Gewicht auf Arcon fallen.
    Der Jäger war wie gelähmt. Er konnte nicht fassen, wie dieser Wolf sich gerade mit einer regelrecht menschlichen Geste des Pfeils entledigt hatte. Für einige Augenblicke erfüllte seinen Verstand allein Arcons Jaulen, während das Raubtier die Zähne in den Hals des Hundes schlug, bis dessen Winseln von einem Moment auf den anderen verstummte und nur noch das heisere Keuchen des Ungeheuers zu hören war.
    Harcaljas Blase entleerte sich, doch er bemerkte es nicht. Erst als er die warme Nässe zwischen den Beinen spürte, rasten wieder zusammenhängende Gedanken durch seinen Geist. Er ließ den Bogen fallen und drehte sich um. Mit weit ausholenden Schritten rannte er die Anhöhe hinab, den Blick starr auf den kaum sichtbaren Waldboden gerichtet, um nicht über eine Wurzel oder einen Stein zu stolpern.
    Das konnte kein gewöhnliches Tier sein! Der Alte hatte Recht gehabt! In dieser Gegend hausten Geister, und was immer sich dort hinter ihm befand, es war einer von ihnen.
    Dann vernahm er über sein eigenes, lautes Keuchen hinaus das Grollen seines Verfolgers. Die kalte Nachtluft trocknete den Schweiß auf seiner Stirn, während er seine Anstrengungen verdoppelte. Bei jedem Einatmen durchfuhren heftige Stiche seine Leistengegend, doch er lief weiter auf das Seeufer zu, wo sich weniger Bäume befanden, die ihm im Weg standen.
    Zweige knickten hinter ihm. Ein lautes Knurren drang an sein Ohr. Harcalja wagte nicht, sich umzudrehen. Er rannte, rannte um sein Leben, aber etwas in ihm wusste längst, dass er verloren war, dass der einzige Grund, weshalb er überhaupt den aussichtslosen Versuch einer Flucht unternahm, das Grauen in der unmittelbaren Gegenwart dieses Ungeheuers war, der Blick in die Augen jenes anderen Jägers, der keinen weiteren Gedanken zuließ als den, sich ihm um jeden Preis zu entziehen.
    Er hatte gerade die Uferböschung erreicht, als etwas mit schier unglaublicher Wucht gegen ihn prallte und ihn mehrere Fuß vorwärtsschleuderte. Er landete hart auf dem sandigen Boden. Noch bevor er sich auch nur aufstützen konnte, um sich wieder auf die Beine zu rappeln, pressten ihn haarige Pfoten so schwer auf den Boden zurück, dass ihm vor Schreck und Schmerz die Luft wegblieb. Der Umriss des Wolfs türmte sich über ihm auf wie ein schwarzer Felsen. Der Kopf des Ungetüms näherte sich dem seinen, die hell schimmernden Zähne gefletscht, während tiefrote Augen ihn anstarrten und ihn jeder Kraft, sich zu bewegen, stärker beraubten als die Pranken, die auf seinen Brustkorb drückten. Über der Schulter des Wolfs hing der Vollmond am nächtlichen Himmel, weiß und ungerührt über das, was sich tief unter ihm in den Wäldern des Nordens ereignete. In seiner entsetzlichen Angst begann Harcaljas Blick zu verschwimmen. Für einen kurzen Moment sah er nicht mehr den runden Mond am Himmel, sondern ein riesiges weißes Rad, das von unsichtbaren Händen umgelegt wurde, ein Rad, auf das er geflochten war wie alles Lebende unter dem Himmel.
    Ay, die Herrin des Schicksals war eine Hure, und heute Nacht würde sie ihn aus ihrem Bett werfen, um einen anderen hineinzulassen. Hatte er nicht immer gewusst, dass es einmal so enden würde? Leute wie er starben in der Wildnis, nicht in den Betten der Städter. Am Ende hatte der Jäger sich in die Beute des Todes verwandelt, und dieses Wesen, das nun die Zähne in seinen Hals schlug, um sein heißes Leben zu trinken, war der Fleisch gewordene Tod.
    Das Blut des

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