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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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denken!
    Romeo
.
    So lehre mir, das Denken zu vergessen!
    Benvolio
.
    Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie
    Auf andre Reize hin!
    Romeo
.
    Das ist der Weg,
    Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.
    Die Schwärze jener neidenswerten Larven,
    Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt
    Uns in den Sinn, daß sie das Schöne bergen.
    Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod
    Des eingebüßten Augenlichts vergessen.
    Zeigt mir ein Weib, unübertroffen schön:
    Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,
    Worin ich lese, wer sie übertrifft.
    Leb wohl! Vergessen lehrest du mir nie.
    Benvolio
.
    Dein Schuldner sterb’ ich, glückt mir nicht die Müh!
    Beide ab.
    ¶

Zweite Szene
    Eine Straße.
    Capulet, Paris und ein Bedienter kommen.
    Capulet
.
    Und Montague ist mit derselben Buße
    Wie ich bedroht? Für Greise, wie wir sind,
    Ist Frieden halten, denk’ ich, nicht so schwer.
    Paris
.
    Ihr geltet beid’ als ehrenwerte Männer,
    Und Jammer ist’s um euren langen Zwiespalt.
    Doch, edler Graf, wie dünkt Euch mein Gesuch?
    Capulet
.
    Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt:
    Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,
    Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.
    Laßt noch zwei Sommer prangen und verschwinden,
    Eh’ wir sie reif, um Braut zu werden, finden!
    Paris
.
    Noch jüngre wurden oft beglückte Mütter.
    Capulet
.
    Wer vor der Zeit beginnt, der endigt früh.
    All meine Hoffnungen verschlang die Erde;
    Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.
    Doch werbt nur, lieber Graf! Sucht Euer Heil!
    Mein Will’ ist von dem ihren nur ein Teil.
    Wenn sie aus Wahl in Eure Bitten willigt,
    So hab’ ich im voraus ihr Wort gebilligt.
    Ich gebe heut ein Fest, von alters hergebracht,
    Und lud darauf der Gäste viel zu Nacht,
    Was meine Freunde sind: Ihr, der dazu gehöret,
    Sollt hoch willkommen sein, wenn Ihr die Zahl vermehret.
    In meinem armen Haus sollt Ihr des Himmels Glanz
    Heut nacht verdunkelt sehn durch ird’scher Sterne Tanz.
    Wie muntre Jünglinge mit neuem Mut sich freuen,
    Wenn auf die Fersen nun der Fuß des holden Maien
    Dem lahmen Winter tritt: die Lust steht Euch bevor,
    Wann Euch in meinem Haus ein frischer Mädchenflor
    Von jeder Seit’ umgibt. Ihr hört, Ihr seht sie alle,
    Daß, die am schönsten prangt, am meisten Euch gefalle.
    Dann mögt Ihr in der Zahl auch meine Tochter sehn,
    Sie zählt für eine mit, gilt sie schon nicht für schön.
    Kommt, geht mit mir! – Du, Bursch, nimm dies Papier mit Namen;
    Trab’ in der Stadt herum, such’ alle Herrn und Damen,
    So hier geschrieben stehn, und sag mit Höflichkeit:
    Mein Haus und mein Empfang steh’ ihrem Dienst bereit!
    Capulet und Paris gehn ab.
    Der Bediente
. Die Leute soll ich suchen, wovon die Namen hier geschrieben stehn? Es steht geschrieben, der Schuster soll sich um seine Elle kümmern, der Schneider um seinen Leisten, der Fischer um seinen Pinsel, der Maler um seine Netze. Aber mich schicken sie, um die Leute ausfündig zu machen, wovon die Namen hier geschrieben stehn, und ich kann doch gar nicht ausfündig machen, was für Namen der Schreiber hier aufgeschrieben hat. Ich muß zu den Gelahrten – auf gut Glück!
    Benvolio und Romeo kommen.
    Benvolio
.
    Pah, Freund! Ein Feuer brennt das andre nieder;
    Ein Schmerz kann eines andern Qualen mindern.
    Dreh’ dich in Schwindel, hilf durch Drehn dir wieder!
    Fühl’ andres Leid, das wird dein Leiden lindern!
    Saug’ in dein Auge neuen Zaubersaft,
    So wird das Gift des alten fortgeschafft.
    Romeo
.
    Ein Blatt vom Weg’rich dient dazu vortrefflich ...
    Benvolio
.
    Ei, sag, wozu?
    Romeo
.
    Für dein zerbrochnes Bein.
    Benvolio
.
    Was, Romeo, bist du toll?
    Romeo
.
    Nicht toll, doch mehr gebunden wie ein Toller,
    Gesperrt in einen Kerker, ausgehungert,
    Gegeißelt und geplagt, und –
    Zu dem Bedienten.
    Guten Abend, Freund!
    Der Bediente
.
    Gott grüß’ Euch, Herr! Ich bitt’ Euch, könnt Ihr lesen?
    Romeo
.
    Jawohl, in meinem Elend mein Geschick.
    Der Bediente
.
    Vielleicht habt Ihr das auswendig gelernt.
    Aber sagt: könnt Ihr alles vom Blatte weglesen?
    Romeo
. Ja freilich, wenn ich Schrift und Sprache kenne.
    Der Bediente
. Ihr redet ehrlich. Gehabt Euch wohl!
    Romeo
. Wart’! Ich kann lesen, Bursch. Er liest das Verzeichnis.
    »Signor Martino und seine Frau und Tochter; Graf Anselm und seine reizenden Schwestern; die verwitwete Freifrau von Vitruvio; Signor Placentio und seine artigen Nichten; Mercutio und sein Bruder Valentio; mein Oheim Capulet seine Frau und Töchter; meine

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