Sams im Glück
Ein doppelter Grund zu feiern
Es war ein wirklich schönes Fest!
Alle saßen um den großen Tisch, lachten, unterhielten sich, aßen Kuchen und Eis mit Sahne und tranken Kaffee oder Saft.
Was gefeiert wurde? Herr Taschenbier hatte Geburtstag!
Aber es gab noch etwas anderes zu feiern. Nämlich fünfzehn Jahre Sams!
Eigentlich waren ja schon weit mehr als dreißig Jahre vergangen, seitdem das Sams an einem Samstag zum ersten Mal bei Herrn Taschenbier erschienen war. Aber immer wieder hatte es gehen müssen.
Dann war das Sams eines Nachts wiedergekommen und hatte dem schlaftrunkenen Martin erzählt, dass es nun für immer bei Familie Taschenbier bleiben wolle.
Damals war Martin vierzehn Jahre alt gewesen. Jetzt war er neunundzwanzig, war mit seiner Jugendfreundin Tina verheiratet und hatte eine Tochter. Die hieß Betty und war sieben Jahre alt.
Seit fünfzehn Jahren war das Sams also ohne Unterbrechung bei Familie Taschenbier. Genauer gesagt: bei Bruno und Mara Taschenbier. Denn Martin war mit Tina nach Australien ausgewandert. Die Schafwolle Marke »Tashenbeer« war in ganz Australien berühmt und wurde sogar bis nach Europa verkauft.
Heute, beim großen Fest, saßen alle mal wieder zusammen. Martin, Tina und Betty waren aus Australien gekommen, Herr und Frau Mon aus dem Nachbarhaus.
Anton und Annemarie Mon waren Taschenbiers älteste Freunde. Frau Mon war früher mal Herrn Taschenbiers Vermieterin gewesen. Damals hatte sie noch Rotkohl geheißen und hatte oft mit Herrn Taschenbier geschimpft. Seit sie mit Herrn Mon verheiratet war, schimpfte sie viel weniger.
Frau Mon hatte nicht nur einen selbst gebackenen Apfelkuchen beigesteuert, sondern auch einen riesigen Mohnblumenstrauß aus dem eigenen Garten mitgebracht.
Betty saß zwischen ihren Eltern und schaute immer wieder zum Sams hinüber.
»Warum hat das Sams so eine lustige Nase?«, flüsterte sie ihrer Mutter zu.
Das Sams hatte sie aber gehört.
»Eine lustige Nase ist mindestens eineinhalbmal besser als eine traurige Nase«, sagte es und legte sich gleich drei Stück Kuchen auf einmal auf den Teller.
»He, du isst uns ja alles weg!«, rief Betty.
»Entschuldigung«, sagte das Sams. »Da habe ich mir wohl völlig versehentlich, irrtümlich und unabsichtlich ein Stück zu viel genommen.«
Es brach ein kleines Stück von einem der drei Kuchen ab und legte es zurück auf die Kuchenplatte.
Herr Mon nahm einen tiefen Schluck aus der Kaffeetasse, setzte sie ab, blickte in die Runde und sagte zu Herrn Taschenbier: »Bruno, euer Martin ist ein richtiger Mann geworden. Ja, das ist er. Dabei war er mal genauso groß wie das Sams. Und das Sams ist nicht größer als damals. Ist das nicht merkwürdig?«
»Ja, das ist es«, bestätigte Frau Mon. Sie hatte im Lauf der Jahre immer mehr die Sprechweise ihres Mannes angenommen.
»Das ist kein kleinstes bisschen merkwürdig«, sagte das Sams. Es sprach etwas undeutlich, denn es hatte sich gerade ein Stück Apfelkuchen, ein Stück Nusskuchen und einen großen Löffel Eis in den Mund geschoben.
»Es wissen die Bayern, es wissen die Hessen,
es wissen die Schwaben, es wissen die Sachsen.
Nur Herr und Frau Mon, die haben’s vergessen:
Ich werde so bleiben. Ich will gar nicht wachsen.«
»Darf man eigentlich fragen, wie alt du bist?«, fragte Frau Mon.
»Ja, das darf man«, antwortete das Sams und nahm sich noch ein Stück Kuchen.
Da vom Sams keine weitere Antwort kam, fragte sie wieder: »Wie alt bist du eigentlich?«
Das Sams blickte leicht entnervt zur Zimmerdecke.
»Das hab ich doch schon so oft erzählt. Muss ich es wirklich noch einmal sagen?«, fragte es.
»Ja, das musst du«, sagte Herr Mon.
»Na gut, na gut«, sagte das Sams. »Ich sag es euch. Schließlich ist es kein Geheimnis:
Ihr fragt nach dem Alter. Dabei ist doch klar:
Ich bin ein Jahr älter, als ich letztes Jahr war!«
Damit wandte sich das Sams wieder seinem Kuchen und dem Eis zu und zeigte damit, dass es diese Frage für beantwortet hielt und das Thema ein für alle Mal abgeschlossen war.
»Ja, Martin ist erwachsen«, sagte Frau Taschenbier mit einem liebevollen Blick auf ihren Sohn. »Und wir sehen uns leider viel zu selten. Dafür haben wir aber mit dem Sams ein Kind, das immer so bleiben wird, wie es jetzt ist. Gewissermaßen ein ewiges Kind.«
»Manchmal denke ich, mein Mann ist auch ein ewiges Kind«, sagte Frau Mon. »Ständig hat er irgendwelche kindischen Einfälle. Wie jetzt, mit seinem eigenen Zoo!«
»Ein eigener Zoo?
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