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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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wird von zwei Personen auf einem Sessel getragen, seine Frau und ein großer Haufe Volks folgt ihnen nach.
    Kardinal
.
    Da kommt die Bürgerschaft in Prozession,
    Den Mann bei Eurer Hoheit vorzustellen.
    König Heinrich
.
    Groß ist sein Trost in diesem Erdental,
    Vervielfacht sein Gesicht schon seine Sünden.
    Gloster
.
    Zurück, ihr Leute! Bringt ihn vor den König,
    Seine Majestät geruht mit ihm zu reden.
    König Heinrich
.
    Erzähl’uns hier den Hergang, guter Mensch,
    Daß Gott für dich von uns verherrlicht werde.
    Sag, warst du lange blind und bist geheilt?
    Simpcox
.
    Blind geboren, verzeihn Euer Gnaden.
    Frau
.
    Ja, fürwahr, das ist er.
    Suffolk
.
    Was ist dies für ein Weib?
    Frau
.
    Seine Frau, mit Euer Hochedlen Erlaubnis.
    Gloster
.
    Wärst du seine Mutter, du könntest besser zeugen.
    König Heinrich
.
    Was ist denn dein Geburtsort?
    Simpcox
.
    Berwick im Norden Herr, mit Eurer Gunst.
    König Heinrich
.
    Viel Güt’ erwies dir Gott, du arme Seele!
    Laß Tag und Nacht fortan geheiligt sein,
    Und stets bedenke, was der Herr getan.
    Königin
.
    Sag, guter Mensch, kamst du durch Zufall her
    Oder aus Andacht zu dem heil’gen Schrein?
    Simpcox
.
    Gott weiß, aus bloßer Andacht; denn mich rief
    Der gute Sankt Albanus hundertmal
    Im Schlaf und öfter; »Simpcox«, sagt’ er, »komm!
    Komm, bet’ an meinem Schrein! Ich will dir helfen.«
    Frau
.
    Wahrhaftig wahr, und manches liebe Mal
    Hört’ ich von solcher Stimme selbst ihn rufen.
    Kardinal
.
    Wie, bist du lahm?
    Simpcox
.
    Ja, helf’ mir der allmächt’ge Gott!
    Suffolk
.
    Wie wurdest du’s?
    Simpcox
.
    Ein Fall von einem Baum.
    Frau
.
    Ein Pflaumenbaum war’s, Herr.
    Gloster
.
    Wie lange bist du blind?
    Simpcox
.
    Oh, so geboren, Herr.
    Gloster
.
    Was, und du klettertest auf einen Baum?
    Simpcox
.
    Mein Lebtag’ nur auf den, als ein junger Mensch.
    Frau
.
    Ja wohl, und mußte schwer sein Klettern zahlen.
    Gloster
.
    Traun, mochtest Pflaumen gern, dich so zu wagen.
    Simpcox
.
    Ach, Herr, mein Weib verlangte ein paar Zwetschen
    Und ließ mich klettern mit Gefahr des Lebens.
    Gloster
.
    Ein feiner Schelm! Doch soll es ihm nichts helfen.
    Laß mich deine Augen sehn: drück’ zu, – mach’ auf, –
    Nach meiner Meinung siehst du noch nicht recht.
    Simpcox
.
    Ja, Herr, klar wie der Tag; ich dank’s Gott und Sankt Alban!
    Gloster
.
    Ei so! Von welcher Farb’ ist dieser Mantel?
    Simpcox
.
    Rot, Herre, rot wie Blut.
    Gloster
.
    Ganz recht. Von welcher Farbe ist mein Rock?
    Simpcox
.
    Schwarz, mein’ Treu; kohlschwarz wie Ebenholz.
    König Heinrich
.
    Du weißt also, wie Ebenholz gefärbt ist?
    Suffolk
.
    Doch, denk’ ich, sah er nie kein Ebenholz.
    Gloster
.
    Doch Röck’ und Mäntel schon vor heut in Menge.
    Frau
.
    Niemals vor heute, all sein Lebenlang.
    Gloster
.
    Sag mir, Kerl, wie ist mein Name?
    Simpcox
.
    Ach, Herr, ich weiß nicht.
    Gloster
.
    Wie ist sein Name?
    Simpcox
.
    Ich weiß nicht.
    Gloster
.
    Auch seinen nicht?
    Simpcox
.
    Nein, fürwahr, Herr.
    Gloster
.
    Wie ist dein eigner Name?
    Simpcox
.
    Sander Simpcox, zu Eurem Befehle, Herr.
    Gloster
.
    So sitz’ da, Sander, der verlogenste Schelm
    Der Christenheit. Denn wärst du blind geboren,
    Du hätt’st all unsre Namen wissen können
    So gut, als so die Farben nennen, die
    Wir tragen. Das Gesicht kann Farben unterscheiden,
    Doch alle zu benennen auf einmal,
    Das ist unmöglich.
    Mylords, Sankt Alban hat ein Wunder hier getan;
    Und hieltet ihr’s nicht für eine große Kunst,
    Die diesem Krüppel wieder auf die Beine hülf?
    Simpcox
.
    O Herr, wenn Ihr das könntet!
    Gloster
. Ihr Leute von Sankt Albans, habt ihr nicht Büttel in eurer Stadt und Dinger, die man Peitschen heißt?
    Schulz
. Ja, Mylord, zu Euer Gnaden Befehl.
    Gloster
. So laßt unverzüglich einen holen.
    Schulz
. He, Bursch! Geh, hol’ sogleich den Büttel her!
    Einer aus dem Gefolge ab.
    Gloster
. Nun holt mir geschwind einen Schemel hieher.
    Es wird ein Schemel gebracht.
    Nun, Kerl, wenn Ihr ohne Peitschen davonkommen wollt, so springt mir über den Schemel und lauft davon.
    Simpcox
. Ach, Herr, ich bin nicht imstande, allein zu stehen: Ihr geht damit um, mich vergeblich zu plagen.
    Der Abgeschickte kommt zurück mit dem Büttel.
    Gloster
. Nun, wir müssen Euch an Eure Beine helfen. He, Büttel, peitsch’ ihn, bis er über den Schemel springt.
    Büttel
. Das will ich, gnädiger Herr. – Komm, Kerl, geschwind mit deinem Wams herunter!
    Simpcox
. Ach, Herr, was soll ich tun? Ich bin nicht imstande zu stehen.

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