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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Götter, nehmt mein Leben,
    Daß nicht mein böser Sinn mich nochmals treibt,
    Zu sterben, eh’ es euch gefällt.
    Edgar
.
    So betet
    Ihr trefflich, Vater! –
    Gloster
.
    Nun, mein Freund, wer seid Ihr?
    Edgar
.
    Der ärmste Mensch, gezähmt durch Schicksalsschläge,
    Der durch die Schule selbstempfundnen Grams
    Empfänglich ward für Mitleid. – Gebt die Hand mir,
    Ich führ’ Euch in ein Haus.
    Gloster
.
    Von Herzen Dank!
    Des Himmels Huld und reicher Segen geb’
    Euch Lohn auf Lohn! –
    Der Haushofmeister tritt auf.
    Haushofmeister
.
    Ein Preis verdient! Willkommen! –
    Dein augenloser Kopf ward darum Fleisch,
    Mein Glück zu gründen. Alter Hochverräter,
    Bedenke schnell dein Heil: das Schwert ist bloß,
    Das dich vernichten soll.
    Gloster
.
    So brauch’ mit Kraft
    Die Freundeshand!
    Edgar setzt sich zur Wehre.
    Haushofmeister
.
    Was, frecher Bauer, willst du
    Verteid’gen solchen Hochverräter? Fort! –
    Daß seines Schicksals Pest nicht auch auf dich
    Ansteckend falle! Laß den Arm ihm los!
    Edgar
. Will nit los losse, Herr, muß erst anders kumme.
    Haushofmeister
. Laß los, Sklav’, oder du stirbst!
    Edgar
. Lieber Herr, gehn Eures Wegs und loßt arme Leut’ in Ruh’. Wann ich mich sollt mit eim große Maul ums Lebe bringe losse, da hätt’ ich’s schun vor vierzehn Täg los werde künne. Kummt mer dem alte Mann nit nah; macht Euch furt, rat’ ich, oder ich will emohl versuche, was stärker is, Eu’r Hirnkaste oder mei Knippel. Ich sog’s Euch grod’ raus.
    Haushofmeister
. Ei, du Bauerflegel! –
    Edgar
. Ich ward’ Euch die Zähne stochern, Herr: was schiern mich Eure Finte!
    Sie fechten, und Edgar schlägt ihn zu Boden.
    Haushofmeister
.
    Sklav’, du erschlugst mich! – Schuft, nimm meinen Beutel;
    Soll’s dir je wohl gehn, so begrabe mich,
    Und gib die Briefe, die du bei mir find’st,
    An Edmund, Grafen Gloster! Such’ ihn auf
    In Englands Heer – O Tod zur Unzeit –Tod! –
    Er stirbt.
    Edgar
.
    Ich kenne dich: ein dienstbeflißner Bube,
    Den Lastern der Gebiet’rin so geneigt,
    Als Bosheit wünschen mag.
    Gloster
.
    Was, ist er tot?
    Edgar
.
    Hier setzt Euch, Vater, ruht!
    Beiseit.
    Laß sehn die Taschen; jene Briefe können
    Mir guten Dienst tun.
    Laut.
    Er ist tot; nur schade,
    Daß ich sein Henker mußte sein.
    Beiseit.
    Laßt sehn!
    Erlaube, liebes Wachs, und schilt nicht, Sitte:
    Man risse ja, des Feindes Sinn zu spähn,
    Sein Herz auf; seine Briefe geht schon eher.
    Er liest den Brief.
    »Gedenkt unsrer gegenseitigen Schwüre! Ihr habt manche Gelegenheit, ihn aus dem Wege zu räumen; fehlt Euch der Wille nicht, so werden Zeit und Ort Euch vielmal günstig sein. Es ist nichts geschehn, wenn er als Sieger heimkehrt; dann bin ich die Gefangne und sein Bett mein Kerker. Von dessen ekler Wärme befreit mich und nehmt seinen Platz ein für Eure Mühe!
    Eure (Gattin, so möcht’ ich sagen) ergebne Dienerin
    Goneril.«
    O unenthüllter Raum des Weiberwillens!
    Ein Plan auf ihres biedern Mannes Leben,
    Und der Ersatz: mein Bruder! – Hier im Sande
    Verscharr’ ich dich, unsel’ger Bote du,
    Mordsücht’ger Buhler; und zur rechten Zeit
    Bring’ ich dies frevle Blatt vors Angesicht
    Des todumgarnten Herzogs. Wohl ihm dann,
    Daß deinen Tod und Plan ich melden kann!
    Edgar schleppt den Leichnam hinaus.
    Gloster
.
    Der König rast. Wie starr ist meine Seele,
    Daß ich noch aufrecht steh’ und scharf empfinde
    Mein schweres Los! Besser, ich wär’ verrückt:
    Dann wär’ mein Geist getrennt von meinem Gram,
    Und Schmerz in eiteln Phantasie’n verlöre
    Bewußtsein seiner selbst.
    Edgar kommt zurück.
    Edgar
.
    Gebt mir die Hand!
    Fernher, so scheint mir, hör’ ich Trommelschlag;
    Kommt, Vater! – Zu ’nem Freunde führ’ ich Euch.
    Sie gehn ab.
    ¶

Siebente Szene
    Zelt.
    Es treten auf Cordelia, Kent, ein Arzt und ein Edelmann.
    Cordelia
.
    O teurer Kent, kann all mein Tun und Leben
    Dir je vergüten? Ist mein Leben doch
    Zu kurz, und jeder Maßstab allzu klein.
    Kent
.
    So anerkannt ist überreich bezahlt.
    Was ich gesagt, ist alles schlichte Wahrheit,
    Nicht mehr noch minder.
    Cordelia
.
    Nimm ein beßres Kleid;
    Die Tracht ist Denkmal jener bittern Stunden:
    Ich bitt’ dich, leg’ sie ab!
    Kent
.
    Nein, güt’ge Fürstin;
    Jetzt schon erkannt sein, schadet meinem Plan.
    Als Gnade bitt’ ich, kennt mich jetzt noch nicht,
    Eh’ Zeit und ich es heischen.
    Cordelia
.
    Sei’s denn so,
    Mein werter Lord!
    Zum Arzt.
    Was macht der König?
    Arzt
.
    Er schläft noch,

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