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vielleicht bewundernd als „Stehaufmännchen“ bezeichnet. Ich meine damit die Fähigkeit, am Scheitern nicht zu scheitern. Oder anders ausgedrückt, die Fähigkeit, vom Stillstand wieder in Bewegung zu kommen.
Anfang 2009 hat ein amerikanischer Pilot eine spektakuläre Bruchlandung hingelegt: Chesley Sullenberger ist mit einem Airbus 320 im Hudson River bei New York notgewassert. Alle Insassen haben überlebt. Bestimmt war es für Sullenbergers Meisterleistung hilfreich, dass er nicht nur ein erfahrener Flugkapitän war, sondern auch, dass er als Ausbilder alle möglichen Katastrophenszenarien, darunter auch den unfallauslösenden doppelten Triebwerksausfall trainiert hatte. Die Katastrophe, mit der er zu tun hatte, war ihm also in seiner Vorstellungswelt und in praktischen Übungen dazu schon oft begegnet.
Das soll heißen: Nur Auszublenden ist auch keine Lösung. Bestimmte Risiken sind erwartbar, und es ist kein Fehler, sich damit auseinanderzusetzen. Wer mental vorbereitet ist oder mit dem Thema Schiffbruch schon Erfahrung hat, kommt möglicherweise besser wieder auf die Füße. Also, erster Schiffbruch-Kompetenz-Tipp:
Bereiten Sie sich vor auf die Risiken,
die Ihr eingeschlagener Lebensweg birgt.
Haben Sie einen Plan B, falls etwas schiefgeht?
Aber jetzt mal angenommen, der Schlag vor den Bug ist da, unsere Überlebenskunst ist gefordert. Auf einmal sind alle diese Gefühle da: Ärger, Schmerz, Zorn, Scham, Angst. Wir erinnern uns: Über Gefühle redet man nicht gern, in der Wirtschaftswelt nicht und sonst auch nicht. Aber genau das ist es, was der Schiffbrüchige jetzt am dringendsten braucht: jemanden, mit dem er über seine Gefühle sprechen kann.
Können Sie sich helfen lassen?
Sich-helfen-lassen-Können ist eine Top-Schiffbruch-Kompetenz. Sie irren, wenn Sie annehmen, das könne doch jeder. Es gibt allerhand Gründe, die Schiffbrüchige hindern, Hilfe anzunehmen: Oberflächlich sind das z.B. Zweifel an der Wirksamkeit und Kompetenz der Hilfe, etwas tiefer betrachtet sind es Furcht vor dem Gesichtsverlust,(„männlicher'“) Stolz, Manschetten vor den Konsequenzen, sich etwa ändern zu sollen. Denn ein Fazit aus dem Schiffbruch sollte sein, dass Sie wissen, wo Ihre Grenzen sind und künftig daran arbeiten, um nicht wieder auf dieselben Klippen zu laufen. Aber darüber sprechen wir später. Erst einmal gilt es, mit den Gefühlen wieder klarzukommen, denn wenn Sie sie unter den Teppich kehren, stolpern Sie bei der späteren Neuorientierung wieder darüber. Suchen Sie sich ein Gegenüber, das Sie schätzen – das kann ein professioneller Coach sein oder ein Freund. Sie werden sehen, das Reden hilft in vieler Hinsicht: Es entlastet, Ihre Gedanken klären sich und außerdem wird Ihr Schiffbruch dabei zu (einer) Geschichte. Er wird Vergangenheit, er wird Ihre Erzählung und dabei kann die Wunde vernarben.
Gemeinsam mit dem Unterstützer können Sie sich dann an die „Aufräumarbeiten“ machen. In unserer Vollkasko-Gesellschaft sind die Herausforderungen, die wir mit individuellem Scheitern verbinden, ja vergleichsweise abgedämpft. Kaum einer muss um sein Leben fürchten, es gibt, auch wenn sie beschwerlich sind, viele erprobte Wege, aus dem Tief wieder herauszukommen. Daraus folgt, was ich die „Relativität des Trümmerhaufens“ nenne. – Schauen Sie sich den Trümmerhaufen an, auf dem Sie sitzen: Könnte sich die Schwere Ihrer Privat-Katastrophe in Ihrer Einschätzung ändern, wenn Sie etwas Abstand davon nehmen?
Sicher, Distanz können Sie erst gewinnen, wenn Sie den ersten Schock überwunden haben. Das braucht, wie gesagt, Zeit und Unterstützung. Aber nach dieser ersten Erholungsphase gibt es viele Möglichkeiten, mal „von oben“ auf den eigenen Trümmerhaufen zu schauen und auszuleuchten, wie es dazu kam. Dabei ist es nützlich, innere und äußere Ursachen für den Schiffbruch zu unterscheiden. Hier ein paar Beispiele zu den unendlich vielen denkbaren inneren Faktoren, die zu einem Schiffbruch führen können: zu viel Perfektionismus, zu wenig Sorgfalt, zu wenig oder zu viel Steuerung, Steuerung ohne Blick auf die äußeren Bedingungen (Eisberg!), Steuerung ohne Blick auf die innere Gemütslage, Steuerung ohne Beachtung der Risiken („Plan B“). Es können auch äußere Bedingungen sein, die zum Schiffbruch führen: unvorhersehbare Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, im Unternehmen, unvorhersehbare Entwicklungen im privaten Umfeld. Die folgenden Fragen helfen Ihnen bei Ihrer
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