Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
Vom Netzwerk:
sie, und er fragte, was sie für Leute wären, und wen sie erwarteten. Da verneigte sich der älteste Sohn tief und sprach: »Wir sind, o Herrscher, die Kinder des berühmten Ritters und ersten Helden in der Welt, des Vowa Korolewitsch, und der schönen Prinzeß Druschnewna; unser lieber Vater hat uns sehr jung im freien Felde unter einem weißen Zelte mit unserer Mutter und dem Ritter Polkan zurückgelassen, welchen die Löwen getödtet haben. Wir aber sind mit unserer Mutter von diesem Orte entflohen und suchten bis jezt unsern Vater in allen Reichen.«
    Hierauf umarmte sie Vowa Korolewitsch und rief dann aus: »Ach meine lieben Kinder, ich bin euer Vater und hoffte nicht, euch lebend zu sehen. Aber wo ist meine liebe Gemahlin, eure Mutter?«– Da zeigte Litscharda den Ort, wo sie die schöne Druschnewna gelassen hatten, und Vowa schickte sogleich seine nächsten Bojaren nach ihr. Als sie Vowa Korolewitsch wieder sah, war er sehr erfreut und befahl wegen solcher unerwarteten Freude, die Festlichkeiten zu verdoppeln, und zwei Monate den Unterthanen die Abgaben zu erlassen. Seinen treuen Wärter Simbalda belohnte er mit vielen Städten, und dessen Sohn Terwis heirathete die schöne Miliheria Saltanowna, und er schickte sie zu ihrem Vater und ließ ihm sagen, daß er seinen neuen Schwiegersohn lieben und ehren solle, und fügte hinzu, es sei ihm unmöglich gewesen, sie nach der Rückkehr seiner Gemahlin Druschnewna zu heirathen.
    Den Bruder Simbalda's, Dhen Ohen, schickte er nach dem Feste mit einem Heer in's armenische Reich, um dasselbe dem Orlop wieder zu entreißen, und befahl, ihm nach dem Siege bösen Tod zu geben, weil er nach dem Tode des Sensiboi Andronowitsch dessen Reich beherrscht hatte, und bestätigte die Botmäßigkeit des armenischen Königreiches dem Dhen und seinen Nachfolgern. Er aber blieb in seiner Stadt Anton und herrschte glücklich.
     

8. Der sanfte Mann und die zänkische Frau.
     
    Es lebte einmal ein Bauer mit seiner Frau in großer Armuth; der war so sanft wie ein Kalb, und sie so boshaft, wie eine Schlange. Sie schimpfte und prügelte ihren Mann um jeder Kleinigkeit willen. Eines Tages hatte sich die Frau bei ihrem Nachbar Getreide zu einem Brode ausgebeten und schickte ihren Mann damit in die Mühle, um das Getreide mahlen zu lassen. Der Müller nahm wegen ihrer Armuth nichts von ihnen, und ließ das Getreide mahlen. Als der Bauer das Getreide gemahlen wieder erhalten, ging er nach Hause. Da erhob sich auf ein Mal ein so heftiger Wind, daß alles Mehl aus der Schüssel, die er auf dem Kopfe trug, in einem Augenblicke heraus geblasen wurde. Er kam nach Hause und sagte es seiner Frau. Als sie dies hörte, fing sie an, ihn zu schimpfen und unbarmherzig zu prügeln, und sie prügelte ihn so lange, bis sie müde war, und schickte ihn zu dem Winde, der ihm das Mehl weggeblasen hatte, damit er Geld dafür nähme, oder eben so viel Mehl, als er in der Schüssel gehabt. Als der Bauer so schwere Mißhandlung von seiner Frau erlitten hatte, ging er weinend aus seinem Hause, wohin? wußte er selbst nicht, und kam in einen großen finstern Wald und ging darin herum. Da kam ihm ein altes Weib entgegen und fragte ihn: »Guter Mann, wo gehst du hin, und wohin richtest du deinen Weg? Wie bist du in diese Gegend gekommen, wohin selten ein Vogel fliegt und selten ein Wild läuft?« – »Altes Mütterchen,« antwortete er, »mich hat der Zwang hierher getrieben. Ich ging in eine Mühle, um Getreide zu mahlen, und als ich es gemahlen hatte, schüttete ich das Mehl in eine Schüssel und ging nach Hause. Da erhob sich plözlich ein so heftiger Wind, daß alles Mehl aus der Schüssel geweht wurde. Ich kam also ohne Mehl nach Hause und sagte es meiner Frau; dafür hat sie mich nun geprügelt und zu dem Winde geschickt, daß er mir das Mehl zurückgebe oder Geld dafür bezahle. Jezt gehe ich herum und suche den Wind, und weiß nicht, wo er zu finden ist.« – »Folge mir,« sagte die Alte. »Ich bin die Mutter der Winde und habe vier Söhne: der erste Sohn ist der Ostwind, der zweite der Südwind, der dritte der Westwind, der vierte der Nordwind. So sage mir nun, welcher Wind dein Mehl fortgeblasen hat.« – »Der Südwind, Mütterchen,« antwortete der Bauer.
    Die alte Frau führte den alten Mann tiefer in den Wald und brachte ihn an eine kleine Hütte und sagte: »Hier wohne ich, Bauerchen, krieche auf den Ofen und wickele dich ordentlich ein. Meine Kinder werden bald kommen.« – »Warum soll ich mich

Weitere Kostenlose Bücher