Sämtliche Dramen
an;
Denn nur deshalb hab’ ich so lang’ geschwiegen
Und diesem Vorfall freien Raum gegeben,
Das Fräulein zu beachten. Sah ich doch,
Wie tausend Röten durch ihr Antlitz fuhren
Als Boten; und wie tausend Unschuldsengel
In weißer Scham hinweg die Röten trugen.
Und in dem Auge glüht’ ein Feuer auf,
Verbrennend allen Irrwahn, den die Prinzen
Aufstellten wider ihre Mädchentreu’.
– Nennt mich Tor,
Traut meinem Wissen nicht, noch der Erfahrung,
Die mit der Prüfung Siegel stets bekräftigt
Die Wahrheit meines Wissens, nicht dem Alter,
Ehrwürd’gem Stand, Beruf und heil’gem Amt, –
Liegt nicht dies süße Fräulein schuldlos hier,
Von gift’gem Wahn getroffen.
Leonato
.
Mönch, unmöglich!
Du siehst, es blieb ihr nur so viele Gnade,
Nicht zur Verdammnis ihrer Schuld zu fügen
Des Meineids Sünde. Leugnet’ sie es denn?
Was suchst du denn entschuld’gend zu verhüllen,
Was frei in eigner Nacktheit vor uns steht?
Mönch
.
Fräulein, wer ist’s, mit dem man Euch verklagt?
Hero
.
Die mich verklagten, wissen’s, ich weiß keinen.
Weiß ich von irgendeinem Mann, der lebt,
Mehr, als der Jungfrau Sittsamkeit erlaubt,
Sei keine Sünde mir vergeben! – Vater,
Beweist, daß irgendwer mit mir gesprochen
Um Mitternacht, und daß ich gestern abend
Mit irgendeinem Wesen Wort’ gewechselt,
Verstoßt mich, haßt mich, martert mich zu Tode!
Mönch
.
Ein seltsam Irren muß die Prinzen täuschen!
Benedikt
.
Gewiß sind zwei von ihnen Ehrenmänner;
Und ward ihr beßres Urteil fehl geleitet,
Schreibt sich die Bosheit wohl vom Bastard her,
Des Geist und Sinn nur lebt von Trug und Tücke.
Leonato
.
Ich weiß nicht. Sprachen wahr sie, so zerreiße
Dich diese Hand; ist falsch sie angeklagt,
So soll der Stolzeste wohl davon hören.
Zeit hat noch nicht mein Blut so ausgetrocknet,
Noch Alter meinen Geist so abgestumpft,
Noch Armut mein Vermögen so vernichtet,
Noch schlechter Wandel mich beraubt der Freunde,
Daß sie nicht, so mich kränkend, fühlen sollen
Der Glieder Kraft, des Geistes festes Wollen,
Des Reichtums Macht und auserwählter Freunde,
Es ihnen überg’nug zu zahlen.
Mönch
.
Haltet!
Laßt meinen Rat in diesem Fall Euch leiten:
Die Prinzen ließen Eure Tochter tot;
Laßt eine Zeitlang heimlich sie verschließen!
Und macht bekannt, daß wirklich sie gestorben.
Behauptet allen äußern Prunk der Trauer;
Und hängt an Eurer Ahnen altes Grabmal
Ein Epitaph; vollziehet jede Feier,
Die zur Beerdigung die Sitt’ erheischt.
Leonato
.
Und wohin führt dies alles? Was dann weiter?
Mönch
.
Dies wird, gut durchgeführt, Verleumdung wandeln
In Mitleid gegen sie: das ist schon viel.
Doch mehr noch träum’ ich von so kühnem Wagnis,
Von größerer Geburt aus diesen Weh’n.
Sie starb, so muß man überall verbreiten,
Im Augenblick, als man sie angeklagt;
So wird sie dann entschuldigt und bedauert
Von jedem, der es hört; denn so geschieht’s,
Daß, was wir haben, wir nach Wert nicht achten,
Solange wir’s genießen: ist’s verloren,
Dann überschätzen wir den Preis; ja, dann
Erkennen wir den Wert, den uns Besitz
Mißachten ließ. So wird’s mit Claudio sein,
Hört er, daß seine Worte sie getötet.
Mit süßer Macht schleicht ihres Lebens Bild
Sich in die Werkstatt seiner Phantasie,
Und jedes liebliche Organ des Lebens
Stellt sich, in köstliches Gewand gekleidet,
Weit zarter, rührender, voll frischern Lebens
Dem innern Auge seines Geistes dar,
Als da sie wirklich lebt’; und er wird trauern,
Hat Lieb’ in seinem Herzen je geherrscht,
Und wünschen, daß er nicht sie angeklagt,
Selbst wenn er auch die Schuld als wahr erkannte.
Geschieht dies nun, so zweifelt nicht, Erfolg
Wird dieses Glück noch glänzender bekleiden,
Als ich das ungefähre Bild entwerfe.
Doch wär’ auch jeglich andres Ziel verfehlt:
Die Überzeugung von des Fräuleins Tod
Tilgt das Gerücht von ihrer Schmach gewiß;
Und schlüg’ Euch alles fehl, so bergt sie dann,
Wie’s ihrem wunden Ruf am besten ziemt,
In eines Klosters abgeschiednem Leben
Vor aller Augen, Zungen, Schmähn und Kränkung.
Benedikt
.
Signor Leonato, folgt dem Rat des Mönchs,
Und wißt Ihr schon, wie sehr ich Lieb’ und Neigung
Dem Prinzen und Graf Claudio zugewendet,
Doch will ich, auf mein Wort, so sorglich schweigen,
So streng und treu für Euch, wie Eure Seele
Sich selber bleibt.
Leonato
.
In dieser Flut des Grams
Mögt ihr mich lenken an dem schwächsten
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