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Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin

Titel: Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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erklärte er. „Habe verschlafen!“
    „Hast du denn keine Mutter, die dich weckt?“
    „Eine Mutter habe ich schon, aber sie kann mich nicht wecken. Aus dem einfachen Grund, da sie in Köln wohnt.“
    „Und keine Geschwister, die frühmorgens rumtoben, so daß du wach wirst?“
    „Wenn ich Geschwister habe, sind es jedenfalls nur Halbgeschwister“, sagte Hartmut. Er knüllte das Schokoladenpapier zusammen und begrub es unter einem Stein. „Weißt du, es war nämlich ein kleiner Schönheitsfehler an meiner Geburt. Der Trauschein meiner Eltern fehlte leider.“
    „Ja, aber.“
    „Ne, nix mit ,aber’. Und nix mit nachträglichem Trauschein. Mein Vater hatte, wenn man es mir richtig erzählt hat, anderweitige Verpflichtungen. Er war Seemann und hatte wohl einen schwachen Augenblick, als er meine Mutter kennenlernte, denn in seiner Heimatstadt saß ein anderes Mädchen, das ihm klargemacht hatte, daß er sie heiraten mußte. Ja, eben mußte. Ich habe also höchstwahrscheinlich einen Bruder oder eine Schwester, die ein paar Monate älter sind als ich selbst. Ulkig, was? Ich bin eben nur ,zweite Sortierung’ oder ,zweite Wahl’ - heißt es nicht so?“
    „Doch, so heißt es“, nickte ich. „Zweite Sortierung sagt man in der Porzellanfabrikation und ,zweite Wahl’ steht auf den preiswerten Champignondosen. “
    „Ja, siehst du, ich bin eben eine Tasse mit ausgelaufener Glasur oder ein schiefgewachsener Champignon!“
    „Bleiben wir bei der Tasse“, schlug ich vor. „Ich finde, daß die ausgelaufene Glasur dir sehr gut steht!“ Dabei guckte ich sein sommersprossiges Gesicht an. Er lächelte. „Ja, jetzt habe ich mich irgendwie damit abgefunden, aber als Kind verfluchte ich oft mein gesprenkeltes Aussehen, wenn meine Schulkameraden fragten, ob ich durch ein Sieb Höhensonnenbestrahlung bekommen hatte oder ob der Morgenkaffee mir ins Gesicht gespritzt sei.“
    „Wieso ist deine Mutter in Köln?“
    „Weil sie geheiratet hat. Vor neun Jahren. Und ein zwölfjähriger
    Junge paßte wohl schlecht rein in die Flitterwochen. Dann blieb ich bei den Großeltern, bis ich mich vor einem Jahr selbständig machte und mir eine Bude mietete. Und dort ist also keine Mutter, die mich weckt, und sind keine Geschwister, die morgens Krach machen. Und der Wecker war aus mir unbekannten Gründen auf halb drei stehengeblieben. Also keine Zeit zum Frühstück, ich holte mir eben schnell die Schokolade aus einem Automaten.“
    Er sprach so leicht, so unbeschwert, so vollkommen unsentimental. Als ob es gar nichts Besonderes wäre, unehelich geboren zu sein und mit zwölf Jahren von der Mutter getrennt zu werden.
    „Waren deine Großeltern denn nicht lieb zu dir?“ wagte ich zu fragen.
    „O doch. Mit den Jahren immer lieber. Denn allmählich gaben sie die Hoffnung auf, einen anderen männlichen Erben zu kriegen. Sie selbst hatten nur zwei Töchter, die eine ist kinderlos geblieben, und die andere, meine Mutter, hat ihnen also einen Enkel verschafft, der sogar den Namen von Opa trägt. Dann wollte Opa, daß ich mich kaufmännisch ausbilden lassen sollte, um sein Geschäft zu übernehmen.“
    „Wirst du das denn nicht tun?“
    „Ich wollte schon. Ich machte Abitur, und dann fing ich an bei Opa zu arbeiten. Aber nach einer Zeit kam ein gewaltiger Krach, und dann sah ich mich nach einer anderen Arbeit um, und so landete ich im Reisebüro.“
    „Wie schade“, sagte ich. „Daß du dich mit deinem Großvater verkracht hast, meine ich. Hast du was ausgefressen?“
    „Nun ja, wie man es nimmt. Eine Freundin von mir hatte Geburtstag, und ich hatte kein Geschenk für sie und kein Geld, denn was Opa mir im Monat bezahlte, war nur ein knappes Taschengeld, das immer schon am fünften des Monats alle war. Na, dann habe ich eben die allerfeinste Packung Briefpapier aus dem Geschäft geholt -ja, es ist ein Papierwarengeschäft - , mit der Absicht, sie zu bezahlen, wenn ich einmal Gehaltserhöhung bekam. Opa war nicht einverstanden, er meinte, ich hätte fragen müssen, und so gab das eine Wort das andere, bis ich fragte, wie lange ich noch für ein Hungergehalt arbeiten müsse - ja, und er meinte, hungern täte ich nun nicht, bei Omas Kochkünsten. - Er begriff anscheinend nicht, daß ein Zwanzigjähriger auch andere Bedürfnisse hat als nur Essen und ein Bett.“
    „Wie zum Beispiel Geschenke für Freundinnen?“ fragte ich.
    „Ja, zum Beispiel. Übrigens war das alles eine Pleite. Als ich zu ihr hinging, um die feine geklaute

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