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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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wohnten ein Jahr in Deutschland, wo Rolf sein Examen machte, dann kamen sie nach Oslo zurück. Und Sonja - ja, wo sie sich auf der Welt befindet, weiß man nie! Bald ist sie in Afrika, bald kommt ein Ferngespräch aus London, und voriges Jahr bekam ich einen Kartengruß von ihr aus Australien! Ihr Mann ist Wissenschaftler - Zoologe - und arbeitet für das Mary-Green-Institut in England.
    Als ich in der Unterprima war, verbrachte ich die Osterferien bei Beate. Sie ist die liebste und fröhlichste große Schwester, die man sich denken kann! Sie kümmert sich nicht mehr um meine Erziehung und gibt mir keine Klapse mehr! Wir sind richtig gute Kameraden und haben uns gegenseitig ganz schrecklich lieb.
    Diesmal fand ich einen hoch aufgeschossenen elfjährigen Neffen vor - das war Stefan -, und die kleine Annette war im ersten Schuljahr und war jetzt an der Reihe, einen harten, verschwitzten, immer grauer werdenden Topflappen zu stricken!
    Hans Jörgen war auch in der Unterprima, also hatten wir viele gemeinsame Interessen und Erfahrungen. Mein Schwager, den ich nach wie vor „Onkel Doktor“ nenne - was die Familienverhältnisse noch undurchsichtiger macht -, hatte ein paar neue Silberstreifchen an den Schläfen und ein paar neue kleine Fältchen im Gesicht. Aber er war sonst genauso lieb und munter und so voll Neckereien wie
    immer.
    Am Ostersonnabend war Senta mit Mann bei uns - Senta übrigens hoch schwanger, sie erwartete ihr erstes Kind in wenigen Monaten -, und wir hatten es riesig gemütlich. Nach dem Abendbrot saßen wir vor dem Kamin und knabberten Pralinen aus dem großen Karton, den mein vorbildlicher Schwager immer seiner Frau zu allen Feiertagen schenkt.
    Dann geschah das, was für meine Zukunft bestimmend werden sollte.
    Ich weiß nicht, worauf ich gebissen hatte. Wahrscheinlich war ein Stückchen Nußschale in eine Praline mit reingerutscht. Jedenfalls habe ich einen Schrei ausgestoßen, hielt die Hand an die rechte Backe und merkte, daß mir die Tränen in den Augen traten. Es tat so wahnsinnig weh!
    Rolf, der Zahnarzt der Familie, kam her zu mir. „Mund auf!“ kommandierte er und neigte die Stehlampe so, daß das Licht auf meinen beschädigten Zahn fiel.
    Zehn Minuten später saß ich neben ihm im Auto, und wir fuhren in seine Praxis.
    Er schaffte es, die Schmerzen zu beseitigen, mußte mir aber mitteilen daß ich ein ganzes Stück von einem Zahn kaputtgemacht habe und daß er keinen anderen Ausweg sah, als mir eine Goldkrone zu machen.
    So kam es, daß ich für die restliche Zeit meiner Osterferien jeden Tag zum Zahnarzt mußte. Feiertage hin, Feiertage her, ich kann dich nicht mit dieser Bescherung zurück nach Tjeldsund fahren lassen, sagte Rolf.
    Eigentlich war es schön, vom Zahnarzt per Auto abgeholt zu werden und dranzukommen, ohne eine Ewigkeit in einem vollen Wartezimmer zu verbringen!
    Ganz besonders schön war es, nach der Behandlung in die Privatwohnung zu gehen, wo Senta mit frisch aufgebrühtem Tee auf uns wartete und wo wir ein urgemütliches Plauderstündchen hatten, bevor Rolf mich wieder nach Hause brachte.
    Was ich auch furchtbar gern mochte, war das „Rumschnüffeln“ in der Praxis. Alles war so blitzeblank, so pieksauber, so praktisch und so schön durchdacht. Die Praxis war erst ein halbes Jahr alt, und Rolf war riesig stolz auf sie. Er war mehr als willig, mir alles zu zeigen, und ich war mächtig beeindruckt von seiner ganz modernen Einrichtung. Was gab es doch alles jetzt, um dem Arzt die
    Behandlungen zu erleichtern und dem Patienten die ganze Prozedur so wenig unangenehm wie möglich zu machen!
    Wenn mein guter alter Zahnarzt - unser Familienzahnarzt seit langem vor meiner Geburt - das alles gesehen hätte! Er wäre blaß vor Neid geworden!
    „Sag mal, Rolf“, fragte ich eines Tages beim Tee, „wie kamst du darauf, Zahnheilkunde zu studieren?“
    „Ja, wie kam ich darauf? Zuerst wollte ich Medizin studieren, aber allmählich habe ich wohl erkannt, daß ich mich lieber um kranke Zähne als um entzündete Blinddärme und verdorbene Mägen kümmern wollte. Weißt du, die Zahnheilkunde ist ungeheuer interessant! Und dann ist es schön, den Mitmenschen helfen zu können, wenn sie scheußliche Schmerzen haben. Und ganz besonders gern mache ich komplizierte Arbeiten, wie Brücken, Wurzeloperationen, Stiftzähne...“
    „... und Goldkronen!“ ergänzte ich.
    Rolf erzählte weiter, von all den unglaublichen Möglichkeiten der modernen Zahnheilkunde. Zwischendurch berichtete er,

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