Runterschalten
nur in einem Punkt einig: Alle meinen, dass die Politik, immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern zu verteilen, nicht hilfreich ist, um den Stress in Unternehmen zu verringern. Allerdings wird auch deutlich, dass Vorsicht und Diplomatie in dem Maß zunehmen, in dem der Interviewpartner einem Unternehmen verpflichtet ist. Kein interner Personalmanager wird beispielsweise verlauten lassen, dass Teilzeitkräfte nicht die gleichen Karrierechancen hätten wie Vollzeit-Beschäftigte. Laut Gesetz stehen beiden die gleichen Chancen zu – nach der Praxis in den meisten Unternehmen allerdings nicht.
Das Thema ist komplex, es kommt auf das Unternehmen an, auf die einzelnen Ansprechpartner – und, wie Jens Seeberger betont, sicher auch darauf, wie der Einzelne sein Runterschalten „verkauft.“
Die gesellschaftliche Akzeptanz fürs Runterschalten fehlt
Im Gespräch mit Personalmanager Dr. Christoph Röhrs
Dr. Christoph Röhrs ist Interims-Manager und Unternehmensberater mit Schwerpunkt deutsches Personalwesen und angelsächsisches Human Resources Management. Er hat 20 Jahre Berufserfahrung, und ist in Großindustrie und Mittelstand entlang der gesamten Prozesskette von Einstellung bis Outplacement tätig. Als Interimsmanager im Personalwesen kennt er die Innenansichten etlicher deutscher und amerikanischer Unternehmen mit Sitz in Europa.
Herr Dr. Röhrs, was meinen Sie, wie stehen die Zeichen der Zeit – gibt es in einer Krise mehr oder weniger Menschen, die runterschalten wollen oder können?
Meiner Ansicht nach gibt es weniger Menschen, die im Angestelltenverhältnis runterschalten können, weil die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes alles überlagert. Das gilt auch, weil das Thema Runterschalten meiner Einschätzung nach nicht für die gesamte Belegschaft eines Unternehmens prinzipiell in Frage kommt, sondern an sich nur für einen ausgewählten Kreis. Aber sicher hat die Rationalisierung, die eigentlich als Arbeitserleichterung gedacht war, einen zunehmenden Spiral-Effekt, den jeder Mensch mitträgt. Und dann kommt es vielleicht zu Burnout-Phänomenen und die Menschen sagen, es ist zu Ende mit dem Lebensstil, den ich bisher hatte, ich muss jetzt runterschalten.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Angestellten gemacht, die runterschalten wollen?
Mir ist das nur individuell begegnet. Ein Beispiel: Bei einem – wie man heute sagt – Global Player gibt es extra ein Referat für „Burnout“. Das kommt so nicht an die Öffentlichkeit, aber wenn Sie mit den Menschen sprechen, dann hören Sie, wir sind die Größten, Besten, Schönsten, und das bleiben wir, indem wir mehr leisten als die anderen. Ich glaube, dass es der Preis für die hohe Position am Weltmarkt ist, dass Burnout dort ein Thema ist.
Der Effizienzgedanke spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Ich habe ja häufig in angelsächsischen Unternehmen gearbeitet, alle davon in ihrer Art sicherlich Weltklasse. Die sind da sehr rigide in ihrer Firmenpolitik und das kollidiert mit unserem deutschen Verständnis. Der angelsächsische Ansatz ist völlig tayloristisch ( siehe hier ), und da ist auch mitreden gar nicht gewünscht, jedenfalls nicht in den mittleren Hierarchien. Da kommt die Effizienz noch mal ganz anders ins Spiel, nämlich über die Austauschbarkeit. Das ist etwas anderes als der hier –nicht überall – vorherrschende ganzheitliche Ansatz. Ein deutscher Facharbeiter, den es sonst in der Welt ja auch nicht gibt, hat eine Ausbildung hinter sich, durch die er viel weiß und kennt. So etwas gibt es in Amerika, Australien, Großbritannien, Indien nicht. Hierzulande würde man sich mit einem Facharbeiter zusammensetzen und sagen, da stimmt Ihre Leistung nicht, was ist denn da los? Und dann kann man da was machen. Beim Austausch-Prinzip gibt es nur zwei Warnungen, und dann war es das, und dann kommt der Nächste dran.
Welche der folgenden Modelle empfinden Sie aus der Unternehmensperspektive als am geeignetsten, um runterzuschalten?
Teilzeit
Sabbatical
Elternzeit für junge Väter
Teleworking – Arbeit von Zuhause
Andere Modelle, die Unternehmen anbieten können?
Ich bin bei allen skeptisch. Das Sabbatical ist meiner Erfahrung nach ein Luxusinstrument, das nur in Führungskreisen genutzt wird. Denn das heißt ja, dass der Arbeitsplatz freigehalten wird. Und so eine Arbeitsplatzgarantie, das können sich nur sehr gut betuchte Unternehmen leisten.
Die Teilzeit ist nach meiner Erfahrung ein besseres Ausbeutungsmodell als die Vollzeit. Es sind ja hier
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