Russische Volksmaerchen
Uril und gab ihm von seinem Heere eine Million und fünf Mal hundert tausend, um Vowa und Polkan mitzubringen. Zar Uril ging in seine Gemächer und legte sich mit der Zarin schlafen. Polkan aber trat an die Thüre des Schlafzimmers und horchte, was der Zar von ihnen sprechen würde. Der Zar sagte seiner Gemahlin, daß er seine beiden Söhne als Geißel bei Markobrun gelassen habe, damit er ihm Vowa, Druschnewna und Polkan ausliefere. Da sprach die Zarin zu ihm: »Mein lieber Gemahl, es ist unmöglich, sie auszuliefern.« Darauf schlug sie der Zar in's Gesicht und sprach: »Die Weiber haben langes Haar, aber kurzen Verstand.« – Als dies Polkan hörte, ergrimmte er, öffnete die Thüre, trat in das Schlafzimmer, nahm den Zaren beim Kopf, warf ihn auf den Boden und tödtete ihn.
Darauf sah Polkan auf den Zarenhof, und gewahrte, daß der Hof gefüllt war mit Markobrun's Kriegern. Da nahm Polkan Vowa's Schlachtschwert und erschlug zehntausend Krieger, verjagte die übrigen aus der Stadt Kostel, machte die Pforte zu und verschloß sie fest. Dann kehrte er in das Schloß zurück, weckte den Vowa Korolewitsch auf und erzählte ihm Alles, was vorgefallen war, und Vowa Korolewitsch küßte ihn und dankte ihm für seinen treuen Dienst. Dann rüsteten sie sich und ritten aus der Stadt gegen Markobrun's Heer. Da fing Vowa Korolewitsch von der rechten, und Polkan von der linken Seite an, und sie schlugen das ganze Heer Markobrun's nieder und befreiten die Kinder des Zaren Uril aus der Gefangenschaft, und Zar Markobrun entfloh mit wenigen von seinem Heere in sein sadonisches Reich und legte sich, seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln einen Schwur auf, nie Vowa zu verfolgen.
Vowa und Polkan kehrten mit den beiden Söhnen des Zaren Uril in die Stadt Kostel zurück. Sie kamen in dem Schlosse an, und Vowa sprach zur Gemahlin des Zaren Uril: »Hier hast du deine Kinder, gute Zarin!« Das übrige Heer ließ er den Kindern Urils huldigen und ließ sie regieren, wie vorher.
Alsdann ritt Vowa Korolewitsch mit dem Ritter Polkan und der schönen Druschnewna nach der Stadt Sumin zu seinem Wärter Simbalda, um bei ihm ein kleines Heer zu nehmen, gegen den König Dadon damit zu ziehen, und ihn aus der Stadt Anton zu vertreiben. Sie ritten lange Zeit, hielten dann auf einer Wiese an, schlugen ihr weißes Zelt auf und schickten sich an, auszuruhen. Während sie ruhten, gebar die schöne Druschnewna dem Vowa Korolewitsch zwei Söhne, und er nannte den einen Litscharda, und den andern Simbalda. Einst als Vowa Korolewitsch mit Polkan um sein weißes Zelt spazierte, erblickten sie in der Ferne eine dichte Staubwolke; da bat Vowa Korolewitsch den Polkan: »Eile dorthin und erkundige dich, ob dort ein Heer zieht, oder ein mächtiger Held reitet, oder eine Kaufmannskarawane wandert; ich werde unterdessen beim Zelte bleiben und deine Zurückkunft erwarten.« – Als Polkan diese Bitte gehört hatte, eilte er sogleich dahin und brachte bald darauf zusammengebundene Krieger zurück, welche Vowa zu befragen anfing: »Sagt mir, ihr, Krieger, gutwillig und ohne Widerstand, was das für eine Macht ist, welche dort zieht, aus welchem Reiche, wer euer König ist, und warum ihr ausgeschickt seid.« – Da antworteten ihm die Leute: »Tapferer Herr Ritter, wir ziehen mit einem großen Heere aus dem Königreiche Dadon's in das armenische Reich, um von dem Zaren Sensiboi Andronowitsch die Auslieferung des Stiefsohnes unseres Königs zu fordern, welcher schon in der Jugend ihm entflohen ist. Sein Name ist Vowa.« – »Kehrt um und sagt dem Befehlshaber eures Heeres, daß er nicht in das armenische Reich ziehe, sondern auf der Stelle mich erwarte, wo ihr ihm begegnet. Ich bin Vowa Korolewitsch und werde euch bald nachkommen, um euer Heer zu sehen.« –
Und er dieses gesagt hatte, entließ er die Gefangenen und fing an, Polkan zu bitten: »Mein lieber Kamerad Polkan, ich reite jezt aus, um mit dem Heere des Königs Dadon zu kämpfen, das gegen mich ausgeschickt ist; ich bitte dich, bei meinem weißen Zelte zu bleiben, zum Schutz meiner Gemahlin gegen böse Menschen und wilde Thiere, aber ihr nicht zu sagen, daß ich zu einer Kriegsthat ausgeritten bin, denn ich werde bald zurückkehren, dich für deine treuen Dienste belohnen und im Nothfalle mein Leben für dich wagen.« Darauf nahm er Abschied von Polkan, setzte sich auf sein gutes Roß und ritt sogleich dem Heere Dadon's entgegen; er fing an, dasselbe ohne Barmherzigkeit niederzumachen, und haute so lange ein,
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