Sämtliche Dramen
kaum verständlich ohne blutige Explikation. Mein Herr?
Lafeu
. Seid Ihr nicht der Begleiter des Grafen Roussillon?
Parolles
. Jedes Grafen; aller Grafen; aller Leute.
Lafeu
. Aller Leute des Grafen: des Grafen, Herr, will schon mehr sagen.
Parolles
. Ihr seid zu alt, Herr, laßt Euch genügen; Ihr seid zu alt!
Lafeu
. Ich muß dir sagen, Bursch, ich heiße Mann; das ist ein Titel, zu dem das Alter dich nie bringen wird.
Parolles
. Was ich allzu leicht wage, wag’ ich nicht.
Lafeu
. Ich hielt dich nach zwei Mahlzeiten für einen leidlich vernünftigen Burschen; du machtest erträglichen Wind von deinen Reisen, das mochte hingehn; aber die Wimpel und Fähnchen an dir brachten mich doch mehr als einmal davon ab, dich für ein Schiff von zu großer Ladung zu achten. Ich habe dich nun gefunden; wenn ich dich wieder verliere, gilt mir’s gleich; du bist doch des Aufhebens nicht wert.
Parolles
. Trügst du nicht den Freibrief der Antiquität an dir. ...
Lafeu
. Stürze dich nicht kopfüber in Ärger, du möchtest sonst deine Prüfung beschleunigen; und wenn ... Gott schenke dir Gnade, du armes Huhn! Und so, mein gutes Gitterfenster, leb wohl! Du brauchst mir deine Laden nicht zu öffnen, ich sehe dich durch und durch. Gib mir deine Hand!
Parolles
. Gnädiger Herr, – Ihr bietet mir das Sublimierte der Beleidigung!
Lafeu
. Ja, von ganzem Herzen, und du bist ihrer wert.
Parolles
. Ich habe das nicht verdient, gnädiger Herr!
Lafeu
. Ja, weiß Gott, jeden Gran davon, und ich erlasse dir keinen Skrupel.
Parolles
. Gut, ich will klüger werden.
Lafeu
. Das tu’, sobald du kannst, denn du schmeckst mir sehr nach dem Gegenteil. Wenn sie dich nächstens einmal mit deiner eignen Sphäre binden und prügeln, so sollst du sehn, was es heißt, auf seine Verbindungen stolz sein. Ich habe Lust, meine Bekanntschaft mir dir fortzusetzen, oder vielmehr meine Kenntnis von dir; damit ich im Notfall sagen könne, den Menschen kenne ich.
Parolles
. Gnädiger Herr, Ihr molestiert mich auf eine höchst verwundende Art.
Lafeu
. Ich wollte, ich könnte dir die ewige Höllenpein schaffen, obgleich die Zeit des Schaffens bei mir vorüber ist; doch so viel verschafft mir mein Alter noch, daß ich dich verlassen kann. Lafeu geht ab.
Parolles
. Nun, du hast einen Sohn, der diesen Schimpf von mir abnehmen soll, schäbiger, alter, filziger, schäbiger Herr! – Wohl, ich muß Geduld haben; Ansehn läßt sich nicht in Fesseln legen. Ich will ihn prügeln, bei meinem Leben, wenn ich ihm auf irgend eine passende Art begegnen kann, und wär’ es doppelt und dreifach ein vornehmer Herr. Ich will nicht mehr Mitleid mit seinem Alter haben, als mit. .... Ich will ihn prügeln, wenn ich ihm nur wieder begegnen kann.
Lafeu kommt zurück.
Lafeu
. He, Freund! Euer Herr und Gebieter ist verheiratet: da habt Ihr etwas Neues für Euch; Ihr habt eine neue Gebieterin.
Parolles
. Ich ersuche Euer Gnaden höchst unumwunden, mit Euern Beleidigungen etwas an sich zu halten. Er ist mein guter Herr; der, dem ich dort oben diene, ist mein Gebieter.
Lafeu
. Wer? Gott?
Parolles
. Ja, Herr.
Lafeu
. Der Satan ist’s, der ist dein Gebieter. Was schürzest du deine Arme so auf? Sollen deine Ärmel Hosen vorstellen? Tun das andre Bediente? Du solltest lieber dein Unterteil dahin setzen, wo dir die Nase sitzt. Bei meiner Ehre, wär’ ich nur zwei Stunden jünger, ich prügelte dich; mir scheint, du bist ein allgemeines Ärgernis, und jedermann sollte dich prügeln. Ich glaube, du wurdest geschaffen, damit man sich an dir eine Motion machen könne.
Parolles
. Das ist ein rauhes und unverdientes Verfahren, gnädiger Herr!
Lafeu
. Geht doch, Freund! Ihr wurdet in Italien geprügelt, weil Ihr einen Kern aus einem Granatapfel stahlt; Ihr seid ein Landstreicher, und kein echter Reisender: Ihr betragt Euch viel unverschämter mit Edelleuten und Vornehmen, als das Patent Eurer Geburt und Vorzüge Euch die Ahnenprobe gibt. Ihr verdient kein Wort mehr, sonst nennt’ ich Euch noch Schurke. Ich verlasse Euch! Er geht.
Bertram tritt auf.
Parolles
. Gut, sehr gut; mag’s drum sein! Gut, sehr gut; es mag eine Zeit lang geheim bleiben! –
Bertram
. Verloren! Ew’gem Unmut preis gegeben!
Parolles
.
Was gibt es, lieber Schatz?
Bertram
.
Obgleich ich’s freilich dem Priester schwur,
Will ich die Ehe nicht vollziehn.
Parolles
.
Was gibt’s?
Was gibt’s, mein Kind?
Bertram
.
O mein Parolles, sie haben mich vermählt!
Ins Feld nach Florenz! Nie mit ihr
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