Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Schatz!“
Gespräch am Straßenrand
Am folgenden Tag fand unser denkwürdiger Besuch im Reisebüro statt.
Frau Felsdorf wurde gleich von einer etwas älteren, anscheinend erfahrenen Dame begrüßt. Meine Augen flogen durch den Raum. Ja, da stand Hartmut über ein Kursbuch gebeugt, während ein Kunde auf Auskunft wartete. Als Hartmut von seinen Fahrplänen aufschaute, erblickte er mich. Er zwinkerte mir einen Augenblick zu, schrieb dann dem Kunden die Abfahrtszeiten auf, der Kunde verschwand und in dem Augenblick wurde unsere erfahrene Dame ans Telefon gerufen. So fiel es gar nicht auf, daß Hartmut für ein paar Minuten ihren Platz einnahm und Frau Felsdorfs Fragen beantwortete.
Unsere Betreuerin kam zurück, und Hartmut und ich konnten schnell ein paar Worte wechseln.
„Gehen Sie öfters durch den Park?“ wollte er wissen.
„Nur mittwochs gegen Mittag, und am Sonntagmorgen. Dann habe ich frei und fahre nach Hause.“
„Ach so, Sie gehen durch den Park zur Bushaltestelle?“
„Genau.“
„Wohnen Sie weit weg? Ich meine, ob Ihre Eltern.“
„O ja, außerhalb. Eine halbe Stunde mit dem Bus.“
„Es würde schneller mit dem Motorroller gehen. Dann vermeidet man all die Haltestellen. Wann gehen Sie sonntags los?“
„So gegen halb zehn.“
Es kam Kundschaft, Hartmut mußte sich um sie kümmern und ich mußte Frau Felsdorf helfend zur Seite stehen.
„Und zwei Einbettzimmer“, sagte Frau Felsdorf. „Nebeneinander!“
„Ja, gnädige Frau, ich habe es schon notiert.“
„Und nicht in den oberen Etagen. Mein Mann hat einmal einen Hotelbrand erlebt.“-
„Ich weiß, das sagten Sie schon, gnädige Frau.“
„Ja, und mit Blick auf die See. Ach, Spatz, was hatten wir uns noch notiert?“
Ich übernahm nun die Verhandlungen und bekam zu wissen, daß man - wenn man nicht fliegen möchte - mit der Bahn bis zur Nordspitze Jütlands fahren könnte und von dort mit einem sehr schönen Fährschiff nach Kristiansand, der südlichsten Stadt Norwegens. Von dort verkehrten ständig Busse, die uns bis zum Hoteleingang brachten. Das Hotel lag außerhalb eines kleinen Städtchens, allerdings an einer Hauptverkehrsstraße, aber der große Vorgarten lag da, als eine Art „Schalldämpfer“. Aber die meisten Zimmer lagen auf der Rückseite, mit Balkons, mit Blick auf den Park, und den weißen Strand mit Strandkörben und allem, was man sich wünschen konnte.
„Und notieren Sie bitte zwei Einbettzimmer“, sagte Frau Felsdorf. Unsere Betreuerin behielt die Fassung, nickte nur freundlich und bat uns, einen Augenblick Platz zu nehmen, während sie per Fernschreiber erkundete, ob noch Zimmer frei wären.
„Ach, Spatz“, sagte Frau Felsdorf, nachdem wir zwei Minuten in der Empfangsecke gesessen hatten, „gehen Sie doch bitte hin und sagen Sie, daß wir zwei Einbettzimmer nebeneinander haben möchten.“
Hartmut kam mir entgegen.
„Ja, ja, ich habe es gehört, sie hat es dreimal gesagt. - Allegra, ich kann ja nicht per Motorroller durch den Park fahren, gehen Sie doch am Sonntag durch die Haustür direkt auf die Straße.“
Das versprach ich.
Dann klappte alles. Im Hotel hatten sie in drei Wochen die erwünschten Zimmer frei, der Hotelschein und die Karten für Bahn und Fähre könnten am Dienstag abgeholt werden.
Wir verabschiedeten uns. In der Tür drehte sich Frau Felsdorf noch einmal um. „Ach, was ich noch sagen wollte - bitte, zwei Einbettzimmer nebeneinander!“
„Wie gut, daß Sie es erwähnen, gnädige Frau“, sagte Hartmut, der uns höflich die Tür aufgemacht hatte.
Ich war ganz aufgekratzt.
Es klingt unglaublich, aber es ist wahr: Bis jetzt war ich nie in meinem achtzehnjährigen Leben von einem Jungen per Motorroller abgeholt worden, und per Auto erst recht nicht! In der Schulzeit hatte ich ab und zu eine Radtour mit einem Klassenkameraden gemacht, aber auch nicht allzu oft. Ich war nicht der Typ, der gefragt war. Wir waren schon gute Kameraden, aber die, die zum Tanzen mitgenommen wurden, waren die schicken und gertenschlanken, und ich war weiß Gott keine Gerte. Eher könnte man mich mit einem Baumstumpf vergleichen.
Ich betrachtete mich selbstkritisch in dem großen Spiegel in Frau
Felsdorfs Schlafzimmer. Dann stellte ich mich auf die Waage im Badezimmer - und erblaßte. Lieber Himmel, ich hatte schon wieder zugenommen!
Dies muß ein Ende haben, Allegra, sagte ich mir selbst. Schluß mit Naschen, Schluß mit Butter! Süßstoff, statt Zucker!
Leicht gesagt! Frau Felsdorf sollte
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