Runterschalten
alles abgeschlossen hatte, ist er regelrecht zusammengebrochen. Es war eine Burnout-Geschichte. In dieser Situation hat er beschlossen, runterschalten, und hat damals gekündigt. Dann hat er drei, vier Monate nichts gemacht und sich umorientiert. Und dann ging es wieder los mit neuem Elan. Aber das Runterschalten zu diesem Zeitpunkt war wichtig für ihn, obwohl es wirklich eine schwierige Geschichte war. So einfach den Job aufgeben, das ist nicht jedermanns Sache. Aber er hatte ein paar Rücklagen und bereut den Schritt nicht. Wenner wieder in dieser Situation wäre, würde er das wohl wieder ähnlich machen. Aber er hat jetzt ja auch wieder hochgeschaltet, ist somit also beweglich geblieben und voll belastbar.
Welche der folgenden Modelle empfinden Sie aus der Unternehmensperspektive als am geeignetsten, um runterzuschalten?
Teilzeit
Sabbatical
Elternzeit für junge Väter
Teleworking – Arbeit von Zuhause
Andere Modelle, die Unternehmen anbieten können?
Ich glaube, da lässt sich kein Pauschalurteil fällen. Das hängt viel zu sehr von den individuellen Bedürfnissen des Betroffenen und von den Rahmenbedingungen ab: Wie ist die berufliche und finanzielle Situation, was hat derjenige vor, und so weiter. Und es geht natürlich immer um zwei Seiten – einmal den Bewerber und dann das Unternehmen. Die Frage ist immer, ob es das Unternehmen auch mitmacht? Ich kenne viele Unternehmen, die sagen, wir wollen das nicht, das passt nicht in unser Bild. Besonders in kleineren und mittelständischen Unternehmen ist das noch wenig angekommen. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch große Konzerne, die auf ihrer Website mit ihrer Bereitschaft, zum Beispiel für Teilzeit, werben. Oder sie präsentieren sich in Stellenausschreibungen mit dem Stichwort „Work-Life-Balance“. Aber welches Modell nun vorzuziehen ist, lässt sich so nicht sagen – das hängt von der individuellen Situation ab.
Ist Runterschalten aus Unternehmenssicht überhaupt wünschenswert?
Das kommt darauf an und hängt von den Zielsetzungen des Unternehmens ab. Wenn das Unternehmen ein Interesse daran hat, seine Mitarbeiter langfristig zu halten, und weiß, dass der Arbeitnehmer nach einer Erholungsphase frisch und zuverlässig an seine Arbeit zurückkommt – warum nicht?
Angenommen, bei Ihnen bewirbt sich jemand mit eindeutig höherer Qualifikation auf einen Durchschnittsjob. Er gibt als Begründung an, dass er „runterschalten“ will. Kann er diesen Job aus Ihrer Sicht bekommen oder gibt es Hinderungsgründe?
Wir wollen ja immer den passenden Bewerber für das Unternehmen finden. Er muss also den Anforderungen entsprechen. Und das ist natürlich schwer, wenn jemand sagt, er will runterschalten. Da stellen sich dem Unternehmen Fragen wie: Wird er mit der neuen Situation zufrieden zu stellen sein, ist er langfristig ans Unternehmen zu binden und so weiter. Und außerdem gibt es den klassischen nine to five Job in dem Segment, in dem wir uns bewegen, kaum mehr. So hat sich das eben entwickelt aufgrund des herrschenden ökonomischen Drucks. Also wenn derjenige in ein dynamisches Umfeld vermittelt werden soll, wo viel Flexibilität gefragt ist, wird das schwierig. Auch wenn jemand überqualifiziert ist, ist das gegenüber einem Unternehmen kaum zu vertreten.
Ist das Runterschalten aus Ihrer Sicht ein „Karriereknick“?
Nicht unbedingt – bei meinem angesprochenen Bewerber war es nicht so, und bei anderen ist es das bestimmt auch nicht notwendigerweise. Es kommt auch immer wieder aufs Verkaufen an. Wie verkauft man dieses Thema „Runterschalten“? Es muss kein Karriereknick sein, ist aber sicherlich noch in einigen Unternehmen ein Dorn im Auge. Hier besteht noch Bedarf an Aufklärungsarbeit!
Sollte sich ein Bewerber dazu bekennen?
Das kommt auf das Unternehmen und das Gegenüber an. Gesellschaftlich ist der Trend da, aber bei den Unternehmen ist er noch nicht unbedingt angekommen.
Glauben Sie, dass Unternehmen von Menschen, die runterschalten, auch profitieren können?
Klar, logisch. Ein Mensch, der runtergeschaltet hat, steht dem Unternehmen doch wieder voll belastbar und einsatzbereit zur Verfügung und geht mit neuem Elan an seine Arbeit. Außerdem kann er anderen Angestellten, die in ähnlicher Situation sind, möglicherweise Hilfestellung und Anregungen geben.
Laut Weltgesundheitsorganisation ist Stress die Gesundheitsgefährdung Nr. 1 weltweit und auch ein enormer Kostenfaktor. Wird aus Ihrer Sicht in Unternehmen genug gegen Stress getan?
Nein,
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