Sämtliche Dramen
einander.
Jago
. Ihr beschuldigt mich höchst ungerecht! –
Rodrigo
. ’s ist lauter Wahrheit. Ich habe mein ganzes Vermögen zugesetzt. Die Juwelen, die Ihr von mir empfingt, um sie Desdemona einzuhändigen, – die Hälfte hätte eine Nonne verführt. Ihr sagtet mir, sie habe sie angenommen, und gabt mir Hoffnung und Aussicht auf baldige Gunst und Erwiderung, aber dabei bleibt’s.
Jago
. Gut, nur weiter, recht gut! –
Rodrigo
. Recht gut, weiter! Ich kann nicht weiter, Freund! und hier ist nichts recht gut. Bei dieser Hand, ich sage, es ist spitzbübisch; und ich fange an zu merken, daß man mich foppt.
Jago
. Recht gut!
Rodrigo
. Ich sage dir, es ist nicht recht gut. Ich will mich Desdemona selbst entdecken; gibt sie mir meine Juwelen wieder zurück, so lass’ ich ab von meiner Bewerbung und bereue mein unerlaubtes Zumuten; wo nicht, seid gewiß, daß ich Genugtuung von Euch fordern werde.
Jago
. Habt Ihr jetzt gesprochen?
Rodrigo
. Ja, und habe nichts gesprochen, als was ich ernstlich zu tun gesonnen bin.
Jago
. Schön! Nun sehe ich doch, daß du Haare auf den Zähnen hast, und seit diesem Moment fasse ich eine beßre Meinung von dir, als je zuvor. Gib mir deine Hand, Rodrigo: du hast sehr gegründete Einwendungen gegen mich vorgebracht, und dennoch, schwöre ich dir, bin ich in deiner Sache sehr grade zu Werke gegangen.
Rodrigo
. Das hat sich wenig gezeigt.
Jago
. Ich gebe zu, daß sich’s nicht gezeigt hat, und dein Argwohn ist nicht ohne Verstand und Scharfsinn. Aber, Rodrigo, wenn das wirklich in dir steckt, was ich dir jetzt mehr zutraue als je – ich meine Willenskraft, Mut und Herz –, so zeig’ es diese Nacht! Wenn du in der nächsten Nacht nicht zu Desdemonas Besitz gelangst, so schaff’ mich hinterlistig aus der Welt und stelle meinem Leben Fallstricke!
Rodrigo
. Gut, was ist’s? Liegt’s im Gebiet der Vernunft und der Möglichkeit? –
Jago
. Freund, es ist ein ausdrücklicher Befehl von Venedig da, daß Cassio in Othellos Stelle treten soll.
Rodrigo
. Ist das wahr? Nun, so sehen Othello und Desdemona nach Venedig zurück.
Jago
. O nein, er geht ins Mohrenland, und nimmt die schöne Desdemona mit sich, wenn nicht sein Aufenthalt hier durch einen Zufall verlängert wird, und darin kann nichts so entscheidend sein, als wenn Cassio beiseite geschafft wird.
Rodrigo
. Wie meinst du das – ihn beiseite schaffen?
Jago
. Nun, ihn für Othellos Amt untauglich machen, ihm das Gehirn ausschlagen.
Rodrigo
. Und das, meinst du, soll ich tun? –
Jago
. Ja, wenn du das Herz hast, dir Vorteil und Recht zu verschaffen. Er ist heute zum Abendessen bei einer Dirne, und dort will ich ihn treffen; noch weiß er nichts von seiner ehrenvollen Beförderung. Wenn du nun auf sein Weggehn lauern willst (und ich werde es einrichten, daß dies zwischen zwölf und eins geschehe), – so kannst du nach deiner Bequemlichkeit über ihn herfallen; ich will in der Nähe sein, um deinen Angriff zu unterstützen, und er soll zwischen uns beiden fallen. Komm, steh nicht so verwundert, sondern folge mir; ich will dich so von der Notwendigkeit seines Todes überzeugen, daß du’s für Pflicht halten sollst, ihn aus der Welt zu schaffen. Es ist hohe Zeit zum Abendessen, und die Nacht geht hin. Frisch daran!
Rodrigo
. Ich muß noch mehr Gründe hören.
Jago
. Das sollst du zur Genüge.
Sie gehn ab.
¶
Dritte Szene
Vorsaal im Schlosse.
Othello, Lodovico, Desdemona, Emilia und Gefolge treten auf.
Lodovico
. Ich bitt’ Euch, Herr, bemüht Euch nun nicht weiter!
Othello
. O nein, erlaubt, das Ausgehn tut mir wohl.
Lodovico
. Schlaft, Gnäd’ge, wohl! Ich sag’ Euch meinen Dank.
Desdemona
. Ihr wart uns sehr willkommen, Herr!
Othello
. Wollen wir gehn, Signor? – O Desdemona! –
Desdemona
. Mein Gemahl? –
Othello
. Geh sogleich zu Bett, ich werde augenblicklich wieder da sein. Entlaß deine Gesellschafterin: tu’, wie ich dir sage!
Ab.
Desdemona
.
Das werd’ ich, mein Gemahl.
Emilia
.
Wie geht’s nun? Er scheint milder als zuvor.
Desdemona
.
Er sagt, er werde hier sein ungesäumt;
Er gab mir den Befehl, zu Bett zu gehen,
Und hieß mir, dich entlassen.
Emilia
.
Mich entlassen? –
Desdemona
.
Er will es also; darum, gutes Kind,
Gib mir mein Nachtgewand und lebe wohl! –
Wir dürfen jetzt ihn nicht erzürnen.
Emilia
.
Hättet Ihr ihn doch nie gesehn!
Desdemona
.
Das wollt’ ich nicht: mein Herz hängt so an ihm,
Daß selbst sein Zorn, sein Trotz, sein Eigensinn –
Komm,
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